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Viktor Postelberg

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Ausstellungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 10.06.1869 - † 14.02.1920
16.02.
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
Religionsbekenntnis: Mosaisch
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Leopold P., Kaufmann (1828-1887)
Mutter: Klara, geb. Fleckles (1840-1887)
Geschwister: Richard (*1862) Fabrikant; Emil (*1864) Rechtsanwalt; Olga, verh. Kaufmann; Berta, verh. Schlesinger
unverheiratet
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Realschule
1887-1895Technische Hochschule Wien (Bauschule bei Viktor Luntz und Karl König, Abschluss mit 2.Staatsprüfung)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
um 1914Kriegsdienst als Militäroberingenieur beim Militärbaukommando in Przemysl, POL
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Mitgliedschaften
ab 1896Österreichischer Ingenieur- und Architektenverein
ab 1909Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
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Vita
Viktor Postelberg, der aus einer jüdisch assimilierten Familie stammte, wurde 1869 als dritter Sohn eines gut situierten Handelsagenten in Wien geboren. Nach dem Abschluss der Realschule studierte er an der Technischen Hochschule, wo u.a. Karl König und Viktor Luntz zu seinen Lehrern zählten. Die relativ lange Studienzeit könnte sich durch den Umstand erklären, dass Postelberg höchstwahrscheinlich in diesem Zeitraum auch sein Einjährig Freiwilligen Jahr abgeleistet hat. Nach dem Studium arbeitete er offensichtlich für einige Jahre in verschiedenen Ateliers. Um 1898 dürfte er sich selbständig gemacht haben. In dieser Zeit beteiligte er sich erstmals an einigen Konkurrenzen. Insbesondere sein Entwurf für das Hauptrestaurant der Kaiser-Jubiläumsausstellung (in Arbeitsgemeinschaft mit Rudolf Tropsch) wurde mit einem spektakulären 1.Preis ausgezeichnet und kam auch zur Ausführung.

In den folgenden Jahren war Postelberg überwiegend mit der Planung von Villen und Wohnhäusern befasst. Aufgrund seiner guten Kontakte zu jüdisch-großbürgerlichen Unternehmerkreisen – auch sein älterer Bruder betrieb eine Fabrik in Nordmähren – erhielt er jedoch bald größere Aufträge, wie das von der Familie Gutmann gestiftete Kaiserin Elisabeth-Waisenhaus in Gföhl, NÖ (1907). Diesem Auftrag sollten zahlreiche weitere folgen, wobei Postelberg zumeist mit dem Ausbau der Infrastruktur von Unternehmen, wie den Direktions- u. Verwaltungsgebäuden, aber insbesondere auch den betriebseigenen Arbeitersiedlungen befasst war. In der Folge wurde Postelberg zu einem geschätzten Fachmann auf dem Gebiet des Arbeiterwohnbaus, über das er auch einige theoretische Abhandlungen publizierte.

Postelbergs erfolgreichste Zeit waren die letzten Jahre vor dem Ersten Weltkrieg, in denen er neben seinen üblichen Aufträgen, wie Villen, Arbeiterkolonien u.a., auch ein Entbindungsheim, eine Schule und eine Synagoge in St.Pölten realisieren konnte. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs erfuhr seine Karriere eine plötzliche Zäsur. Die zivile Bautätigkeit kam zum Erliegen und Postelberg rückte ein, um im Militärbaukommando in Przemysl tätig zu sein, wo er sich möglicherweise ein unheilbares Leiden holte, denn schon bald nach dem Zusammenbruch der Monarchie ist er im 51.Lebensjahr nach langer Krankheit an Nierenversagen gestorben.
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Stellenwert
Das Werk Viktor Postelbergs, der infolge seines frühen Todes nur rund fünfzehn Jahre tätig war, zeigt von Anbeginn an eine Loslösung vom Historismus und eine weitgehende Orientierung an den damaligen modernen Strömungen, deren Bandbreite sowohl secessionistische Elemente als auch Heimatstil und Neoklassizismus umfasste.

