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Pietro Palumbo

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 10.08.1877 - † nach 1928
Geschlecht: m
Geburtsort: Firenze
Land: Italien
damaliger Name: Königreich Italien
Sterbeort: unbekannt
weitere Namen: Palumba
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Familiäres Umfeld: Ehe mit Maria (*1881)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
unbekannt
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab ca.1901als Architekt in Wien tätig
ab ca.1906Mitarbeiter bei Ludwig Baumann in der Bauleitung der Wiener Hofburg
nach 1924in Mailand und Triest als Architekt tätig
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Mitgliedschaften
1907-1909Wiener Bauhütte
ab 1906Gesellschaft der österreichischen Architekten
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Vita
Pietro Palumbo wurde 1877 in Florenz geboren. Es ist weder etwas über seine Familie noch über seine Ausbildung bekannt. Ungefähr ab 1901 lebte er in Wien, ab diesem Zeitpunkt veröffentlichte er laufend seine Entwürfe in der Zeitschrift „Der Architekt“. Da keine eigenständigen Bauten aus dieser Zeit bekannt sind, ist anzunehmen, dass er in einem Architekturbüro gearbeitet hat. Gesichert ist, dass er gegen 1906 in das Atelier Ludwig Baumanns eintrat, als dieser mit der Leitung des Ausbaus der Hofburg betraut wurde. In diesen Jahren beteiligte sich Palumbo mit seinem Bürokollegen Karl Felsenstein an einigen Wettbewerben. Obwohl alle Entwürfe ausgezeichnet wurden, gelangte keiner zur Ausführung. Erst in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg konnte er einige Projekte in Wien ausführen, darunter das markante Miethaus in Wien 1, Graben 16 und den Neubau des Hotel Bristol (Wien 1, Kärntner Ring 1).

Nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 musste Palumbo als feindlicher Ausländer Wien verlassen. Anfang der zwanziger Jahre kehrte er noch einmal mit seiner Frau zurück, um aber – infolge der schlechten wirtschaftlichen Situation und der Aussichtslosigkeit, hier beruflich Fuß zu fassen – der Stadt 1924 endgültig den Rücken kehren. Höchstwahrscheinlich über Vermittlung des italienischen Architekten De Finetti, der als Schüler von Adolf Loos gleichfalls einige Jahre in Wien gelebt hatte, ging Palumbo nach Mailand, um dort kurzfristig mit dem „Club degli urbanisti“ zusammenzuarbeiten, dem u.a. De Finetti und Gio Ponti angehörten. Nachdem der Club 1926 einen Regulierungsplan für Mailand im Rahmen eines Wettbewerbs eingereicht und nur den zweiten Preis erhalten hatte, dürfte Palumbo Mailand jedoch wieder bald verlassen haben. Ab Ende der zwanziger Jahre arbeitete Palumbo dann für die renommierte Triestiner Baufirma A. Ghira e R. Pollack und hat u.a. die diversen Begleitbauten (wie Eingangsbereich, Bahnhof, Büros, Restaurant, etc.) der Untergrundbahn der Adelsberger Grotte / Postojnska Jama (damals zu Italien gehörig) im Rahmen einer Modernisierung der Anlage konzipiert. Anfang der 30er Jahre erhielt Palumbo über Vermittlung der römischen Kurie noch einen Auftrag zum Bau des Santuario della Vittoria in Lecco am Comersee. Dann verlieren sich seine Spuren.
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Stellenwert
Obwohl Pietro Palumbo seine Ausbildung nicht in Wien erhalten hatte, ist er dennoch sehr eng mit der Wiener Architekturszene der letzten Jahre vor dem Ersten Weltkrieg verbunden. Möglicherweise hat auch seine Mitgliedschaft in dem – der Akademie der bildenden Künste nahe stehenden – Architektenverein „Wiener Bauhütte“ eine Rolle gespielt. Insbesondere seine frühen, in der Zeitschrift „Der Architekt“ publizierten Entwürfe (z.B. Mausoleum für den Friedhof San Miniato, 1905) zeigen in ihrer klassizierenden Monumentalität eine große Nähe zur sog. „Wagner-Schule“ (landläufige Bezeichnung für das Umfeld Otto Wagners). Demgegenüber sind die nur kurze Zeit später entstandenen Wettbewerbsprojekte mit Karl Felsenstein (Kolonnaden für Karlsbad, 1907) von einem explizit neobarocken Duktus geprägt. Auch die in den Jahren 1912-1913 errichtete päpstlichen Nuntiatur (Wien 4, Theresianumstraße 31), die in ihrer noblen Außenerscheinung einen römischen Renaisssancepalazzo zitiert, ist einer betont historistischen Haltung verpflichtet.

Diese Ambivalenz, die typisch für das Architekturgeschehen dieser Jahre ist, zeigt auch das repräsentative Wohn- u.Geschäftshaus Wien 1, Graben 16, das Palumbo in Zusammenarbeit mit Karl Steinhofer 1909 errichtete. Während die dreigeschossige Geschäftszone in ihrer klar strukturierten Glasarchitektur den funktionalistischen Theorien Otto Wagners verpflichtet ist, zeigen der Wohnbereich und der Dachaufbau einen Hang zu einem überbordenden Dekorativismus. Insbesondere der aufwändig gestaltete Eckrisalit, der von einem elaborierten Turmaufbau bekrönt wird und mit Mosaiken und figuralen Skulpturen ausgestaltet ist, wird durch diesen Aufwand zu einem attraktiven Blickpunkt einer eleganten Geschäftstraße.

