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Victor Reiter


Foto privat

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Persönliche Mitteilungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 16.11.1894 - † 27.09.1973
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
Sterbeort: Graz
weitere Namen: Viktor
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Hermann R. (1865-1910), Oberrevident der k.k.Staatsbahn
Mutter: Maria Thumann (1867-1943)
Ehe (1917) mit Olga Lorenz
Kinder: Gerhard (1922-1986), Architekt; Bernhard (1925-1991), Forstwirt; Annemarie (*1926)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1914Reifeprüfung Höhere Staatsgewerbeschule in Wien
1918-1920Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien (bei Leopold Bauer und Freiherr Franz von Krauss)
1926Zivilarchitektenprüfung
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1914-1918Leutnant beim k.k. Inf. Regiment
ab 1920als freiberuflicher Architekt in Wien tätig
um 1926-1938Konsulent der Siedlungs-Genossenschaft Altmannsdorf, Hetzendorf (mit rund 1200 Siedlungshäusern)
1942-1945Kriegsdienst in der Deutschen Wehrmacht
1945-1947Kriegsgefangenschaft
1949als freiberuflicher Architekt in Graz tätig
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Auszeichnungen und Ämter
1918Rosenbaum-Preis
1920Schwendenwein-Reisestipendium
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Mitgliedschaften
ab 1935Österreichischer Künstlerbund Rosenhügel (Gründungsmitglied)
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Vita
Victor Reiter wurde 1894 in Wien geboren, wo er auch die höhere Staatsgewerbeschule besuchte und an der Akademie der bildenden Künste in der Meisterklasse von Prof. Leopold Bauer und Freiherr von Kraus studierte.

Nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg lebte Reiter mit seiner Frau Olga und den drei Kindern sozusagen als Stammbewohner in der von Emil Krause erbauten Künstlersiedlung am Rosenhügel, Wien 12, Riedelgasse 18, später Rußweg 10. Gegenüber wohnte Architekt Karl Schartelmüller mit seiner Familie und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Victor Reiter lebte Dr. Erich Schlöss mit Familie, dem einige Kindheitserinnerungen zu Victor Reiter zu verdanken sind. Laut Schlöss war Victor Reiter von relativ kleiner Statur, ein agiler, „quirliger“ Mann, der sein Haus in der Künstlersiedlung in besonderer, wenn auch einfacher Weise ausgestaltete. Im hauseigenen Atelierraum, wo Reiter seit 1920 freiberuflich und ohne Mitarbeiter tätig war, durften sich auch die Kinder der Siedlung fallweise zum Spielen aufhalten. „Wohnen und Arbeiten, das ging da munter durcheinander.“ Im nördlichen Teil des Gartens legte er eine Kegelbahn an, besaß ein Voliere mit Wellensittichen und Halsbandfinken und ein Terrarium mit Smaragd-Eidechsen, Land- und Wasserschildkröten und einen kleinen Teich mit Wasserpflanzen. Den Erinnerungen von Frau Repolusk, der Tochter Victor Reiters und Frau des Architekten Prof. DI Hannes Repolusk zufolge kamen oft Schulklassen und Kinder aus dem Kindergarten, die diese Tiere bewundern konnten.

Wiewohl nicht mehr in der römisch-katholischen Kirche, trat er nach der austrofaschistischen Machtübernahme wieder ein. Das Überleben für freischaffende Architekten war in dieser Zeit sehr schwierig geworden und die Planungen für die Gemeinde Wien und auch die Genossenschaften waren zu Ende. 1938 wandte sich Reiter dem Nationalsozialismus zu. Im Zuge des Vordringens russischer Truppen setzte er sich im März/April 1945 mit seiner Familie in die Steiermark ab.

Aus einem persönlichen Briefkontakt mit Victor Reiters Tochter ist zu entnehmen, dass er während seiner Tätigkeit als freischaffender Architekt mehrere Einfamilienhäuser und Villen mit kompletter Einrichtung im In- und Ausland gebaut hatte, sowie zahlreiche Ausstellungsräume, Geschäftsportale und Gasthauseinrichtungen ausführte und an Umgestaltungen von Festsälen und diversen Sporteinrichtungen wie Turnhallen und Sportlehrerheim beteiligt war. Darüber hinaus wirkte er an mehreren Wettbewerben im In- und Ausland mit, die teilweise mit Preisen und Anerkennungen belohnt wurden.

