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Josef Berger

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 13.09.1898 - † 22.08.1989
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: London
Land: Großbritannien
Religionsbekenntnis: Mosaisch
Berufsbezeichnung: Architekt und Stadtbaumeister, Designer
Familiäres Umfeld: Vater: Simon Berger, Privatbeamter (1857-1950)
Mutter: Pauline, geb. Beran (1861-1930)
Bruder: Arthur B. (1892-1981), Architekt u. Bühnenbildner
Schwestern: Hilde und Fritzi, Modedesignerinnen
Schwager: Fritz Lampl, Kunstgewerbler und Schriftsteller, verheirater mit Hilde
Cousine: Hilde Beran verheiratet mit Heinrich Kulka, Architekt
Ehe (1922) mit Margarete Hamerschlag, Kunstgewerblerin und Schriftstellerin
Sohn: Florian Raymond
Bürogemeinschaft: 1921-1934 mit Martin Ziegler (zeitweise Mitarbeit von Arthur Berger)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1917-1921Technische Hochschule Wien
o.J.Kunstgewerbeschule Wien (bei Oskar Strnad)
o.J.Loos-Schule
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1921-1934Architekturbüro mit Martin Ziegler
1934Emigration nach Haifa
1937Übersiedlung nach London
ca.1940-1963Mitarbeiter des London Country Council (in der Städtebau-, Schulbau- und Wohnbauabteilung)
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Mitgliedschaften
um 1928Österr. Werkbund
o.J.Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
ab 1950RIBA-Fellow
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Vita
Josef Berger wurde 1898 als Sohn eines jüdischen Privatbeamten in Wien geboren. Er absolvierte ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule, das er allerdings infolge seines Kriegsdienstes im Ersten Weltkrieg unterbrechen musste. Für kurze Zeit war Berger auch Schüler von Adolf Loos.

Nach Abschluss seines Studiums gründete Berger im Jahr 1921 mit Martin Ziegler, der zur gleichen Zeit ein Studium an der Technischen Hochschule absolviert hatte, eine Bürogemeinschaft, in der zeitweise auch sein Bruder Arthur Berger mitarbeitete. Die Architekten beschäftigten sich zunächst vor allem mit Möbelentwürfen und Inneneinrichtungen. Im Jahr 1923 gründete Berger gemeinsam mit seinem Bruder Arthur und seinem Schwager Fritz Lampl die „Bimini-Werkstätten“, die sich äußerst erfolgreich auf die Produktion von dekorativen Glaswaren wie Lampen, Gläser, Vasen sowie expressiv-abstrahierte Glasfigürchen spezialisierten und für die die Brüder Berger als Designer tätig waren.

Etwa Mitte der 20er Jahre gründeten die Brüder Berger und Martin Ziegler gemeinsam mit Otto Bauer nach dem Vorbild der deutschen Architektenvereinigung den „Bund junger österreichischer Architekten“. Über die Aktivitäten und weitere Mitglieder des Vereins ist allerdings heute nichts bekannt.

Ab dem Jahr 1926 trat die Arbeitsgemeinschaft Berger & Ziegler auch mit baulicher Planungstätigkeit hervor. Berger und Ziegler waren am Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien beteiligt und errichteten daneben auch einige kleinere Wohnhäuser und Villen. Darüber hinaus nahmen sie an zahlreichen Wettbewerben teil, bei denen sie allerdings zumeist erfolglos blieben.

Die wirtschaftlich schlechte Lage sowie die politisch sich zuspitzende Situation veranlasste Josef Berger im Jahr 1934, gemeinsam mit seiner Frau nach Palästina zu emigrieren, wo er die Ausführung eines großen Hotelkomplexes in Haifa erhoffte. Nachdem sich das Projekt zerschlagen hatte und Berger auch anderweitig kaum Aufträge akquirieren konnte, wanderte er schließlich 1937 nach London aus, wo er eine Zweigstelle des Büros Berger & Ziegler gründete und wohin ihm im Jahr 1939 Ziegler nachfolgte. Mit Fritz Lampl, der gleichfalls nach London emigriert war, wurden die „Bimini Werkstätten“ dort unter dem Namen „Orplid Glass“ weitergeführt.