Der bedeutendste Bau Palumbos ist jedoch das „Hotel Bristol“ (Wien 1, Kärntner Ring 1), das er in Zusammenarbeit mit Ladislaus Fiedler errichtete. Das noble Ringstraßenhotel ist durch seine prominente Situierung neben der Staatsoper bis heute einer der markantesten Innenstadtbauten. In den Jahren 1912/13 anstelle mehrerer historistischer Gebäude errichtet, ist die Außenerscheinung des Hotels von einer klassizierenden Haltung und einer Zurücknahme des Dekors geprägt. Die zu einer Art von Rundtürmen ausgestalteten Eckrisalite betonen den Anspruch des Nobelhotels als „Monumentalbau“. Generell zeigt die Fassade in ihrem klassizierenden Charakter und in ihrer orthogonalen Strukturierung mittels Pilaster und Gesimse eine große Affinität zu zeitgleichen Bauten der Wagner-Schüler, wie Hubert Gessner oder Rudolf Perco. Es ist nicht geklärt, ob Palumbo auch für die elegante Innengestaltung, die rudimentär noch erhalten ist, verantwortlich war, es scheint jedoch sehr wahrscheinlich. Das Hotel hatte im Laufe der Jahre eine sehr wechselvolle Geschichte und erfuhr zahlreiche Umbauten und Adaptionen. Während des Zweiten Weltkriegs waren hier wichtige NS-Stellen untergebracht und Bombenschäden zerstörten einen Teil des Gebäudes. Nach dem Krieg hatten die US-amerikanischen Besatzungsbehörden hier ihren Sitz. Derzeit ist es wieder als eines der Wiener Nobelhotels in Funktion.

Der Umstand, dass Palumbo immer mit einem Partner zusammengearbeitet hat und der Papierform nach angeblich nur für die Fassade verantwortlich war, könnte sich auch dadurch erklären, dass er als Italiener einen in Wien konzessionierten Architekten einbeziehen musste.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1909-1911Wohn- und Geschäftshaus, Wien 1, Graben 16 (mit Karl Steinhofer)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1912-1913Palais der Apostolische Nuntiatur (mit integrierter Kapelle), Wien 4, Theresianumgasse 31 (mit Bauing. Antonio de Toma)
1913-1916Hotel Bristol, Wien 1, Kärntner Ring 1 (mit Ladislaus Fiedler)
1928Begleitbauten der Untergrundbahn der Postojna jamnica / Adelsberger Grotte, SLO (u. a. Haltestellengebäude, Büros und ein Restaurant)
1928-1934San Paolo Apostolo, Milano, Piazza Caserta
1930-1932Santuario della Vittoria, Lecco, I
1938-1940Kirche SS. Clemente e Guido, Mailand/ Milano, I (Umbau und Erweiterung)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1901Landhaus Knirr in München, D (Projekt ?)
1905Kirche in Südtirol (Projekt)
1906Villa in Abbazia, Küstenland / Opatija, HR (Projekt?)
1907Brunnenkolonnade Karlsbad, Böhmen / Karlovy Vary, CZ (Wettbewerb, ein Ankauf, mit Karl Felsenstein)
1907Postgebäude Wiener Neustadt, NÖ (Wettbewerb, ein 1.Preis, mit Karl Felsenstein)
1908Festsaalanbau an das Gebäude der italienischen Botschaft (ehemals Palais Metternich) in Wien 3 (Projekt)
1912Ausbau des Kaiser Franz Josefs-Kai in Graz, Stmk. (Wettbewerb, ein 3.Preis, mit Josef Hölzel)
1926Regulierungsplan Mailand (Wettbewerb, 2.Preis, Mitarbeit)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
WStLA (Meldearchiv)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
W. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien 1989, S.140
W. Bandion: Die apostolische Nuntiatur in Wien. Wien 2005, S.14 u. S.28
A. Cuk: Development of the underground railway system on the example of Postojnska jama. In: Acta carsologica 32/1, 16, 225-242. Ljubljanas 2003
A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche Bd.4 Wiesbaden 1972
A. Lehne: Jugendstil in Wien. Wien 1989
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
Ch. Schaffenrath: Das Hotel Bristol in Wien. Dipl.Arb. Salzburg 2000

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
7.1901, S.24, T.37 (Landhaus Knirr in München)
9.1903, T.93 (Villa in Lovran bei Abbazia)
10.1904, T.110 (Entwurf einer Villa)
11.1905, T.15 (Kirche in Südtirol) / T.70 (Entwurf eines Mausoleums)
12.1906, T.59 (Parkbrunnen) / S.22, T.60 (Entwurf einer Villa in Abbazia)
13.1907, S,1ff, T.11f (Konkurrenzentw. Kolonnaden Karlsbad)
14.1908, (Österr. Konkurrenzen) S.1ff (Konkurrenzentwurf Post- u. Amtsgebäude Wiener Neustadt)
15.1909, T.48f (Festsaalanbau der italienischen Botschaft)

Architektur des 20. Jahrhunderts
1913, S.496, T.84 (Geschäftshaus Wien 1, Graben 16)

Bauten im Style der Secession,
Serie 5, Wien o.J., T.35 (Geschäftshaus Graben 16)

Wiener Bauindustriezeitung
31.1914, T.57 (Geschäftshaus Wien 1, Graben 16)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1
Dehio Wien/1 (I.Bez.); Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.)

LEXIKA:
Czeike; Weihsmann 2005

INTERNETLINKS:
http://carsologica.zre-sazu.si; www.nuntiatur.at
http://www.provincia.sondrio.it; http://www.commune.lecco
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Anmerkungen
Eingegeben von: Petra Schumann/Ursula Prokop
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 04.06.2012
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