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Carl Köchlin

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 08.03.1828 - † 04.10.1894
Geschlecht: m
Geburtsort: Praha
damaliger Name: Prag, Böhmen
Land: Tschechien
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Titel: Oberbaurat, Ministerialrat
weitere Namen: Karl K.; Carl Johann Friedrich K.; Koechlin
Religionsbekenntnis: Evang.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Ehe (1854) mit Marie Ferstel (1829?–1912), Schwester von Heinrich Ferstel
Kinder: Heinrich Anton (1856–1938), Architekt; Marie, verehel. Brezina; Rudolf (1862–1932); Lotte
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
vor 1847Polytechnikum Prag
1847–1848Akademie der bildenden Künste Wien (bei Van der Nüll)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1853Baueleve, Departement für Hochbau im Ministerium des Handels (ab 1859 im Ministerium des Inneren)
1857Ingenieur-Assistent 2.Kl.
1872–1884im Baubüro H. Ferstel (Austritt aus dem Staatsdienst)
1884wieder im Staatsdienst
1888Leiter des Departements für Hochbau im Ministerium des Inneren
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Auszeichnungen und Ämter
1884Oberbaurat
1888Sektionsrat
1890Ministerialrat

ohne Datum
Kurator des Museums für Kunst und Industrie
Mitglied des Aufsichtsrates der Kunstgewerbeschule
Mitglied der Stadterweiterungskommission
Mitglied des Hofbau-Comités
Mirglied des Verwaltungsrates der Allgemeinen österreichische Baugesellschaft
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Mitgliedschaften
1861Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
1889Österr. Ingenieur- und Architektenverein
o.J.Ehrenmitglied des Cottage-Vereins
o.J.Ehrenmitglied der Freiwilligen Rettungsgesellschaft
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Vita
Carl Köchlin wurde 1828 in Prag als Sohn eines Chemikers geboren. Nach einigen Quellen (wie ÖBL) stammte er aus einer elsässischen Malerfamilie. Köchlin studierte am Polytechnikum in Prag, dann 1847/48 an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er die Meisterschule von Eduard van der Nüll besuchte. 1850 lernte er in der Modellierschule des Bildhauers Franz Schönthaler Heinrich Ferstel kennen, dessen Schwester er 1854 heiratete. 1853 trat Köchlin in den Staatsdienst bei der Generalbaudirektion ein; 1872 verließ er die Stelle, um in das Atelier Ferstels – wo er schon vorher nebenbei gearbeitet hatte – einzutreten und seinem Schwager bei der Ausführung des Universitätsbaus behilflich zu sein. Sie arbeiteten auch bei anderen Bauprojekten (meist Privatbauten) zusammen und beide saßen im Verwaltungsrat der Allgemeinen österreichische Baugesellschaft, für die sie auch den Sitz am Maximilianplatz 1–3 (heute Rooseveltplatz) entwarfen. Nach Ferstels Tod (1883) wurde Köchlin mit der Bauleitung und Fertigstellung der Wiener Universität betraut.

Nach dieser Aufgabe wurde Köchlin wieder ins Ministerium berufen. Hier durchlief er eine glänzende Karriere: 1884 wurde er Oberbaurat, 1888 Sektionsrat und an Stelle des verstorbenen Josef Winterhalder Leiter des Departements für Hochbau im Ministerium des Inneren. 1890 wurde er zum Ministerialrat ernannt.

Köchlin zeichnete sich durch große organisatorische Begabung aus, so z.B. wirkte er beim Bau der Hofmuseen mit und 1894 nach dem Tod Hasenauers wurde ihm die Leitung des Hofburgbaus (allerdings nur für kurze Zeit) übertragen. In dieser Funktion empfahl er z.B. für den Michaelertrakt die Verwendung bestimmter Bausteine.

Köchlin spielte im Wiener Kunstleben eine wichtige Rolle, so war er in beratender Funktion als Kurator des Österr. Museum für Kunst und Industrie, im Aufsichtsrat der Kunstgewerbeschule, in der Stadterweiterungskommission und in zahlreichen Ausschüssen und Vereinen tätig.

