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Gabriel Guevrekian

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 21.11.1892 - † 29.10.1970
Geschlecht: m
Geburtsort: Istanbul
damaliger Name: Konstantinopel
Land: Türkei
damaliger Name: Osmanisches Reich
Sterbeort: Antibes
Land: Frankreich
Religionsbekenntnis: unbekannt
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Simon G., Juwelengutachter des Schah Muzaffar ed-Din in Teheran
Mutter: Matiame geb. Galoustian
Schwester: Lydia, verh. mit Hans A. Vetter, Architekt und Mitarbeiter von Guevrekian
Ehe mit Henriette-Aimee, geb. Creed
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1915-1919Wiener Kunstgewerbeschule bei Strnad und Frank, Diplom
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1920Mitarbeiter im Atelier Hoffmann und bei Oskar Strnad (3 Jahre)
1922-1926Partner von Mallet-Stevens in Paris
ab 1926selbständiger Architekt, Gartengestalter und Publizist, v.a. in Paris
1932Tätigkeit in Wien (Werkbundsiedlung)
1933-1937Architekt und Stadtplaner in Teheran
1937-1940Tätigkeit in London
1940Tätigkeit in Paris, Lehrtätigkeit in Saarbrücken
1948Professor am Alabama Polytechnic Institute in Auburn, USA
1949-1969Professor an der University of Illinois in Urbana-Campaign, USA
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Auszeichnungen und Ämter
1928Generalsekretär des CIAM
1930Gründungsmitglied der Fachzeitschrift L’architecture d’aujourd’hui
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Mitgliedschaften
1927Gründungsmitglied des CIAM
o.J.Union des Artistes Modernes
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Vita
Nach seiner Geburt 1892 in Konstantinopel verbrachte Gabriel Guevrekian, der armenischen Ursprungs war, seine Kindheit und Jugend in Teheran. Ab 1910 lebte er mit seiner Schwester Lydia bei seinem Onkel, dem Architekten Alex Galoustian in Wien. Seine Ausbildung erhielt Guevrekian an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Oskar Strnad, wo er 1919 diplomierte und anschließend weitere drei Jahre für Josef Hoffmann und Oskar Strnad arbeitete. Im Jahre 1922 übersiedelte Guevrekian nach Paris und fand Anschluss an den Kreis von Avantgarde-Architekten um Le Corbusier, André Lurçat und Sigfried Giedion. Im gleichen Jahr arbeitete er mit Henri Sauvage (1922) und wurde ein wichtiger Partner von Robert Mallet-Stevens (1922-1926), bei dem auch sein ehemaliger Wiener Studienkollege Hans A. Vetter ab 1923 tätig war.

Während Guevrekian 1926 mit Mallet-Stevens am Projekt Rue Mallet-Stevens in Paris arbeitete, baute er gleichzeitig sein eigenes Büro auf und erarbeitete mehrere Projekte für Villen und Residenzen in der Umgebung von Paris und an der Côte d’Azur. Obwohl Guevrekian weit davon entfernt war, als Architekturtheoretiker zu arbeiten, wurde sein Name von Beginn an mit der Union des Artistes Modernes (Vereinigung der Modernen Künstler) und den Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM) in Verbindung gebracht. Beim ersten CIAM-Congress 1928 im Schloss La Sarraz bei Lausanne wurde er von Le Corbusier als Generalsekretär des CIAM berufen. Zwei Jahre später gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der renommierten französischen Architekturfachzeitschrift L’architecture d’aujourd’hui.

Im Jahr 1932 wurde Guevrekian von Josef Frank eingeladen, in der Werkbundsiedlung in Wien ein Doppelwohnhaus zu errichten. Diese Häuser blieben die einzige Arbeit Guevrekians in Wien. Schon ein Jahr später wurde er vom Schah von Persien als Stadtplaner und Architekt nach Teheran berufen, wo er zum wichtigsten Vertreter des Internationalen Stils in Persien wurde. Nach nur vier Jahren, im Jahr 1937, wechselte Guevrekian aus privaten Gründen nach London, wo er mit Connell, Ward und Lucas diverse Projekte erarbeitete, die allerdings durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs nicht mehr realisiert werden konnten.