Im Jahr 1940 war Berger ein halbes Jahr auf der Isle of Man interniert, und im gleichen Jahr wurde das Londoner Büro durch einen Bombenangriff zerstört. Sein Partner Ziegler gab daraufhin die Hoffnung auf, sich in London eine Existenz aufbauen zu können, und wanderte mit seiner Familie in die USA aus. Josef Berger hingegen gelang es, nach den anfänglichen Schwierigkeiten doch noch Fuß zu fassen und als Mitarbeiter des „London Country Council“ im Bereich des Städtebaus sowie im Schul- und Wohnungsbau bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1963 erfolgreich tätig zu sein.

Josef Berger starb hoch betagt im 91.Lebensjahr in London.
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Stellenwert
In den 20er Jahren, der Zeit der Gründung der Bürogemeinschaft Berger & Ziegler, war es auf Grund der wirtschaftlichen Lage kaum möglich, architektonisch tätig zu werden, und viele Architekten versuchten deshalb die mangelnden Bauaufträge mit dem Entwurf von Möbeln und der Gestaltung von Wohnungseinrichtungen zu kompensieren. Auch Josef Berger und Martin Ziegler schlugen zunächst diesen Weg ein, wobei Berger, der sich auch theoretisch zur Frage zeitgemäßer Interieurs äußerste, wahrscheinlich die dominierende Rolle bei der Entwurfsarbeit zukam. Vermutlich unter dem Eindruck der kurzen Ausbildungszeit Bergers bei Adolf Loos entwarf das Team keine ausstattungsmäßigen „Gesamtkunstwerke“, sondern ermöglichte es den Bewohnern, die Räume mit der Zusammenstellung von alten und neu entworfenen Möbeln nach eigenen Bedürfnissen variabel zu gestalten.

Als das Architektenteam, dem zeitweise auch Bergers Bruder Arthur angehörte, die Gelegenheit bekam, für die Gemeinde Wien Wohnhausanlagen zu errichten, folgten sie nicht dem romantisch-expressiven Trend in der Gemeindebauarchitektur der 20er Jahre. Ihre Wohnhausanlagen zeigen vielmehr funktionalistische, sachliche und kubisch durchgestaltete Außenerscheinungen. Die Wohnhausanlage in Wien 3, Ludwig Koeßler Platz 3 / Schlachthausgasse / Fruethstraße (1926-1929) erhielt allerdings durch treppenartig gestufte Erker, Balkone und Gesimse eine gewisse Dynamisierung. Der „Grassinger Hof“, Wien 15, Brunhildengasse / Walkürengasse 12 (1932-1933) hingegen ist nur durch wenige Erkerbänder akzentuiert.

Im Villenbau folgte das Architektenteam dem allgemeinen Trend im Sinne des „Internationalen Stils“. Zumeist schmucklose kubische Baukörper wurden aneinander- und ineinandergeschoben, um auf diese Weise Platz für Terrassen und Sitzplätze zu schaffen, welche nicht zuletzt auch die Verbindung zum umliegenden Garten unterstreichen sollten. Kennzeichnend ist, dass die Fassaden zur Straße hin kaum mit Fensteröffnungen versehen wurden, so dass eine gewisse Abschottung der Häuser gegenüber dem öffentlichen Raum erfolgte (Haus Dr. Schur, Wien 19, Formanekgasse 32, 1933).