Er war der Vater des Architekten Heinrich Köchlin. Carl Köchlin starb im 67.Lebensjahr in Wien.
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Stellenwert
Carl Köchlins architektonische Bedeutung verdankt sich zwei wichtigen Faktoren: einerseits seiner engen Berufsbeziehung mit seinem Schwager Ferstel, in dessen Schatten er zwangsläufig wirkte, andererseits seiner Stelle als beamteter Architekt im Baudepartement des Innenministeriums, die ihm keinen großen Spielraum im kreativen Experimentieren gewähren konnte. So entstanden seine wichtigen Bauten entweder nach den Intentionen Ferstels (wie die Wiener Hauptuniversität) oder einer hartnäckig „ärarisch“ historisierenden Observanz zufolge (wie die Österreichische Staatsdruckerei), auch wenn die Zeiten des strengen Historismus schon vorbei waren.

Mehr gestalterische Freiheit fand Köchlin im Bereich der Innenarchitektur und Dekoration: 1883, nach Ferstels Tod wurde ihm die Aufgabe übertragen, den Universitätsbau (Wien 1, Universitätsring 1) als technisch-artistischer Leiter nach den Intentionen des Verstorbenen zur Vollendung zu bringen. Allerdings fehlte vor allem noch die plastische und malerische Innenausstattung, für die Köchlin mehrere Entwürfe ausarbeitete. 1884 war das Universitätsgebäude weitgehend fertiggestellt.

Das Gebäude der ehem. Hof- und Staatsdruckerei (Wien 3, Rennweg 16, 1888 erbaut) ist ein an allen Seiten freistehendes Gebäude. Ursprünglich (vor dem Umbau in ein Hotel) zählte es sieben Geschosse, das Kellerniveau eingeschlossen, und hatte nach der Orientierung verschiedene Funktionen: Nordtrakt für die Verwaltung, Westtrakt für den Wertpapierdruck, Süd- und Osttrakt für alle anderen Druckarbeiten. Trotz der späten Entstehung gehört es noch in den Stilzusammenhang des strengen Historismus, mit repräsentativer Fassade (heute fehlen Attikageschoss und Giebel) mit Halbsäulen am Portal und kolossaler korinthischer Pilasterordnung am Mittelrisalit.

