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Wilhelm Doderer


Foto Privatbesitz

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 02.01.1825 - † 13.05.1900
Geschlecht: m
Geburtsort: Heilbronn
Land: Deutschland
damaliger Name: Königreich Württemberg
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Titel: Hofrat, o.Prof.TU
weitere Namen: Ritter von
Religionsbekenntnis: Evang.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Gottlieb D. (1782–1836), Zimmermann und Mühlenbaumeister
Mutter: Bernhardine Luise Dorothea, geb. Diruf (1790–1846)
Ehe (1853) mit Marie, geb. v.Greisinger (1835–1914)
Kinder: Wilhelm Carl Gustav (1854–1932), Baurat; Marie (*1858), verehel. Veith; Henriette (ca.1864-1950), verehel. Bubenik; Richard Gottlieb Wilhelm (1876–1955)
Enkel: Heimito v.Doderer, Schriftsteller
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Oberrealschule in Heilbronn
ab 1840Steinmetz- und Maurerlehre
o.J.Polytechnikum Stuttgart
1849–1850Berliner Bauakademie und Berliner Kunstakademie
1850Studienreise und Ankunft in Wien
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1851–1852Mitarbeiter im Atelier van der Nüll und Sicardsburg
1851–1866Professor der schönen Baukunst und für Ornamentzeichnen an der Genie-Akademie in Klosterbruck bei Znaim, Mähren / Znojmo, CZ
1866–1898Professor am Polytechnischen Institut Wien (=ab 1872 Technische Hochschule)
1870–1872und 1882–1884 Dekan
1876–1877Rektor
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Auszeichnungen und Ämter
1866Hofrat
1872–1875Gemeinderat
1877Erhebung in den erblichen Adelsstand (Ritter von Doderer)
1879/80Prüfungskommissär bei der Technischen Staatsprüfung (Ingenieur-Baufach und Hochbaufach)
1912Ritter des Ordens der Eisernen Krone 3.Classe
o.J.Oberbaurat
o.J.Kaiser Franz Josef-Orden
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Mitgliedschaften
1877Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
1893Österr. Ingenieur- und Architektenverein
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Vita
Wilhelm Doderer wurde 1825 in einfachen Verhältnissen in Heilbronn geboren. Nachdem er in seiner Heimatstadt die Oberrealschule absolviert hatte, entschloss er sich zu einer Steinmetz- und Maurerlehre. Anschließend besuchte er das Polytechnikum in Stuttgart, um schließlich seine Studien in Berlin an der Bauakademie sowie an der Kunstakademie abzuschließen. Studienreisen führten ihn im Jahr 1850 nach Wien. Er wurde Mitarbeiter im Atelier Sicardsburg und van der Nüll, wo er an den Arbeiten für das Arsenal beteiligt war.

Seine folgende Karriere verdankt er jedoch weniger seiner architektonischen Tätigkeit als seiner Fähigkeit als Pädagoge. Bereits zwei Jahre nach seiner Ankunft in Wien wurde er „Professor der schönen Künste“ an der Genie-Akademie in Klosterbruck bei Znaim, Mähren / Znojmo, CZ, um schließlich als Professor am Polytechnischen Institut, der heutigen Technischen Universität Wien Karriere zu machen. Seinem Engagement als Lehrender verdankt er die Berufung zum Dekan und schließlich zum Rektor an diesem Institut.

Vielseitig interessiert war Doderer zudem Gemeinderat in Wien sowie Mitglied in den bedeutendsten Vereinen, nämlich der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens und des Österr. Ingenieur- und Architektenvereins. Unmittelbar vor seinem Tod plante Doderer 1899 die „Wientallinie“ der Wiener Stadtbahn, die 1901 fertiggestellt wurde und von Hütteldorf-Hacking zur Station Hauptzollamt führte.

Doderer betätigte sich auch publizistisch, indem er etwa ein Werk für Unterrichtszwecke an der Genie-Akademie verfasste sowie die Entwürfe für die Museen in Wien kommentierte.

