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Paul Gütl

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 13.08.1875 - † 22.11.1944
oder 1946?
Geschlecht: m
Geburtsort: Bad Gleichenberg, Stmk.
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Deutsches Reich
weitere Namen: Güttl
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Staatsgewerbeschule (wahrscheinlich in Graz, in Wien nicht nachweisbar)
1898-1899Akademie der bildenden Künste (bei Viktor Luntz)
1899-1902Akademie der bildenden Künste (bei Otto Wagner)
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Auszeichnungen und Ämter
1906Kais.russ. Stanislaus-Orden III.Kl.
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Mitgliedschaften
ab 1926Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
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Vita
Paul Gütl wurde 1875 in Bad Gleichenberg in der Steiermark geboren. Laut Angaben im Archiv Akademie der bildenden Künste hat er die Staatsgewerbeschule absolviert. Da dieser Schulbesuch in Wien nicht nachweisbar ist, ist anzunehmen, dass er in Graz stattgefunden hat. Im Jahr 1898 inskribierte Gütl an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach einem Studienjahr bei Viktor Luntz wechselte er in die Meisterklasse von Otto Wagner, wo er im Jahr 1902 sein Studium auch abschloss.

Nach vier Praxisjahren erhielt Gütl mit der Erbauung des Rathauses in Spital am Semmering, Stmk. (1906-1907) seinen ersten Auftrag als selbständiger Architekt. In der Folge erbaute er einige Villen und Wohnhäuser in der Steiermark, Niederösterreich und in Wien (3, Dannebergplatz 16, 1908). Erst nach dem Ersten Weltkrieg sind weitere Bauten von Paul Gütl bekannt, und zwar ausschließlich Wohnbauten für die Gemeinde Wien (1925-1933), von denen er einen Teil gemeinsam mit Camillo Discher errichtete, einem weiteren ehemaligen Schüler Otto Wagners.

Paul Gütls spätere Tätigkeit ist nicht dokumentiert. Er starb im 63.Lebensjahr in Wien.
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Stellenwert
Das erste Gebäude, das Paul Gütl errichtete, das Rathaus in Spital am Semmering, Stmk. (1906-1907), offenbart in der Ausbildung eines weit vorkragenden Kranzgesimses sowie im Aufbau der Fassade noch deutlich den Einfluss von Otto Wagner. In den folgenden Bauten zeigt sich jedoch eine Tendenz, der auch ein großer Teil der anderen ehemaligen Wagner-Schüler folgte: moderne, secessionistische Formen werden mit romantisierendem Vokabular, sei es dem des Heimatstils, des Biedermeier oder des Empire, zu einer neuen Formensprache synthetisiert. Das Miethaus in Wien 3, Dannebergplatz 16 (1908) etwa zeigt eine streng gegliederte Fassade mit zartem biedermeierlichem Dekor, schmalen Balkonen mit filigranen, dem secessionistischen Formengut entnommenen Eisengittern sowie Erkerbauten, die durch Baluster und Vasen betont sind. Mit dieser ausgewogenen Zusammenstellung gelang Gütl ein repräsentatives großbürgerliches Wohnhaus mit ästhetisch ansprechendem Erscheinungsbild.

Auch bei den Gemeindebauten, die Gütl nach dem Ersten Weltkrieg errichtete, mündet die Tendenz zur Synthese moderner und historisierender Stilmittel in eine Verbindung von romantisierenden und expressiven Gestaltungselementen. Die Wohnhausanlage in Wien 10, Troststraße 68-70 (1925-1926) etwa, die Gütl gemeinsam mit Camillo Discher errichtete, zeigt mit polygonalen Erkervorsprüngen sowie spitzen Giebelaufbauten expressive Elemente, die mit Lauben und Balkonen, Rustikamauerwerk, Klinkerverkleidungen, Putti sowie Scraffiti zu einem malerischen Erscheinungsbild verschmolzen werden. Ein ähnliches Konzept verfolgten Gütl und Discher auch beim „Anton Kohl-Hof“ in Wien 3, Rüdengasse 8-10.

