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Johann Schieder

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 24.03.1832 - † 13.09.1902 (bestattet)
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Hinterstoder, OÖ
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Titel: Hofbaumeister
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Baumeister
Familiäres Umfeld: Vater: Gastwirt
Ehe mit Camilla Wimmer (*1845)
Sohn: Moriz Hans (*1862), Architekt; Anna (*1863) verehel. Mühlberger; Emma (*1864) verehel. Thalhofer; Paul (*1880)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1847–1852Polytechnisches Institut Wien (1848 revolutionsbedingte Unterbrechung)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1860Baumeisterkonzession
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Auszeichnungen und Ämter
o.J.k.k. Hofbaumeister
o.J.k.k. beeid. Sachverständiger u. Schätzmeister beim k.k. Landesgericht Wien
o.J.Verwaltungsrat
1888Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone
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Mitgliedschaften
1855Österr. Ingenieurverein
1860Bau- und Steinmetzmeister-Genossenschaft
1871Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
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Vita
Johann Schieder wurde 1832 in Wien als Sohn eines Gastwirtes geboren. Über seine ersten Jahre ist nichts bekannt. 1847 trat er ins Polytechnikum ein, wo er – mit einem Jahr Unterbrechung während der Märzrevolution – bis 1852 studierte. Bereits 1855 wurde Schieder Mitglied des Österreichischen Ingenieurvereins (ÖIV, ab 1864 Österr. Ing.- und Architektenverein), offensichtlich ein Zeichen seiner Absicht, sich in der Berufswelt schnell zu etablieren. 1860 erhielt er die Baumeisterkonzession. In den 1860er Jahren begann seine rege Bautätigkeit, wobei er vorwiegend Privatbauten errichtete. Parallel dazu nahm er im ÖIV an den großen Diskussionen um die Modernisierung Wiens (wie der Bau der Hochquellenwasserleitung) teil.

Im folgenden Jahrzehnt vermehrten sich die Aufträge und Schieder etablierte sich als Ringstraßenbaumeister, wobei er sowohl nach eigenen Plänen als auch nach Plänen bekannter Architekten großbürgerliche Miethäuser und Palais ausführte (z.B. das ehem. Palais Gutmann, Wien 4, Schwarzenbergplatz 11; nach dem Entwurf von Claus u. Gross 1875 erbaut). Aber die bedeutendsten Aufträge kamen von der öffentlichen Hand: er führte z.B. das Dekorationsdepot des Burgtheaters (Semperdepot), die Börse und vor allem das ehem. Hofburgtheater aus. Ab 1871 Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler, führte Schieder 1880 am Künstlerhaus unentgeltlich Arbeiten durch.

Für sein Verdienst um den Burgtheaterbau erhielt er das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone und wurde Hofbaumeister (1888). Die Arbeiten am Burgtheater sollten ihm aber seine letzten Lebensjahre auch verleiden: nachdem die Bauarbeiten 14 statt wie vorgesehen acht Jahre gedauert hatten und ein beträchtlicher Mehraufwand für Bauaufsicht, Gerüsterhaltung usw. entstanden war, verklagte Schieder den Stadterweiterungsfonds sowie das k.k. Hofärar, da diese die Zusatzkosten nicht zu begleichen bereit waren. Die Auseinandersetzung dauerte bis nach Schieders Tod, erst 1906 wurden die Erben z.T. entschädigt.

Johann Schieder starb im 70.Lebensjahr in Hinterstoder, OÖ.
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Stellenwert
Johann Schieder, eine wichtige Figur in der großen Ausbauphase der Wiener Ringstraße, arbeitete ungeachtet seiner Architektenausbildung am Polytechnikum weitgehend als ausführender Baumeister. Ihm wurden viele öffentliche Bauten zur Ausführung zugeteilt (z.B. Börse, Semperdepot und Burgtheater) und somit arbeitete er mit Hansen, Tietz, Semper und Hasenauer zusammen.

Gleich nach dem Erwerb der Baumeisterkonzession (1860) erbaute Schieder für private Auftraggeber nach eigenen Plänen eine stattliche Anzahl schlichter Wohnbauten mit frühhistoristischem Dekor. In Wien 5, Schönbrunner Straße 33 / Strobachgasse 11–13 und in Wien 8, Florianigasse 20 führte er z.B. 1861 bzw. 1863 auf ähnlichen Eckbaugründen Zinshäuser mit leicht rhythmisierter Gliederung und abgeschrägter Eckachse aus. Das Fassadenschema ist durch gerade Fensterverdachungen auf Konsolen und einfache Sohlbankfelder charakterisiert. Die die Ecken flankierenden Achsen sind durch breite Rahmenlisenen betont. Eine Ausnahme repräsentiert das schmale Wohnhaus in Wien 7, Neustiftgasse 61 (1861), wo Schieder durch den reichen rasterartigen Dekor mit Plastiken (Jahreszeiten-Putti) die ungünstigen Proportionen des Hauses zu kompensieren versuchte.