Auf Grund seiner Verdienste wurde er 1877 in den erblichen Adelsstand erhoben. Nach einem arbeitsreichen Leben verstarb Wilhelm Doderer im 76.Lebensjahr an einem Schlaganfall.

Seine zwei Söhne machten als Bauunternehmer bzw. als Schwerindustrielle die Familie zu einer der Reichsten der Monarchie, als Schriftsteller erlangte sein Enkel Heimito – mit seinem bekanntesten Werk „Die Strudelhofstiege“ – Berühmtheit.
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Stellenwert
Im Jahr 1871 wurde Wilhelm Doderer vom Kriegsministerium mit der Planung für den Neubau des Generalkommando-Gebäudes beauftragt (1872–1874). Der von vier Straßenzügen umfasste, groß dimensionierte Baublock sollte sämtliche Militärbehörden sowie die dem Kriegsministerium unterstehenden Hilfsbehörden in einem Gebäude zusammenfassen. Darüber hinaus war eine Dienstwohnung für den Generalkommandanten einzuplanen. Der Bau wurde allerdings im Zweiten Weltkrieg zerstört und durch das heutige Neue Institutsgebäude der Universität Wien ersetzt.

Das Gebäude wurde rund um einen großen Hof angelegt und wie Doderer selbst schreibt, war ihm ein wichtiges Anliegen, dass die Raumgrößen durch eine unkomplizierte Verlegung der Trennwände variiert werden konnten. Vorerst aber erhielten die Grundrisse eine Symmetrie und Gleichmäßigkeit, die ihnen in der zeichnerischen Darstellung ein nahezu ornamentales Gepräge verlieh.

Bei der Fassadengestaltung stand fest, dass ein Gebäude von solch einer Bedeutung, ein monumentales Aussehen erhalten musste. „Aber“, so Doderer, „die zahlreichen Fenster in den vielen Geschossen für Räume der gewöhnlichsten Zimmer-Dimensionen und in sehr mässigen Axenweiten waren kein günstiger Faktor für monumentale Facadenbehandlung. Das so wirksame Motiv großer Pfeiler und Oeffnungen war hier versagt.“ Indem Doderer die Repräsentationsräume an die in der Universitätsstraße gelegene Vorderfront verlegte, konnte er jedoch zumindest dieser Fassade ein – nach damaligem Verständnis und deutlich vom antiken Tempelbau beeinflusstes – monumentales Erscheinungsbild verleihen: Über einem hohen Sockelgeschoß fasste er die folgenden zwei Geschoße durch eine große Säulenordnung zusammen und das darüberliegende Geschoß wurde schließlich mit einem Attikageschoß, so Doderer, „als Krönung der ganze Gebäudefläche behandelt“.

Die Seitenfassaden waren hingegen wesentlich schlichter gestaltet und auf Grund der gleichmäßigen Raumfolge durch additive Fensterreihungen rhythmisiert. Die Wahl der Renaissanceformen sowie Bauplastiken im Eingangsbereich und im Attikageschoß heben das Gebäude insgesamt über einen reinen Utilitätsbau hinaus. Eine moderne Warmwasserheizung sowie die Verwendung von Eisentrams als Auflager der Deckenkonstruktion – nicht zuletzt, um Veränderungen der Zimmerunterteilungen optimal vornehmen zu können – zeigen, dass Doderer aktuellste Methoden und Materialien anwandte.

Ein nahezu extremes Gegenstück stellt das Schloss Peles (1873–1883) in Rumänien dar, das Doderer für König Carol I. errichtete und das geradezu als Musterbeispiel romantischer Baukunst genannt werden kann. Verschieden große und hohe Gebäudeblöcke, eine Vielzahl an unterschiedlichen Türmen und Türmchen bewirken eine vielfältig belebte Dachlandschaft und geben der ganzen Anlage – sie umfasst 160 Zimmer – ein äußerst malerisches Erscheinungsbild. Ergänzt wird dieser Eindruck durch den Einsatz des Fachwerkbaus, der wohl auf die Herkunft König Carol I. als Hohenzoller hinweisen sollte.

