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Josef Zeller


Quelle: Adolf Eckstein (Hrsg.) Künstler-Album, 1890

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 09.03.1822 - † 18.03.1890
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
damaliger Name: Wien-Erdberg
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Baumeister und Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Franz Z.
Mutter: Theresia, geb.Sellner
Ehe (1858) mit Klara, geb. Aich (*1830) Tochter von Franz Aich und Klara Dreher
Kinder: Franz Anton (1865–1865); Anna (*1868)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
um 1840Maurerlehre bei Baumeister Göll, gleichzeitig Besuch einer Zeichenschule (möglicherweise an der Akademie)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
um 1841–1850Gehilfe bei Anton Hoppe, Johann Strahberger und Carl Rösner
1853–18552.Polier bei Baumeister Bernhard Kledus
18561.Polier bei Baumeister Eduard Frauenfeld
1857Stadtbaumeister
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Auszeichnungen und Ämter
1871Wiener Bürgerrecht
o.J.Gemeinderat von Wien-Währing
o.J.Mitglied des Gemeindeausschusses in Wien-Währing
o.J.Obmann der Bausektion Währing
o.J.Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkassa Währing
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Vita
Josef Zeller wurde 1822 als Kind eines kleinen Handwerkers im damaligen Erdberg (heute 3.Bezirk) geboren. Die Verhältnisse waren äußerst bescheiden, so dass er anfangs als ungelernter Hilfsarbeiter am Bau beginnen musste. Erst später konnte er bei einem Baumeister eine Lehre absolvieren und nebenbei eine Zeichenschule (möglicherweise an der Akademie der bildenden Künste) besuchen. Auf diese Weise brachte er es schließlich zum Polier. In dieser Funktion arbeitete er bei Baumeister Kledus bereits an bedeutenden Projekten, wie den Südbahnbauten und der Kirche St.Nepomuk (Wien 2) mit. Als er 1856 erster Polier wurde, war er mit diversen Ausbauten für die Dreher’sche Brauerei in Schwechat befasst, damals eines der größten Brauunternehmen in Europa. Nicht zuletzt durch seine Einheirat in diese berühmte Brauerei-Dynastie (seine Frau stammte mütterlicherseits aus der Familie Dreher) wurde er in der Folge zu einem Spezialisten für Brauereianlagen.

1857 erhielt er die Konzession zum Stadtbaumeister und war in der Folge mit der Ausführung zahlreicher Großprojekte befasst, insbesondere Militärbauten und Brauereianlagen für die Firma Dreher in Triest und Pest. Infolge dieser offenbar sehr ertragreichen Tätigkeit verfügte er zunehmend über die finanziellen Mittel, als Bauunternehmer tätig zu sein und eine Reihe von Wohnbauten zu errichten, bei denen er zumeist auch als entwerfender Architekt auftrat. Josef Zeller, dem der soziale Aufstieg geglückt war, war aufgrund seines umfassenden Immobilienbesitzes in Wien-Währing (damals noch eine eigene Vorstadtgemeinde) seinerzeit der größte Steuerträger der Gemeinde und daher auch im dortigen Gemeinderat vertreten. Als Mitglied der Bausektion engagierte er sich für den Ausbau des dringend notwendigen Kanalnetzes und errichtete auch mehrere Schulen. Darüber hinaus engagierte er sich in zahlreichen karitativen Organisationen.

Zeller, dessen einziger Sohn bei der Geburt verstorben war, kam im 68.Lebensjahr unter mysteriösen Umständen ums Leben. Seine Leiche wurde in der Donau aufgefunden, es konnte jedoch nicht geklärt werden ob die Ursache Selbstmord oder die Folge eines Unfalls war.
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Stellenwert
Josef Zeller gehörte zu den um die Mitte des 19.Jh.s tätigen Baumeistern, die es, oftmals aus kleinen Verhältnissen kommend, bis zur Beauftragung für Großbauten schafften. Bei Zeller spielten dabei insbesondere seine Kontakte zur Brauerei Dreher eine Rolle, für die er eine Reihe von Anlagen in Schwechat, Triest und anderswo errichtete. Von Bedeutung sind auch seine Bauten für die Militärbehörde, insbesondere die in den Jahren 1864–1869 erbaute Rossauer Kaserne, die er in Zusammenarbeit mit dem Ziegeleibesitzer Stier ausführte und die infolge des ungünstigen Schwemmgrundes nahe einem Donauarm eine bauliche Herausforderung darstellte.