Josef Berger und Martin Ziegler arbeiteten rund 13 Jahre in der wirtschaftlich prekären Zwischenkriegszeit in Wien zusammen. Im Gegensatz zu vielen Architektenkollegen fanden sie nicht nur beim Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien Beschäftigung, sondern sie waren als Vertreter der damals geschätzten gemäßigten Moderne auch im privaten Bausektor erfolgreich. Wenngleich es kaum möglich ist, innerhalb der Arbeiten der Bürogemeinschaft den jeweiligen Anteil der beteiligten Architekten festzumachen, darf doch davon ausgegangen werden, dass Josef Berger bei allen architektonischen Fragen der tonangebende gewesen ist. Sein Bruder Arthur Berger, der vor allem als Ausstatter für Kinofilme tätig war, scheint jedenfalls innerhalb des Architekturbüros nur eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Im Unterschied zu Martin Ziegler schließlich hat sich Josef Berger in etlichen Publikationen zum aktuellen Baugeschehen geäußert, weshalb anzunehmen ist, dass auch bei der konkreten Entwurfstätigkeit wesentliche Impulse von ihm ausgingen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1926-1928WHA d. Gem.Wien, Wien 3, Ludwig Koeßler Platz 3 / Schlachthausgasse / Fruethstraße (mit Arthur Berger und Martin Ziegler)
1926Wohnhaus, Wien 12, Altmannsdorferstraße, Nr. unbekannt (mit Martin Ziegler)
1929WHA d. Gem.Wien, Wien 9, Hernalser Gürtel 26 / Alser Straße 52 (mit Arthur Berger und Martin Ziegler)
1929WHA d. Gem.Wien, Wien 10, Schrankenberggasse 22 (mit Arthur Berger)
1931Villa Paul und Fritzi Hohenberg, Wien 12, Gaßmannstraße 39 (mit Martin Ziegler)
1931Haus Freiberger, Wien 13, Geylinggasse 8 (mit Martin Ziegler)
1932-1933WHA d. Gem.Wien „Grassinger Hof“, Wien 15, Brunhildengasse / Walkürengasse 12 (mit Arthur Berger und Martin Ziegler)
1933Haus Dr. Schur, Wien 19, Formanekgasse 32 (mit Martin Ziegler)
1933Dreifamilienhaus, Wien 19, Straße unbekannt, Nr.5 (mit Martin Ziegler)
1934Haus A.G., Wien 19 (Grinzing), Schreiberweg 79 (mit Martin Ziegler, verändert)
nach 1937diverse Wohnbauten in London

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1949-1950Schule Woodberry Down, London

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
um 1920Ausstellungsraum für die Fa. Bimini
1931Austellung „Die neuzeitliche Mietwohnung“, Wien

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1923WHA d. Gem. Wien, Wien 2, Lassallestraße / Vorgartenstraße (Wettbewerb mit Arthur Berger und Martin Ziegler)
1926Brückenkopf Köln (Wettbewerb mit Martin Ziegler)
1926Entwürfe für Typenhäuser (mit Martin Ziegler)
1927Trinkhalle im Kurpark Baden bei Wien, NÖ (Wettbewerb, mit M. Ziegler, 1.Preis)
1927Völkerbundpalast Genf, CH (Wettbewerb mit Martin Ziegler)
1928Geschäftshaus in Prag (mit Martin Ziegler)
1928Hochhaus auf den Bürgerversorgungshausgründen, Wien 9 (Wettbewerb, mit Martin Ziegler)
um 1928Haus Pr., Kairo (mit Martin Ziegler)
um 1928Landhaus in Ankara (mit Martin Ziegler)
um 1928Gästehaus in Polen (mit Martin Ziegler)
um 1928Landhaus Dr. B., Hamburg (mit Martin Ziegler)
1932Verbauung des Kahlenberges in Wien (Wettbewerb, mit Martin Ziegler)
1934Hotel Eden für Irving Handel, Haifa
1935Synagoge, Palästina
1934-1936div. private und öffentliche Gebäude in Palästina / Israel
1937-1980div. private und öffentliche Gebäude in Großbritannien, vor allem London
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
J. Berger: Der Weg der Jungen. In: Innendekoration 1923, S.29
J. Berger: Zwiegespräch. In: Innendekoration 1923, S.208f
J. Berger: Der Wohnhausblock. In: Allgemeine Bauzeitung 1924, H.6, S.7
J. Berger: Über moderne Bauformen. In: Moderne Bauformen 27.1928, S.244f
J. Berger: Die Stil-Richtungen. Versuch einer Sichtung. In: Innendekoration 40.1929, S.210f
J. Berger: The Lady and the Architect. In: News Chronicle 17.6.1938, S.5
J. Berger: School Design. In: Building 1947, S.395f