Von der Zeit seiner Mitarbeit bei Ferstel sind für die private Bautätigkeit die drei Wohn- und Zinspalais besonders hervorzuheben, die beide Architekten für die damals in Wien sehr wichtige Familie Léon errichteten. Für diese Auftraggeber arbeitete Ferstel, der zumeist Privatbauten allein entworfen und signiert hatte, vorwiegend mit Köchlin zusammen. 1874–1876 erbauten sie in streng historistischen Neorenaissance-Formen das Haus Leon, Wien 1, Kärntner Straße 36–38, das heute einen Teil des Hotel Sacher beherbergt. 1882–1883 entwarfen Ferstel und Köchlin das Wohnhaus Leon (heute Bundesgebäude), Wien 1, Ebendorferstraße 7. Das streng historistische Eckhaus ist durch den runden gekuppelten Eckturm mit korinthischen Riesenpilastern charakterisiert und besitzt ein unter konvex geschwungenem Balkon gebändertes toskanisches Halbsäulenportal (ein Motiv, das z.B. von Romano & Schwendenwein häufig eingesetzt wurde). 1884 errichteten die beiden Architekten das Wohnhaus Léon, Wien 1, Teinfaltstraße 3, dessen späthistoristische Fassade durch die additiv gereihte, geschossweise differenzierte Fenstergliederung unterteilt ist (im Mezzanin große Geschäftsfenster mit ionischen Hermenpilastern, im 1.Obergeschoss Diamantquaderrahmung und Maskenaufsätze, in der Beletage ionische Ädikulafenster mit Dreiecksgiebeln). Die Neorenaissance-Formen zeigen eine Öffnung zum Neobarock durch die Präsenz der beiden den Rundbalkon tragenden Atlanten im Mittelrisalit.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
Auswahl:
1873–1875Miethaus, Wien 9, Rooseveltplatz 1–3 (mit H. Ferstel)
1874–1876Haus Leon, Wien 1, Kärntner Straße 36–38 (mit H. Ferstel)
1875Miethaus, Wien 1, Wipplingerstraße 29–31 / Rockhgasse 10 (mit H. Ferstel)
1876–1877Miethaus, Wien 1, Renngasse 7–9 / Wipplingerstraße 27 / Hohenstaufengasse 2 (mit H. Ferstel)
1880–1881Miethaus, Wien 9, Rooseveltplatz 10 (mit H. Ferstel)
1882–1883Miethaus (ehem. Wohnhaus Léon) / Bundesgebäude, Wien 1, Ebendorferstraße 7 (mit H. Ferstel)
1884Wohnhaus Léon, Wien 1, Teinfaltstraße 3 (mit H. Ferstel)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1869Regierungsgebäude in Czernowitz, Bukowina / Tscherniwzi, UA
1871Gymnasium in Troppau, Österr. Schlesien / Opava, CZ
1871Lehrerbildungsanstalt in Klagenfurt, Ktn.
1886–1892Zentralgebäude der Hof- u. Staatsdruckerei, Wien 3, Rennweg 16 / Praetoriusgasse 1–3 / Magazingasse 2–4 (mit H. Köchlin)
1894Kriegsgericht u. Gefangenenanstalt, Wiener Neustadt, NÖ
1891–1894Universitätsgebäude in Graz (mit W. Rezori, von diesem vollendet)
o.J.Delegationsgebäude in Budapest (unvollendet)

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1873–1884Universität, Wien 1, Universitätsring 1 (Innengestaltung)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1861Künstlerhaus, Wien (Wettbewerb)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
AVA (Plan- u. Kartensammlung); ÖIAV; OESTA; Wr.Ringstraßenarchiv; Archiv Künstlerhaus; Archiv Adler; Pfarre St. Maria Rotunda (Matrikenstelle)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Auswahl:
K. Eggert: Der Wohnbau der Wiener Ringstraße im Historismus, Die Wr.Ringstraße, Bd.7. Wiesbaden 1976
G. Fink: Profane Monumentalbauten des Historismus. In: W. Steinböck (Hg.): Stadterweiterung von Graz, Gründerzeit. Graz 1979, S.104–132
A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße, Die Wr.Ringstraße, Bd.4. Wiesbaden 1972
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s. 2 Bde., Wien 1906
H. Matis / S. Stiefel: „Mit vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik“. Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft – A. Porr Aktiengesellschaft. Bd.1. Wien 1994
K. Mollik u.a.: Planung und Verwirklichung der Wiener Ringstraßenzone, Die Wr.Ringstraße, Bd.3. Wiesbaden 1980
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
E. Springer: Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße, Die Wr.Ringstraße, Bd.2. Wiesbaden 1979
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
R. Wagner-Rieger: Geschichte der Architektur in Wien. Vom Klassizismus bis zur Secession. In: Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Bd.3, Wien 1973
N. Wibiral / R. Mikula: Heinrich von Ferstel, Die Wr.Ringstraße, Bd.8,3. Wiesbaden 1974

HINWEISE AUF WERKE:
Allgemeine Bauzeitung
47.1882, S.86, T.53–55 (Wohnhaus am heutigen Rooseveltplatz 10)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez); Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.)
L. Eisenberg: Das geistige Wien. Wien 1893

LEXIKA:
ThB; ÖBL; Czeike
H. Sturm (Hg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. 4 Bde. Wien 1974ff
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Anmerkungen
Bei Eisenberg Geburtsdatum 08.04.1828 falsch.
Eingegeben von: Diego Caltana
Eingegeben am: 01.10.2012
Zuletzt geändert: 15.12.2012
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