Vor seiner Übersiedlung nach Graz war er zwölf Jahre technischer Konsulent der Siedlungs-Genossenschaft Altmannsdorf und Hetzendorf, Wien 12 und in dieser Funktion mitverantwortlich für den Bau von rund 1200 Siedlungshäuser. Victor Reiter ist 1973 in Graz im Alter von 79 Jahren gestorben.
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Stellenwert
Es ist erstaunlich, dass es von Victor Reiter, außer den Gemeindebauten, die er u.a. in Arbeitsgemeinschaft mit Wilhelm Rumler und Anton Valentin entwarf, keine Spuren in Bezug auf sein architektonisches Schaffen gibt, obwohl er sich offensichtlich mit den unterschiedlichsten Bauaufgaben beschäftigt hatte. Zahlreiche Sport- und Schuleinrichtungen zählten – neben den Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien in den Bezirken 12, 13 und 20 – in den 20er und 30er Jahren zu seinen bevorzugten Bauaufgaben.

Friedrich Achleitner zählt die Wohnhausanlage in Wien 13, Speisingerstraße 84-98 von 1928-1929 zu den interessantesten Beispielen kommunalen Wohnbaus, die auch Frankfurter oder Berliner Vergleiche nicht zu scheuen braucht. In der mit 99 Wohnungen ausgestatteten Anlage, die auf ehemaligem Gartenland gebaut und eine sehr günstige und geringe Verbauungsdichte aufweist, ist nicht der monumental konzipierte Block und der Torbau mit den lang, geschwungenen Balkonen zum Siedlungsteil „Lainz-Speising“ hin die eigentliche Leistung, sondern die Qualität des Baus beginnt sich erst richtig hinter der Toreinfahrt zu entfalten, wo es darum ging, die Übergänge zu den Kleingärten und Kleinhaussiedlungen zu artikulieren, ohne dabei ins Kleinstädtisch-Motivische abzugleiten. Die Wohnungen wurden in ein und zwei Stockwerke hohen Trakten geschaffen und in zwei Gruppen mit drei und sechs Siedlungshäusern errichtet. Besonders gelungen sind auch die architektonischen Details, wie die Verwendung von Klinker, und die Durchbildung ganzer Bauteile, wie der Aufbau der Treppentürme.

Auffallend durch ihre geschlossene, architektonisch sachliche Gestaltung ist die Wohnhausanlage in der Biraghigasse 38-42 in Wien-Hietzing von 1932-1933, die zu den hervorstechendsten Wohnhausanlagen im Bezirk zählt. Die Blockrandverbauung, auf einem gleichschenkeligen Dreiecks-Grundstück, wurde durch einen i-förmigen Baukörper in drei autonome Höfe geteilt. Durch die Abflachung der Spitze im Süden, sind an dieser Stelle keine ungünstigen Wohnungsanlagen entstanden. Dadurch entstand eine allseits symmetrische Grundrissfiguration, wobei sich Victor Reiter mit diesen einfachen Maßnahmen nicht zufrieden stellte und die zur Geschlossenheit neigenden Bauteile weiter aufbrach und an den verbleibenden Eckpunkten diese so gestaltete, dass jede Wohnung optimale Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse erhielt.

Eine imposante Anlage mit expressionistischer Fassadengestaltung ist das aus 88 Wohnungen bestehende wuchtige Bauwerk der Grossmann-Siedlung, Wien 20, Denisgasse 39-41 / Pappenheimgasse 4 von 1925-1926, welches seinen Namen dem kommunistischen Journalisten und Widerstandskämpfer Oskar Grossmann (1903-1944) verdankt. Das Sockelgeschoss mit spitzwinkeligen Fenstererkern, diversen Profilierungen und Gesimsbändern tritt sehr motivreich in Erscheinung. Auffallend ist das beinahe theatralisch wirkende dreieckige Eingangstor mit einem ebenso expressiv gestalteten Gitter, welches aus lauter kleinen dreieckigen Spitzen gebildet, wie ein Vorhang den Eingang versperrt.

In den Gemeindebauten zeigt sich generell die zur Sparsamkeit neigende Formensprache Victor Reiters. Die Architektur ist meist schmucklos und puristisch, jedoch nie klischeehaft modern, sondern von einer interessanten Eigenständigkeit, mit einer Tendenz zum Neuen Bauen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1924WHA d. Gem. Wien „Großmann-Hof“, Wien 20, Denisgasse 39-41 (mit W. Rummler und A. Valentin)
1928WHA d. Gem. Wien, Wien 13, Speisinger Straße 84-98
1929Siedlungen „Hermeswiese“und „Lainz-Speising“, Wien 13, Lynkeusgasse 29-31 (einzelne Bauabschnitte)
1930WHA d. Gem. Wien, Wien 12, Defreggerstraße 1a
um 1930WHA d. Gem. Wien, Wien 13, Wolkersbergenstraße 20-24
um 1930WHA d. Gem. Wien, Wien 14, Oeverseestraße
1932WHA d. Gem. Wien, 13, Biraghigasse 38-42
1943WHA. d. Gem. Wien, Wien 15, Mathias Schönerergasse 14-18
um 1945Familiensitz Max Wohlmut, Josipovic 22, Agram, Kroatien, HR
ab 1949WHA, Rosswiese, Graz, Stmk.
ab 1949Lehrer-Wohnhaus, Grassenberg, Stmk.
ab 1949WHA, Falkenhofgasse, Graz, Stmk.
ab 1949WHA BUWOG, Leibnitz, Stmk.
ab 1950WHA, Schleifbachgasse 35, Graz, Stmk.
ohne Datum:
WHA, Falkenhofgasse, Graz, Stmk.
WHA, Roßwiese, Graz, Stmk.
Lehrerwohnhaus, Grassenberg, Stmk.
Zweifamilienhaus Pfeiffer, Gösting, Stmk.
Einfamilienhaus, Ragnitz, Stmk.