Bezeichnenderweise steht eines der frühesten dokumentierten Werke Postelbergs, das Hauptrestaurant der Kaiser-Jubiläumsausstellung (1898) völlig unter dem Eindruck der damals hochaktuellen Secessionsbewegung, wobei historistische Zitate vermieden werden und eine kühne Kurvilinearität im Vordergrund steht. Im Sinne der „Raumkunst“ wurde auch die Inneneinrichtung bis ins kleinste Detail entworfen, allerdings lässt sich nicht eindeutig klären, wieweit hier der jeweilige Anteil auf Postelberg oder seinen Partner Tropsch, zurückgeht.

Postelbergs Schwerpunkt war jedoch der Wohnbau, wobei er sich überwiegend mit repräsentativen Villen und vor allem Arbeitersiedlungen befasst hat. In formaler Hinsicht ist eine Orientierung an der Heimatstilbewegung zu beobachten, die sich in einem sehr stark gegliederten Baukörper, hochgezogenen Giebeldächern und dem Einsatz von Fachwerk manifestiert. Generell ist ein romantisch-pittoresker Charakter prägend (z.B. Villa, Wien 18, Hockegasse 72, 1913). In der Konzeption seiner zahlreichen Arbeiterwohnhäuser war Postelberg sehr stark von der Gartenstadtidee beeinflusst. Jede Familie sollte ein eigenes Haus, auch zumeist mit Garten, bewohnen. In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg erhielt Postelberg mehrere Aufträge für öffentliche Bauten, wie das „Frauenhospiz der Genossenschaftskrankenkassa“ in Wien 18, Peter Jordan-Straße 70 (1909) und das Mädchenrealgymnasium in Wien 8, Albertgasse 38 (1914). Beide Gebäude, die eine harmonische Proportionierung auszeichnet, sind vom noblen Neoklassizismus dieser Jahre geprägt.

Der wahrscheinlich prominenteste Bau des Architekten ist die Synagoge in St.Pölten in Niederösterreich (Dr. Karl Renner-Promenade 22, 1912/13), einer der wenigen jüdischen Kultbauten, der der völligen Zerstörung in der NS-Zeit entgangen und zumindest in seiner Außenerscheinung erhalten geblieben ist. Postelberg, der bis dahin keine Erfahrung auf diesem Gebiet hatte, nahm in diesem Fall Theodor Schreier, der bereits einige Synagogen errichtet und mit dem er schon einmal im Rahmen eines Wettbewerbs zusammengearbeitet hatte, zum Partner. Bezeichnenderweise vermieden sie eine – auch im jüdischen Kultbau damals gerne angewandte – direkte Übernahme historischer Stile und konzipierten stattdessen einen klassizierenden oktogonalen Zentralbau, überwölbt von einer flachen Kuppel, der formal sehr kühn auf der Höhe der Zeit stand. „Die künstlerischen Möglichkeiten der neuen Architektur des frühen 20.Jahrhunderts wurden in souveräner und unkonventioneller Weise zur Ausformung eines würdevollen Baus aufgeboten” (Kitlitschka 1984). Auch in der Innengestaltung, die allerdings großteils verloren gegangen ist, wurde der klassizierende Gedanke weitergetragen, indem bei der Rahmung des Thoraschreins eine Palladiana zum Einsatz kam.