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
RIBA Library Drawings Collection (Div. Entwürfe aus der Londoner Zeit)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
F. Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861–2001. Bd.1 Wien 2003
Anonym: Wiener Kunstgewerbe auf der Ausstellung in Buenos Aires [Bimini-Werkstätten]. In: Profil 1.1933, H.12, S.403ff
Anonym: Berger dies. In: Building Design 951.1989, S.3 (sehr kurzer Nachruf)
Ch. Benton (Hrsg.): A different world, emigre architects in Britain 1929-1938 (Ausst.Kat.) London 1995
Bundeswohnbauförderung in Wien. Wien 1932
M. Eisler: Die Ausstellung „Neuzeitliche Mietwohnung“ in Wien. In: Moderne Bauformen 30.1931, S.69ff
M. Eisler: Häuser und Räume von Berger und Ziegler. In: Moderne Bauformen 32.1933, S.265ff
Festschrift zur 50 Jahrfeier der techn. gew. Bundes-Lehranstalt Wien I. 1880-1930
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919–1934. Wien 1980
Kommunaler Wohnbau in Wien. Aufbruch 1923-1934, Ausstrahlung (Ausst.Kat.) Wien 1978
Kunst im Exil in Großbritannien. Berlin 1986
F. Lampl: Bauten und Innenräume der Architekten Berger und Ziegler. In: Innendekoration 44.1933, S.220f
I. Meder: Offene Welten, die Wiener Schule des Einfamilienhausbaus 1901–1938. Diss. Stuttgart 2001
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV., und V. Bezirks. Wien 1980
Österreichischer Werkbund 1929. Wien 1929
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002 (1985)

HINWEISE AUF WERKE:
Bauwelt
20.1929, H.26, S.613ff (Wettbewerb Volkswohnhaus in Wien)

Deutsche Kunst und Dekoration
53.1923, S.99ff (diverse Interieurs)

Innendekoration
34.1923, S.28ff (diverse Möbel)
36.1929, S.81 (div. Möbel)
38.1927, S.245ff (Interieurs)
40.1929, S.208ff (Interieurs)
42.1931, S.111 u. S.120 (Interieurs)
48.1937, S.388 (Villa in Grinzing,19, Schreiberweg 79)

Moderne Bauformen
25.1926, S.403ff (Einfamilienhaus Wien 13, Altmannsdorferstr.) / S.411 (Typenhäuser)
27.1928, S.224ff (Geschäftshaus in Prag; WHA Schlachthausgasse; Haus Pr. in Kairo) / T.22 (Landhaus bei Ankara; Gästehaus in Polen)
32.1933, S.271 (Dreifamilienhaus)

Österreichische Bau- und Werkkunst
1.1924/25, S.331 (Kamin)
3.1926/27, S.249 (Sessel und Sitzbank)
5.1928/29, S.188 (Verbauung Bürgerversorgungshausgründe)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)

LEXIKA:
AKL; Weihsmann 05

INTERNETLINKS:
www.dasrotewien.at;
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Anmerkungen
Weihsmann 05 irrt: im Jahr 1921/22 wurde in der Loos-Schule kein Kurs mehr abgehalten
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 01.07.2007
Zuletzt geändert: 10.10.2011
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