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Fritz Reichl

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 02.02.1890 - † 1959
Geschlecht: m
Geburtsort: Baden bei Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Los Angeles
Land: USA
Religionsbekenntnis: Mosaisch
Familiäres Umfeld: Vater: Ludwig R.
Mutter: Fanny R.
Ehe mit Ella R.
Sohn: Erich (Eric) R.
Bürogemeinschaft: ab ca. 1950 Bürogemeinschaft mit Max Starkman, Los Angeles
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
um 1900-1908Mittelschule
o.J.Kurse an der Kunstgewerbeschule Wien (bei Bertold Löffler und Michael Powolny)
1908-1914k.k Technische Hochschule Wien (bei Karl König, Max Ferstel, K.F. Krauss und Leopold Simony)
19142. Staatsprüfung
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1913-1914im Büro von Tranquillini und Karl Hoffmann
o.J.Praktikum in Wiener und Budapester Architektenateliers
ab 1914Kriegsdienst als Bauingenieur in der k.u.k. Armee
1925Befugnis zum Zivilarchitekt
1925selbständiger Architekt
1939Leitung des Architekturbüros von Clemens Holzmeister in Istanbul, TR
o.J.Übersiedlung des Büros nach Ankara, TR
1946Emigration in die Vereinigten Staaten
o.J.New York-Aufenthalt (bei Emanuel Neubrunn)
o.J.Mitarbeit im Architekturbüro von Richard Neutra, Los Angeles
ab 1950Gründung der Firma Reichl & Starkman, Los Angeles
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Auszeichnungen und Ämter
um 1928Vizepräsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
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Mitgliedschaften
ab 1918Österr. Ingenieur- und Architektenverein
ab 1919Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
ab 1928Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
o.J.Mitglied des österr. Jagdklubs
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Vita
Fritz Reichl, der in Baden bei Wien als Sohn von Ludwig und Fanny Reichl geboren wurde, stammte aus einer ausgeprägt patriotisch jüdischen Familie. Schon während seiner Mittelschulzeit besuchte Reichl Kurse an der Wiener Kunstgewerbeschule und zu seinen bekanntesten Lehrern zählten der Maler, Graphiker und Kunstgewerbler Bertold Löffler sowie Michael Powolny, der wichtigste österreichische Vertreter der Keramikkunst des 20. Jahrhunderts.

Geprägt durch diese Ausbildung, wollte Reichl zunächst Malerei studieren, er kam aber dem Wunsch seines Vaters nach und studierte bei Karl König, Franz Krauss und Leopold Simony an der k.k. Technischen Hochschule in Wien, Architektur. Während des Studiums praktizierte Reichl in verschiedenen Architekturbüros in Wien und Budapest. In dieser Zeit lernte Fritz Reichl Richard Neutra kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband und in dessen Büro er dann in den 40er Jahren in Los Angeles eine Anstellung fand.

Nachdem er 1914 sein Studium abgeschlossen hatte, musste Reichl während des Ersten Weltkriegs einrücken. Reichl war in Serbien, Bosnien und Italien stationiert. Nach Kriegsende war es auch für Fritz Reichl aufgrund der wirtschaftlichen Situation nicht leicht, eine Stelle in einem Architekturbüro zu finden. Er arbeitete vorübergehend in einer Metallfabrik. 1925 verbesserte sich jedoch seine berufliche Situation und er eröffnete ein eigenes Büro. 1927 gewann Reichl bereits den Wettbewerb zum Wiederaufbau des Justizpalastes, Wien 1, Schmerlingplatz 10 / Museumsstraße 12 / Volksgartenstraße 2, der bei den Unruhen am 15. Juli 1927 ausgebrannt war. Das Projekt wurde allerdings fallengelassen. Mehrere Entwürfe für die burgenländische Landeshautstadt Eisenstadt, darunter ein Stadtverbauungsplan, fielen in die Zeit seiner Selbständigkeit, ausgeführt wurde allerdings nur ein Beamtenwohnhaus.

1932 konnte Fritz Reichl einen Band mit eigenen Arbeiten in der Reihe „Wiener Architekten“ publizieren. Neben Wohnungseinrichtungen von Stadt-, Land- und Einfamilienhäusern plante Reichl den Umbau der Herrschaftsvilla des Grafen Heriot im Wiener Prater, Wien 2, Rustenschacherallee um 1932, für die die Bauhaus-Absolventen Franz Singer und Friedl Dicker das bekannte, avantgardistische Gartenhaus Mitte der dreißiger Jahre errichteten. In diese Zeit fiel auch die Ausstattung der Wohnung Seidler, Wien 19, Peter Jordan-Straße 68, der Eltern des 1938 nach England emigrierten und später nach Australien ausgewanderten Architekten Harry Seidler, der im Jahr 2000 den Wohnpark Neue Donau (Harry Seidler-Turm) in Wien 22, erbaute.