Generell ist Postelberg der großen Zahl der Schüler Karl Königs zuzurechnen, die zur Zeit der vorigen Jahrhundertwende nicht unwesentlich an der Ausformung der zeitgenössischen Moderne Anteil hatten.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1903Villa, Wien 19, Lannerstraße 15
um 1903Villa, Wien 19, Heiligenstadt (Nr. unbek.)
1903Villa Postelberg, Wien 19, Armbrustergasse 25
um 1905Villa Herzberg-Fränkel, Wien 18, Pötzleinsdorf (Nr. unbek.)
um 1906Arbeiter- u.Angestelltenwohnäuser der Baumwollspinnerei Kuffler in Brodetz, Böhmen / Brodce, CZ
1907Arbeiterwohnhäuser der Fa.Reithoffer in Kamnitz, Böhmen / Kamenice, CZ
um 1907Arbeiterwohnhäuser der Fa.Pollak, Neurode, Böhmen / Nova Ruda, CZ
um 1908Arbeiterwohnhäuser der Fa.Fritsch in Haindorf, Böhmen / Hajnice, CZ
um 1908Arbeiterwohnhäuser d. Fa.Katzau in Baby bei Nachod, Böhmen, CZ
um 1908Angestelltenwohnhäuser in Friedland, Mähren / Frydlant, CZ
1908Villa Meinl, Wien 19, Formanekgasse 17
1910Miethaus, Wien 18, Ferrogasse 7
1911Doppelwohnhaus Khu, Wien 18, Hockegasse 60 / Wurzingergasse
1912-1913Villa, Wien 18, Buchleitengasse 6-8
1912Wohnhäuser, Wien 19, Obkirchergasse 41-43
um 1912Direktoren- u. Angestelltenwohnhäuser der Fa.Pollak in Böhmisch-Trübau / Trebova Ceska, CZ
1913Villa Pisko, Wien 18, Hockegasse 72
1913Villa Marmorek, Wien 18, Hockegasse 72a (nicht erhalten)
um 1913Angestelltenwohnhäuser der Fa. Spiegel u. Söhne, Hrnov, SK
um 1914Villa Dr. Jacina, Trautmannsdorf, Stmk.

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1898Hauptrestaurant der Jubiläumsausstellung, Wien (mit Rudolf Tropsch, nicht erhalten)
1905Kaiserin Elisabeth-Gedächtnishäuschen (Elisabeth-Kapelle, mit Bildh. A. Canciani), Gföhl, NÖ
1906-1908Kaiserin Elisabeth-Waisenhaus (Stiftung Ritter Gutmann), Gföhl, NÖ, Jaidhofergasse 18 (jetzt Hauptschule)
1908-1909Entbindungsheim, Wien 18, Peter-Jordan-Straße 70 (Dehio fälschl. Nr.12)
1912-1913Synagoge, St.Pölten, NÖ, Dr.-Karl-Renner-Promenade 22 (mit Theodor Schreier, Innenraum 1938 zerstört, 1980/84 rekonstruiert, jetzt Zentrum für jüd. Geschichte)
1914Mädchen-Realgymnasium, Wien 8, Albertgasse 38

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
1909-1910diverse Bauten der Zuckerfabrik A.G., Bruck a.d. Leitha; NÖ, Industriegelände-West 3-5 (stark verändert)
um 1910Arbeiterwohlfahrtsgebäude der Textilfabrik Pollak in Braunau, Böhmen / Broumov, CZ

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1898Innenausstattung des Hauptrestaurants der Jubiläumsausstellung in Wien (mit Rudolf Tropsch)
diverse Villeineinrichtungen

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1898Vereinshaus in Chemnitz, D (Wettbewerb)
1906Bürogebäude der Fa. Elsinger, Neudorf, H (Projekt)
1909Rathaus Mährisch-Schönberg / Sumperk, CZ (mit Theodor Schreier, Wettbewerb)
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
V. Postelberg: Zur Reform der Wiener Bauordnung. In: Der Bautechniker 30.1910, S.423fff
V. Postelberg: Kritische Stellungnahme zu den Ausschreibungsbedingungen für das Krankenhaus in Steyr. In: Wiener Bauindustriezeitung 27.1910, S.141
V. Postelberg: Welche Maßregeln empfehlen sich zur Verbilligung der Baukosten für Kleinwohnungen? In: Bericht über den 9.internat. Wohnungskongress. Wien 1911, S.794ff

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
TUWA; IKG (Matrikenstelle); WStLA (Musterungskopfzettel, Verlassenschaftsakt)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Der Architekt 22.1919/20, Beilage S.57 (Nachruf)
W. Kitlitschka: Historismus und Jugendstil in Niederösterreich. St.Pölten/Wien 1984
Ch. Lind: Niederösterreich 1938, Synagogen Bethäuser und Beträume. In: David 2004, Nr.63
F. Weber: Bezirkschronik Gföhl, 1900-1939. Wien 2006, S.64 u. S.80