Als entwerfender Architekt agierte Zeller weitgehend nur bei Wohnbauten, die formal dem üblichen Kanon der Zeit entsprachen. Dessenungeachtet ist der von ihm in den Jahren 1875–1878 erbaute „Zeller-Hof“ (Wien 18, Staudgasse 61 / Teschnergasse / Leitermayergasse / Joh. Nepomuk Vogel-Platz) architekturhistorisch äußerst bemerkenswert, insofern diese riesige Wohnhausanlage als frühes Beispiel „sozialen Wohnbaus“ und als wichtiges Vorbild für die monumentalen Wohnbauten des „Roten Wien“ der Zwischenkriegszeit anzusehen ist. Der gesamte Wohnblock, der sich im Besitz von Zeller befand und acht Häuser umfasste, wurde als eine Art von Vierflügelanlage um einen zentralen Innenhof angelegt, von dem aus über acht Stiegenaufgänge die Wohnungen zu erreichen waren. Die vier Stock hohe Anlage umfasste mehr als zweihundert Wohneinheiten, die sehr unterschiedlich dimensioniert und weitgehend für den unteren Mittelstand konzipiert waren. Während im 1.Stock großzügigere Wohnungen mit mehreren Räumen situiert waren, befanden sich in den oberen Geschossen überwiegend Zimmer/Küche-Wohnungen. Neben einer damals relativ komfortabeln Ausstattung mit Schwedenöfen gab es auch als Gemeinschaftseinrichtung eine Waschküche mit Fließwasser. Ein entscheidendes Kriterium der Anlage war der äußerst großzügig bemessene Hof, der gärtnerisch ausgestaltet war. Zeller hatte bei der Verbauung in Hinblick auf seine philanthropische Gesinnung bewusst auf Gewinnmaximierung verzichtet und auch die Mieten relativ moderat berechnet. Die Außenerscheinung wurde in der damals üblichen Dichotomie der „Zinskasernen“ mit verschiedenen architektonischen Versatzstücken nobilitiert. Neben dem Einsatz von Rustika und einer Pilasterordnung verliehen insbesondere die turmartig ausgebauten Eckrisalite dem Bau eine gehobenere Aura. Es ist nicht auszuschließen, dass Zeller, der generell karitativ sehr engagiert war, beim Bau dieser Anlage von den Sozialutopien Charles Fouriers beeinflusst war.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1860Miethaus, Wien 1, Friedrichstraße 6 (Entw. Karl Börner)
1861Miethaus, Wien 3, Schützengasse 14–16
1862Palais Dreher, Wien 1, Opernring 8 (Entw. Romano & Schwendenwein)
1864Miethaus, Wien 3, Schützengasse 20
1866–1867Villa Wien 13, Lainzer Straße 127 (später Umbau „Villa Dollarprinzessin“)
1875–1878„Zellerhof“, Wien 18, Staudgasse 61–63 / Teschnergasse 6–10 / Johann Nepomuk Vogelplatz 8–9 / Leitermayergasse 33–37 (bei Dehio fälschlich Johann Z.)
1886Miethaus, Wien 5, Wehrgasse (Josefigasse 19, abgerissen)
o.J.Haus des Architekten Karl Schmidt (vor dem Kärntnertor)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1859Dreher’sche Bierhalle (auch Dreher`s Etablissement), Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 97–101 (Fassade erhalten)
1862–1864Gebäude des technischen und administrativen Militärcomités( Entw. Leopold Weeger)
1864–1873Militär. Verpflegungsetablissement in der Leopoldstadt (Ausf. mit J. Stier)
1864–1869Rudolfskaserne (heute Rossauer Kaserne), Wien 9, Schlickplatz 6 (Ausf. mit J. Stier, Entw. K. Pilahl u. K. Markl)
o.J.Dreher’s Bierhalle am Opernring, Wien 1 (nicht erhalten)

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
um 1860Brauerei Dreher Schwechat, NÖ
um 1863Brauerei Dreher in Pest / Budapest, H
um 1870Brauerei Dreher in Triest / Trieste, I
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
ÖBL Archiv; Pfarre Erdberg (Matrikenstelle); WrSTLA (Verzeichnis der Verstorbenen); Archiv d. Baumeisterinnung; MA 37 (Archiv der Baupolizei); Archiv Bez. Museum Währing
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Sekundärquellen

LITERATUR:
A. Eckstein (Hg.): Künstler-Album. Wien 1880 (Ergänzungsband)
K. Eggert: Der Wohnbau der Wr.Ringstraße. Die Wir.Ringstraße, Bd.7. Wiesbaden 1980
H. P. Fielhauer: Ein Zeugnis gründerzeitlicher Baugesinnung, der „Zeller-Hof“ in Wien-Währing. In: Unser Währing, Vierteljahreschrift d. Museumsvereines Währing, 13.1978, 3./4.H. S.34ff
Neue freie Presse 19. 3. 1890 (Todesmeldung)
Pemmer / Englisch: Landstraßer Häuserchronik (unpubl. Typoskript). Wien 1958
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V.Bezirks. Wien 1980
Währing. Ein Heimatbuch des 18. Wr.Gemeindebezirkes. Wien 1925
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde, Wien 1996–1998
O. Wittenhofer: Die Fassaden der Wiener Wohnhäuser in der ersten Hälfte des 19.Jh.s. Wien 1948

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/3 (X.–XIX.u.XXI.–XXIII.Bez.)
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Anmerkungen
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 31.10.2011
Zuletzt geändert: 01.10.2014
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