Auf Grund seiner jüdischen Abstammung musste Fritz Reichl vor dem Regime der Nationalsozialisten aus Wien fliehen und er nahm 1939 das Angebot Clemens Holzmeisters, die Leitung seines Büros in der Türkei zu übernehmen, dankend an. Das Büro Holzmeisters befand sich in Istanbul. Mit den umfangreichen Planungen für die monumentalen Regierungsgebäude, wie den Bauarbeiten am Justizministerium und am Präsidentenpalast übersiedelte Reichl mit dem Büro nach Ankara, wo er bis 1946 arbeitete.

Danach erhielt das Ehepaar Reichl die Einreisevisa in die USA, wo sich ihr einziger Sohn Erich, der schon 1938 emigriert war, bereits in New York aufhielt. Reichl gründete mit dem Wagner-Schüler Emanuel Neubrunn, der in Brooklyn eine große Steinmetzfirma hatte, eine Bürogemeinschaft, übersiedelte aber bald nach Los Angeles, wo er eine Stelle im Büro seines Studienfreundes Richard Neutra fand. Um seine eigenen Ideen besser verwirklichen zu können, gründete er 1953 mit Max Starkmann, einem jüngeren Kollegen aus Neutras Büro die Firma Reichl & Starkman in Los Angeles. Es entstanden Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie diverse Einkaufszentren in und um Los Angeles und in Pittsburgh. 1955 baute Fritz Reichl für seinen Sohn Erich, der zu dieser Zeit in Pittsburgh lebte, ein Wohnhaus.
1959 starb Fritz Reichl im Alter von 69 Jahren an Herzversagen. Das gemeinsame Büro Reichl & Starkman wurde von Max Starkman in Los Angeles weitergeführt.
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Stellenwert
Obwohl Fritz Reichl die Technische Hochschule bei Karl König, Franz Krauss und Leopold Simony besucht hatte, übten doch der persönliche Kontakt zu Richard Neutra, der über die Studienzeit hinausging, und seine berufliche Beziehung zu Clemens Holzmeister den weitaus prägenderen Einfluss auf seine Arbeit aus. Dadurch war Reichl in die möglichen Erscheinungsformen der modernen Architektur „eingebettet“, was ihm vor allem nach der Vertreibung 1938 durchaus zugute kam. Aus diesem Grund engagierte ihn Holzmeister als Atelierleiter nach Istanbul bzw. Ankara und später, in den Vereinigten Staaten, konnte er im Büro Richard Neutras diesen Weg fortsetzen.

Zuvor war Reichl aber als selbständiger Architekt in Wien tätig und das Beamtenwohnhaus in Eisenstadt, 1926–1927 gemeinsam mit Alexius Wolf geplant, ist noch in der historistischen Tradition verankert und die Fassade mit Annäherungen an den Heimatstil akzentuiert. Im Wettbewerbsentwurf für den abgebrannten Justizpalast, für den Fritz Reichl neben Holzmeister und Fellerer sowie Alexander Popp mit dem ersten Ehrenpreis ausgezeichnet wurde, war es ihm ein Anliegen, die gestellte Aufgabe in reduzierter Formensprache, in Richtung Funktionalismus, in leicht durchführbarer Weise zu lösen.

Im Einfamilienhaus Dr. K. am Schafberg, Wien 18, sowie am Umbau der Herrschaftsvilla des Grafen Heriot im Wiener Prater, Wien 2, konnte er bereits eine funktional-sachliche Bauweise mit einer zugleich bequemen, auf Behaglichkeit und Gemütlichkeit ausgerichteten Innenraumgestaltung, die im Gegensatz zum dogmatischen Funktionalismus des deutschen Bauhauses standen, umsetzen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1925Erdgeschoßgestaltung, Wien 1, Hegelgasse 13 (Renault-Automobil-Repräsentanz), Fragment
1929Volkswohnhaus der Gemeinde Wien, Wien 10, Puchsbaumplatz 14
um 1930Umbau Haus A. und H. Heriot, Wien 2, Rustenschacherallee 30 (1962 zerstört)
o.J.Landhaus W. in Debrecen, H
o.J.Jagdhaus Schlagl, NÖ
1930-1932Wohnhaus Dr. Leo und Stefanie Kann, Wien 18, Bastiengasse 107, Schafberg (1971 zerstört)
1931-1932Haus J.N. Kral, Prachatitz/Prachatice, Südböhmen, CZ
vor 1932Gartenausbau Palais Salm, Wien 3, Salmgasse 2 (verändert)
vor 1932Wohnhaus, Stitneho 10, Budweis/Ceske Budejovice, CZ (Umbau)
o.J.Umbau eines Hauses in Budweis/Ceske Budejovice, CZ
1949Apartment house M., Mrs. Leonhard Martin, Beverly Hills, Kalifornien, USA
1955Wohnhaus Erich Reichl, Pittsburgh, USA