Guevrekian kehrte 1940 nach Paris zurück, wo er an der Entwicklung von Fertigteilhäusern arbeitete und an der französischen Akademie in Saarbrücken unterrichtete. In den nächsten vier Jahren unterbrach Guevrekian seine Tätigkeit als planender Architekt zur Gänze, um eine Zusammenarbeit mit den Nazis und dem Vichy-Regime zu vermeiden. Nach Ende des Krieges arbeitete er mit Georges-Henri Pingusson am Wiederaufbau von Saarbrücken und lehrte weiterhin an der dortigen Architekturschule.

Auf Anregung seiner ehemaligen Wiener Studienkollegen, von denen einige während des Krieges in die Vereinigten Staaten emigriert waren, wurde Guevrekian 1948 als Professor an das Alabama Polytechnic Institute in Auburn berufen, bevor er im folgenden Jahr für 20 Jahre an die University of Illinois in Urbana-Campaign wechselte, wo er bis zu seiner Pensionierung tätig war. 1953 lehrte Guevrekian auf Einladung von Hans Vetter an der Sommerakademie in Salzburg.

Erst 1955 nahm Gabriel Guevrekian die amerikanische Staatsbürgerschaft an, bis dahin war er iranischer Staatsbürger gewesen. Abgesehen von einigen Teilnahmen an Wettbewerben zog er sich 70-jährig von seiner Tätigkeit als Architekt zurück. Im Jahr 1969 übersiedelte Guevrekian mit seiner Frau nach Antibes, Frankreich, wo er im folgenden Jahr, sechs Wochen nach dem Tod seiner Frau im 70.Lebensjahr verstarb.
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Stellenwert
Während seiner Wiener Jahre bewegte sich Gabriel Guevrekian sowohl im Umfeld der international beachteten und geschätzten Wiener Schule um Oskar Strnad und Josef Frank als auch im Kreis um den konservativeren Josef Hoffmann. Weitere wichtige Anregungen holte er sich während seiner Tätigkeit in Paris ab 1922, wo er Anschluss an die sogenannten Funktionalisten um Le Corbusier, Lurçat und Giedion fand.

Guevrekian arbeitete vorzugsweise mit Beton und geometrischen Formen. Zu seinen ersten Projekten zählt der Entwurf für eine Villa aus Beton auf Stützen, die Sigfried Giedion als Vorläufer für Le Corbusiers Villa Laroche klassifiziert, und die ihn als Vertreter des Funktionalismus bestätigte. Größere Bekanntheit erreichte er mit den Entwürfen für Sonja Delaunays Boutique Simultanée und dem kubistischen Garten bei der „Exposition internationale des Arts décoratifs et Industriels Modernes“ in Paris 1925. In weiterer Folge führte dies zum Auftrag für den Garten der Villa von Vicomte Charles de Noailles in Hyères. Das am besten publizierte Projekt war die dreigeschossige Villa für den Modemacher Jacques Heim in Neuilly (1927), mit der ihm der Durchbruch als Architekt in Paris gelang.

1930-1932 beteiligte sich Guevrekian mit den Doppelhäusern Woinovichgasse 10-12 an dem von Josef Frank initiierten Projekt der Wiener Werkbundsiedlung, das neue Alternativen auf dem Gebiet des sozialen Wohnbaus versuchte. Auch hier gelang es ihm mit klaren, minimalistischen Formen funktionalistische Tendenzen mit Eleganz und Wohnlichkeit zu verbinden. Indem er den Baukörper durch Piloten freistellte, erreichte er eine an Le Corbusier erinnernde Leichtigkeit und Luftigkeit, aber auch einen gedeckten Sitzplatz im Freien. Entsprechend den Ideen der „Wiener Schule“ entwickeln sich die Zwillingshäuser spiegelverkehrt in allmählich steigernden Raumdimensionen von den dienenden Räumen im Erdgeschoss über den großzügigen Wohnraum mit Küche im ersten Obergeschoss bis zu den Ruhezonen mit Bad im zweiten Geschoss. Allerdings schuf er „durch das Abheben des Hauses vom Boden auch Distanz und Barrieren zwischen Wohnraum und Garten, zwischen Haus und Natur – ein Konzept, das zur Idee der ,Gartenstadt‘ in unübersehbarem Widerspruch stand“ (Krischanitz/Kapfinger).