Wilhelm Doderer gilt als Vertreter des strengen Historismus, was er mit dem erratischen, symmetrischen und „stilreinen“ Gebäudeblock des Generalkommandos unter Beweis stellen konnte. Die Konzeption des romantischen Schlosses in Rumänien zeigt hingegen paradigmatisch die große Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten im 19.Jh., derer sich Wilhelm Doderer souverän zu bediente wusste.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1873–1883Schoss Peles bei Sinaia, RO
1882Stadthaus Familie Doderer, Wien 3, Stammgasse 12 (mit Max Ferstel=Besitzer)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1863Kapelle der Artillerie-Akademie, Weißkirchen, Mähren / Hranice, CZ
1851–1866Diverse Bauten und Umbauten für die Technische Militärakademie in den Ländern der Monarchie
1871Pädagogium in Petrinja, HR
1871–1874Generalkommando, Wien 1, Universitätsstraße 7 (abgerissen; Neubau Neues Institutsgebäude der Universität Wien, 1960–1962 von Alfred Dreier und Otto Nobis)
1883–1886Neubauten des Kurortes Herkulesbad, Banat / Baile Herculane, RO
1899Wientallinie der Wiener Stadtbahn Hütteldorf-Hacking – Hauptzollamt

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1854Votivkirche (Wettbewerb, ein Preis zu 1000 Silbergulden)
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
W. Doderer: Architektonische Formenlehre. Darstellung d.Architektursysteme des Mittelalters u.der Renaissance, in 20 autografirten Tafeln nebst Inhaltverzeichniss für die Unterrichtszwecke der k.k. Genie-Akademie bearb. Wien 1867
W. Doderer: Die vier Entwürfe für die k.k.Museen. In: ZÖIAV 19.1867, S.57ff, Bl.8ff
W. Doderer: Das Pädagogium zu Petrinja. In: ABZ 36.1871, S.279ff, Abb.42ff
W. Doderer: Die Bautätigkeit Wiens. In: Zeitschrift für bildende Kunst 5.1870, S.334ff und 6.1871, S.10ff
W. Doderer: Das General-Kommando-Gebäude in Wien. In: ABZ 45.1880, S.52, Abb.31ff
W. Doderer: Atlas zum Eisenbahnhochbau. Wien 1882
W. Doderer: Nekrolog. Architekt Karl Freih.v.Hasenauer. Mit Porträt. In: ABZ 59.1894, S.29

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv Adler; Wr. Ringstraßenarchiv; TUAW; Bezirksgericht Landstraße 4A; HHSTA; Ev.Stadtpfarre Wien 1
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Sekundärquellen

LITERATUR:
R. Eitelberger: Kunst und Künstler Wiens. Wien 1878
H. Fillitz (Hg.): Der Traum vom Glück (Ausst.Kat.). Wien 1996, S.424
F. Gatti: Geschichte der k.und k.Technischen Militärakademie. 2 Bde. Wien 1901–1905
C. Jenny (Hg.): Wilhelm Doderer: Rede gehalten bei der feierlichen Inauguration des Rectors der k.k. technischen Hochschule in Wien. Wien 1876/1877
P. Kortz: Wien am Anfang des XX. Jh.s. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Wien 1906
E. Meßner: Die Innere Stadt Wien. Wien/Leipzig 1928
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
H. Pemmer / F. Englisch: Landstraßer Häuserchronik. Wien 1958 (Typoskript)
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
R. Wagner-Rieger (Hg.): Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche. Bd.1–15, Wiesbaden 1969ff
R. Wagner-Rieger / W. Krause: Historismus im Schloßbau. Wien/Passau 1975

E. Springer: Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße. Die Wiener Ringstraße Bd.2

HINWEISE AUF WERKE:
WBIZ
7.1889, S.87, T.11 (Corps-Commando-Gebäude)

NACHSCHLAGEWERKE:
L. Eisenberg: Das geistige Wien. Wien 1893

LEXIKA:
AKL; ÖBL; Czeike; ThB; ÖKL

INTERNETLINKS:
http://wapedia.mobi/de/Carl_Wilhelm_Christian_von_Doderer
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Anmerkungen
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.03.2011
Zuletzt geändert: 24.04.2014
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