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1926-1927Beamtenwohnhäuser in Eisenstadt, Bgl (mit Alexius Wolf)
1929Kinderheim am Strand von Miramare, Rimini, I
o.J.Beamtenkasino in Zaslo, CZ und Belisce, HR
o.J.Schwimmbad und Badekiosk, Wien 2, Wiener Prater

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
um 1930Wohnung, Fam. Seidler, Wien 19, Peter Jordan-Straße 68
1936eine Wohnung im Palais Salm, Wien 3

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
um 1926Stadterweiterungsplan für Eisenstadt, Bgld. (gemeinsam mit Alexis Wolf)
1926Amtsgebäude der burgenländischen Landesregierung, Eisenstadt (Wettbewerb, „Porta Orientalis Austriae“, mit Alex. Wolf)
1927Verbauung des Schmerlingplatzes, Wien 1( Wettbewerb, ein 1.Ehrenpreis)
1927Trinkhalle Baden bei Wien, NÖ (Wettbewerb)
1927Jagdhaus, Nickelsdorf, Bglg.
1928Synagoge, Wien 19, Dollinergasse 3 (Umbau)
um 1932Volksschule, Krems, NÖ (Wettbewerb)
um 1932Wochenendhaus in Raach am Hochgebirge, NÖ
vor 1932Kriegerdenkmal Kleinhöflein, Bgld.
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
F. Reichl: Ferienhaus. In: Wochenend- und Ferienhäuser. 60 Entwürfe namhafter Architekten, Leipzig, Wien (Schroll), 1960
F. Reichl: Eine Auswahl von ausgeführten Arbeiten und Entwürfen. Reihe „Wiener Architekten“, Wien-Leipzig (Elbemühl) 1932

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv Wiener Künstlerhaus
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Sekundärquellen

LITERATUR:
E. Hofmann: Eine Wohnung im Palais Salm von Zivilarch. Fritz Reichl. In: Österreichische Kunst 7.1936, H.9, S.12ff
M. Klang: Die geistige Elite Österreichs. Wien 1936
Die Kunst für alle. 46(1930/31), 188f
G. Koller / G. Withalm: Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Wien 198
I. Meder: Offene Welten, die Wiener Schule des Einfamilienhausbaus 1901–1938. Diss. Uni. Stuttgart 2003
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002
H. Würzl: Der Garten. In: Profil. 2.1934, H.4, S.103ff

HINWEISE AUF WERKE:
Moderne Bauformen
30.1931, S.500 ff (Inneneinrichtungsgegenstände: Serviertischchen, Bücherecke, Schlafzimmer)

Innendekoration
41.1930, S.447 (Fensterecke in einem Empfangszimmer)
42.1931, S.233 („Blume und Plasik“, Ausstellung im Wr. Künstlerhaus)
43.1932, S.226 (Teewagen)
45.1934, S.258ff (Zu Fritz Reichls Innenräumen)
47.1936, S.46ff (Ein Wohnhaus in Wien)

profil
2.1934, S.41ff (Der Vorraum) / S.57ff (Das getarnte Bett) / H.4, S.103ff (Der Garten) / H.7, S.224ff (Wie gestalte ich die Innenwände meines Hauses) / H.10, S.352 (Einfamilienwohnhaus am Schafberg)
4.1936, H.3, S.118f (Aus einer vornehmen Wohnung) / H.6, S.262ff (Ausbau eines Hauses auf vorhandenem Kellergeschoß in Wien-Hietzing)

ZÖIAV
78.1926, S.324ff, Abb.4 (Wettbewerb Amtsgebäude in Eisenstadt)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez.)

LEXIKA:
AKL; Vollmer
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Anmerkungen
Eingegeben von: Petra Schumann
Eingegeben am: 01.05.2006
Zuletzt geändert: 13.01.2017
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