In den folgenden Jahren entwickelte er sich als vielseitiger Baumeister, wobei er weiter auch als Privatbaumeister operierte (siehe die im Cottage-Stil erbauten Häuser in Wien 17, Dornbacherstraße 48 bis 54, 1869) und große Wohnhäuser sowie öffentliche Bauten im Ringstraßenbereich ausführte.

1882–1883 erbaute Schieder für sich das Mietpalais in der vornehmen Rathausstraße im 1.Wiener Gemeindebezirk. Die gründerzeitliche Fassadengestaltung ist durch den monumentalen Portalbereich mit vier über die beiden unteren Geschosse reichenden Säulen mit rustizierenden Trommeln charakterisiert, die einen Balkon mit Balustrade tragen. Die oberen Geschosse sind nach dem Kanon der Wiener Neorenaissance gegliedert.

Eine interessante architektonisch-städtebauliche Leistung Schieders ist der 1886 erbaute Miethauskomplex mit Straßenhof in Wien 3, Ungargasse 71. Die drei fünfgeschossigen gleich gestalteten Trakte in ehrenhofartiger Anordnung verbergen sieben Wohneinheiten. Die riesig dimensionierten Fassaden sind durch Erkerbauten (in den mittleren und in den Seitenachsen) sowie durch Balkone über den seitlichen Portalen rhythmisiert. Die Dekorationsformen der Neorenaissance mischen sich mit einigen Stilelementen des Frühhistorismus. Diese Wohnanlage repräsentiert einen Vorläufer des typischen Bebauungstypus der Miethäuser für das gehobene Bürgertum der Jahrhundertwende, als sich der Innenhof zu einem breiteren und eleganten Straßenhof verwandelte.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1860Miethaus, Wien 4, Viktorgasse 1 / Theresianumgasse 29 (Aufstockung, mit J. Flucher)
1860Miethaus, Wien 6, Mariahilfer Straße 66 (moderner Dachaufbau)
1861Miethaus, Wien 5, Schönbrunner Straße 33 / Strobachgasse 11–13
1861Miethaus, Wien 6, Sandwirtgasse 17 u. 19 (bei Nr. 17 Dekor entfernt)
1861Miethaus, Wien 7, Neustiftgasse 61 (laut DEHIO 1850=falsch)
1862Miethaus, Wien 9, Strudlhofgasse 1 / Währinger Straße 44
1863Miethaus, Wien 8, Florianigasse 20 / Lange Gasse 56
1868Miethaus, Wien 6, Mariahilfer Straße 43 (abgebrochen)
1869Palais Gutmann, Wien 1, Beethovenplatz 3 (Ausf.; Entw.: C. Tietz)
1869Wohnhäuser, Wien 17, Dornbacher Straße 48-52
1872Miethaus, Wien 9, Kolingasse 16 (Ausf.; Entw.: Claus u. Gross; abgebrochen)
1873–1874Miethaus, Wien 9, Maria Theresien-Straße 15 / Liechtensteinstraße 2
1874Miethaus, Wien 9, Maria Theresien-Straße 13 / Peregringasse 1
1875Miethaus, Wien 1, Wipplingerstraße 11
1875–1876Palais Gutmann, Wien 4, Schwarzenbergplatz 11 / Schwindgasse 2 (Ausf.; Entw.: Claus&Gross)
1881Miethaus Schieder, Wien 1, Rathausstraße 8 / Bartensteingasse 13
1886Miethaus, Wien 3, Ungargasse 71
1901Miethaus, Wien 6, Pfauengasse 4 (nicht gesichert)
verschiedene Um- und Zubauten in Wien

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1873–1874Semperdepot (ehem. Kulissendepot der k.k. Hoftheater), Wien 6, Lehargasse 6–8 (Ausf.; Entw.: G. Semper, C. Hasenauer)
1871–1877Börse, Wien 1, Schottenring (Ausf.; Entw.:Th. Hansen u. C. Tietz)
1874–1888Burgtheater, ehem. Hofburgtheater, Wien 1, Universitätsring 2 (früher Dr. Karl Lueger Ring; Ausf.; Entw.: G. Semper, C. Hasenauer; nach 1945 Wiederaufbau)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1879Central Viehhof Wien 3 (mit Claus u. Gross)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv Baumeisterinnung; Archiv des ÖBL; OESTA; Wr. Ringstraßenarchiv; TUAW; Archiv Adler; Pfarre Schotten Matrikenstelle
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Sekundärquellen

LITERATUR:
F. Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861–2001. Bd.1 Wien 2003
A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße (Die Wr. Ringstraße, Bd.4) Wiesbaden 1972
M. Wehdorn: Die Bautechnik der Wiener Ringstraße (Die Wr. Ringstraße, Bd.11) Wiesbaden 1979
Kunsthistorische Arbeitsgruppe GeVAG: Wiener Fassaden des 19.Jh.s [6. Bezirk]. Wien 1976
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez)

INTERNETLINKS:
http://www.wien.gv.at/kulturportal
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Anmerkungen
Eingegeben von: Diego Caltana
Eingegeben am: 01.10.2013
Zuletzt geändert: 18.11.2013
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