Diese Gestaltungsweise hat sich in den 20er Jahren weitgehend als „Gemeindebaustil“ durchgesetzt. Dass sich dieser Tendenz jedoch insbesondere gegen Ende der 20er Jahre nicht alle verpflichtet fühlten, zeigen die Gemeindebauten, die Gütl und Discher gleichzeitig mit anderen Wagner-Schülern ausführten. So wurde etwa die Wohnhausanlage Wien 12, Wienerbergstraße 16-20 (1926) in zwei Bauabschnitten errichtet. Der erste Bauteil wurde von den ehemaligen Wagner-Schülern Rudolf Perco, Karl Dorfmeister und Rudolf Fraß in einer pathetisch-kubischen Formensprache konzipiert, während dem zweiten Bauteil durch Paul Gütl und Camillo Discher eine romantisierende, mit Formen des Heimatstils angereicherte Erscheinungsweise verliehen wurde.

Die Wohnhausanlagen, die Gütl in den Jahren 1928-1933 alleine erbaute (Wien 18, Hockegasse 9, 1928-1929, und 10, Steudelgasse 12-18, 1932-1933) spiegeln demgegenüber in ihrer Versachlichung der Formensprache den neu aufkommenden Trend in der Gemeindebauarchitektur wider, das Vokabular und romantisierende Reminiszenzen weiter zu reduzieren. Insgesamt reflektiert das Werk Gütls damit typologisch die allgemeine Entwicklungstendenz, welche im Schaffen zahlreicher Schüler Otto Wagners unter den architektonischen Arbeitsbedingungen der 20er und 30er Jahre feststellbar ist.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1908 Villa, Breitenstein 90, NÖ
1908 Wien 3, Dannebergplatz 16
1911Wohn- u.Geschäftshaus, Mürzzuschlag, Stmk., Wiener Straße 64
1925-1926WHA d. Gem.Wien „Pernerstorfer-Hof“, Wien 10, Troststraße 68-70 (mit Camillo Discher)
1925-1927WHA d. Gem.Wien „Am Wienerberg“, Wien 12, Wienerbergstraße 20 (Bauteil II mit Camillo Discher. I. Bauteil: Rudolf Fraß, Karl Dorfmeister, Rudolf Perco)
1927-1928WHA d. Gem.Wien „Anton Kohl-Hof“, Wien 3, Rüdengasse 8-10 / Hagenmüllergasse/ Göllnergasse (mit Paul Gütl)
1928-1929 WHA d. Gem.Wien, Wien 18, Hockegasse 9
1932-1933 WHA d. Gem.Wien, Wien 10, Steudelgasse 12-18 / Mundygasse 1

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1906-1907Rathaus Spital am Semmering, Stmk.
o.J.Mausoleum der Familie Schenker, im Garten des Jagdschlösschens, Neuwald 62, NÖ (mit K. Rieß)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1907Lehrerbildungsanstalt Oberhollabrunn (Wettbewerb, 3.Preis; mit H. Daub)
1908Kaiser Franz Josef Jubiläumsschule Atzgersdorf (Wettbewerb, lobende Anerkennung)
1917Fahnenbesfestigungsmast (Wettbewerb, ein Preis)
1924Städtebaul. Gesamtkonzept westl. der Sandleitengasse, Wien 16 (Wettbewerb, mit Theiß und Jaksch, Krauß, Tölk, Discher und Schmid)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv der ABK
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Anonym: Concurrenz um den Füger-Preis. Lusthaus im Prater. in: Der Architekt 7.1901
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919–1934. Wien 1980
F. Borsi / E. Godoli: Wiener Bauten der Jahrhundertwende. Stuttgart 1985
Neubauten in Österreich. 3 Bde., Wien o.J.
M. Pozzetto: Die Schule Otto Wagner: 1894–1912. München 1980
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
1900, Sonderheft. Aus der Wagnerschule. (Miethaus Facade. Schul-Projekt)
11.1905, T.46 (Zubau zu einem Haus in Mariensee)

Österr. Bau- und Werkkunst
1.1924/25, S.51 (Lageplan Sandleitenhof)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. II; Achl. III/1; Achl. III/2
Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.–XIX.u.XXI.–XXIII.Bez.); Dehio NÖ/Süd A-L; Dehio NÖ/Süd M-Z
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
Czeike; Weihsmann 05

INTERNETLINKS:
www.dasrotewien.at
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Anmerkungen
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.10.2006
Zuletzt geändert: 03.05.2007
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