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
4.1898, S.8, T.9 (Hauptrestaurant der Jubiläumsausstellung)
5.1899, S.9, T.10f (Restaurant Jubiläumsausstellung)
12.1906, T.78 (Portierhäuschen u. Stall d. Baumwollspinnerei in Brodetz, Böhmen)

Der Bautechniker
24.1904, S.581ff (Villa in Heiligenstadt) / S.667f (Villa, Wien 19, Lannerstraße15)
29.1909 S.913f , T.48 (Wohnhaus Meinl, Wien 19)
30.1910, S.137ff, T.8 (Kaiserin Elisabeth-Landes-Kinderheim in Gföhl) / S. 277ff, T.15 (Frauen-Hospitz in Wien 19, Peter-Jordanstraße)
31.1911, S.81, T.35 (Mietvilla, Wien 18, Ferrogasse 7)
32.1912, S.587ff, T.24 (Wettbewerbsentwurf Synagoge für St.Pölten)
36.1916, S.97ff, T.13 (Zweifamilienhaus in Wien 18, Hockegasse 60)
37.1917, S.33ff (Wohnhäuser in Wien 19, Obkirchergasse 41-43)

Deutsche Bauhütte
9.1905, S.360ff (Gasthofanlage in Brodetz, CZ)
10.1906, S.259 (Villa in Ungarn)
11.1907, S.372f (Arbeiterhäuser in Brodetz)

Deutsche Konkurrenzen
16.1898, Bd.8, H.2, S.28f (Vereinshaus Chemnitz)
33.1915/1916, S.25 (Mädchenrealgymnasium, Wien 8, Albertgasse 38)

Der Industriebau
4.1913, S.202ff (Bauten der Österr. Zuckerindustrie A.G. in Bruck a.d. Leitha)

Wiener Bauindustriezeitung
23.1906, S.277ff (Arbeiterhäuser der Baumwollspinnerei Kuffler & Reichel in Brodetz, CZ)
24.1907, S.11 (Arbeiterkolonie d. Fa.Ringhofer in Kamnitz) / S.147ff (Villa Dr. Herzberg-Fränkel, Wien Pötzleinsdorf) / S.183ff u. S.193ff (Arbeiterkolonie der Fa.Pollak in Neurode)
25.1908, S.297ff (Angestelltenwohnhaus d.Baumwollspinnerei in Brodetz) / S.409ff (Arbeiterwohnhäuser der Fa.Fritsch in Haindorf) / S.483 u. S.488f (Beamtenwohnhäuser in Friedland)
26.1909, T.92 (Frauenhospiz des Verbandes der Genossenschaftskrankenkassen Wiens) / S.247ff (Bürohäuschen der Fa.Elsinger & Söhne in Neudorf, Ungarn) / S.397ff (Arbeiterwohnhaus d. Fa.Katzau in Baby bei Nachod) / S.433ff (Beamtenwohnhaus d. Baumwollspinnerei in Brodetz)
27.1910, S.267ff, T.73f (Arbeiter-Wohlfahrtsgebäude der Fa.Pollack in Braunau)
29.1912, S.87ff (Bauten der Zuckerindustrie A.G. in Bruck, Portierhaus, Verwaltungsgebäude, etc.)
30.1913, S.389 (Beamtenwohnhaus d. Fa.Spiegel u. Söhne, Hrnov) / S.392ff, T.87ff (Direktorsvilla u. Gärtnerhaus d. Fa.Pollak in Böhm.-Trübau)
31.1914, S.120, T.33 (Doppelwohnhaus Wien 18, Hockegasse 60) / S.133 (Haus Marmorek, Wien 18, Hockeg.)
33.1915/16, S.25f, T.29f (Mädchenrealgymnasium Wien 8, Albertgasse)
34.1916/17, S.57, T.54f (Einfamilienhaus in Trautmannsdorf)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.); Dehio NÖ/Nord; Dehio NÖ/Süd A-L; Dehio NÖ/Süd M-Z
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

INTERNETLINKS:
www.injoest.ac.at
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Ausstellungen
1908Internat. Baukunstausstellung in Wien (div. Entwürfe)
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Anmerkungen
Eingegeben von: Petra Schumann/Ursula Prokop
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 10.01.2013
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