Als Guevrekian ein Jahr später, 1933, vom Schah von Persien nach Teheran berufen wurde und das Amt des Stadtarchitekten und Stadtplaners von Teheran antrat, machte ihn das zum bedeutendsten Vertreter des Internationalen Stils im Iran. Mit öffentlichen Bauten wie dem Offiziersclub und dem Amphitheater der Militärschule von Teheran sowie an die 20 Privatvillen und Residenzen für die Elite der Hauptstadt, trug Gabriel Guevrekian einen bedeutenden Teil zum neuen modernen Erscheinungsbild der iranischen Hauptstadt bei.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1923Geschäftsportal „Au sacre du printemps“, Paris, F, Rue du Cherche-Midi 5 (nicht erhalten)
1928Haus des Couturiers Jacques Heim, Neuilly, F, 17 Avenue des Madrid
1930-1932 Doppelwohnhaus Werkbundsiedlung, Wien 13, Woinovichgasse 10-12
1933-1937zahlreiche Privatvillen und Residenzen in Teheran
1936Villa Ch. Kosrovani, Teheran
div. Villen in Paris und an der Côte d’Azur

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1934Militärschule mit Amphitheater, Teheran
1933-1937Theater, Teheran (zerstört)
1936Offizierskasino und Ministerium für Industrie, Teheran
o.J.Kriegsministerium, Teheran

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
o.J.zahlreiche Innenraumgestaltungen in Paris
1924Boutique Simultané, Paris
1925Kubistische Gartenanlage bei der Exposition internationale des Arts décoratifs et Industriels Modernes in Paris
1927-1928Garten der Villa des Grafen Vicomte Charles de Noailles, Hyères, F

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1923Villa aus Stahlbeton
1924Villa für Monsier R.W.
1924Einfamilienhaus für Paul Poiret, Paris
1924Einfamilienhaus für Jacques Doucet, Paris
1928-1929Villa Marcel Lejeune in Saint Tropez
1930Villa für Arakel Bey Nubar Pascha in Garches, F, Rue du 19 Janvier
1937-1940St.George Hospital; Rathaus Newcastle/T.; Justizpalast Lagos, Nigeria (Wettbewerbe, alle im Büro Connell, Ward & Lucas)
o.J.Wettbewerbe in den USA
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
G. Guevrekian: Hotels et sanatoria. In: Repertoie de l‘architecture moderne, Vol.6, Paris 1936
G. Guevrekian: Maisons en pays de soleil. In: Art et Deàcoration 3.1946
G. Guevrekian: Habitation à Téhéran. In: L’architecture d’aujourd’hui, 1.Janvier 1938, p.78
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Negar Hakim-Afyuni: Gabriel Guevrekian. Ein Architekt der internationalen Moderne in Teheran von 1933/37. Dipl. Arb.Univ. Wien 2002
M. Boeckl (Hrsg.): Visionäre und Vertriebene (Ausst.Kat.), Berlin 1995
W. Born: Der Aufbau der Siedlung. In: Innendekoration 43.1932, S.276ff
A. Gmeiner / G. Pirhofer: Der österreichische Werbund. Salzburg/Wien 1985
O. Kapfinger / A. Krischanitz: Die Wiener Werkbundsiedlung. Wien 1985
M. Marefat: Building to Power: Architecture of Tehran 1921-1941. Ph.D. diss., Massachusetts Institute of Technology, Cambridge 1988
M. Marefat: The Protagonsits Who Shaped Modern Tehran. In: Chahryar Adle and Bernard Hourcade (Hrsg.): Teheran, capitale bicentenaire. Paris and Tehran 1992, S.95-125
I. Meder: Offene Welten: Die Wiener Schule im Einfamilienhausbau 1910-1938. Diss. Stuttgart 2003
E. Vitou / D. Des Houliers / H. Janneau: Gabriel Guevrekian 1900-1970: Une autre architecture moderne. Paris 1987
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002 (1985)
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde. Wien 1999-2000

HINWEISE AUF WERKE:
Funktional Architecture 1925–1940. Köln 1990 (Villa Ch. Kosrovani in Teheran), S.159

Innendekoration
40.1929, S296ff (Landhaus in Neuvilly) / S.319 (Bücherei am Kamin)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/2; Arch. Wien; Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)

INTERNETLINKS:
www.deu.archinform.net
www.iranica.com
www.weblibrary.uiuc.edu
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Anmerkungen
Eingegeben von: Monika Tscholakov
Eingegeben am: 01.05.2006
Zuletzt geändert: 13.02.2024
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