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
um 1950:
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Bettentrakt, Marschallgasse 12, Graz, Stmk.
Amtshaus der Finanz-Landesregierung, Schmiedgasse 26, Graz, Stmk. (gemeinsam mit G. Reiter, Hafner)
Radrennbahn, Jauerburggasse, Graz, Stmk.
Unionsportanlage Hüttenbrennergasse-Körnerplatz, Graz, Stmk.
Sportanlage, Graz-Gösting, Stmk.
Sportanlage, Marienwiese, Graz, Stmk.
Sporthalle, Engelgasse 56, Graz, Stmk (gemeinsam mit G. Reiter, H. Repolusk)
ab 1950:
Zollamt und Wohngebäude, Bahnhofgürtel 57, Graz, Stmk.
Grenzlandbauten in Leutschach, Fehring, Mureck und St. Anna, Stmk.
Grenzzollamt Spielfeld, Stmk.
1951-1952Schulhotel Possenhofen, Bad Gleichenberg , Stmk. (Umbau, einschl. Möblierung)
1951-1952Kurhotel Possenhofen, Bad Gleichenberg, Stmk. (Zu-, Um- und Aufbau)
ab 1951Volksbank Köflach, Stmk.
ab 1955Landes-Krankenhaus Wagna, Leibnitz, Stmk., Pelzmannstraße 18 (gemeinsam mit F. Hodnik, letzte Umbauten bis 2001 durch K. Kada)
o.J.Schloss Hubertendorf, Küchentrakt-Zubau, Blindendorf, NÖ

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
o.J.Fabriks- und Büroumbau Stockfabrik Oswald Lindner, Wien

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1936Ausstellungsräume Österreichischer Künstlerbund Rosenhügel
o.J.Schloss Hubertendorf, Festsaalgestaltung, Blindenmarkt, NÖ (Auftrag des Unterrichtsministeriums)
o.J.diverse Gasthauseinrichtungen und Bierkellerlokale (u.a. für das Brauhaus der Stadt Wien)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
um 1920Stadtregulierung f. Trautenau, Böhmen, CZ
ohne Datum:
Stadtregulierung f. Gablonz, Böhmen, CZ
Stadtregulierung f. Agram, HR
Eskomte-Ges. Wien 1, Pflasterungs-Ornamentik (Wettbewerb, 3.Preis)
Siedlung Lainz (Wettbewerb, 2.Preis)
1921Josefinum (Wettbewerb)
1921Kurhaus Tobelbad bei Graz, Stmk. (Wettbewerb)
1921Krematorium Zentralfriedhof (Wettbewerb)
1923Umbau Personenbahnhof Linz, OÖ (Wettbewerb)
1923Lenin-Denkmal (Wettbewerb)
1924Innsbrucker Bahnhof (Wettbewerb)
1935Denkmal der Arbeit (Wettbewerb)
1936Kaiser Franz Josef Denkmal (Wettbewerb)
1936Österreichpavillon Weltausstellung, Paris (Wettbewerb)
1937Ausbau des Messegeländes, Wien 2 (Wettbewerb)
1957Turnhalle und Freibad, Graz (Wettbewerb, 3.Preis)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Achleitner-Archiv; Archiv der ABK
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Sekundärquellen

LITERATUR:
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde. Wien 1999-2000

HINWEISE AUF WERKE:
der aufbau
12.1957, Nr.6, S.234ff (Turnhalle und Freibad in Graz, Wettbewerb 3. Preis)
35.1980, Nr.12,S.405ff (Siedlung Hermesvilla III, Wien 13)

Der Bau
4.1949, 1.Sonderheft, S.21ff (Einfamilienhaus)
8.1953, H.1/2, S.9 (Umbau Schulhotel Possenhofen)

Österreichische Kunst
7.1936, H.9, S.8 (Ferienhaus)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. II; Achl. III/1; Achl. III/2
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)
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Persönliche Mitteilungen
Ein Großteil der Informationen (Gebäudeangaben, familiäres Umfeld) ist der Tochter Victor Reiters, Frau Annemarie Repolusk, Frau des verstorbenen Architekten Prof. D.I. Hannes Repolusk, zu verdanken, die im Besitz des Nachlasses ist.
Schriftliche Informationen zur Biographie stammen von Dr. Erich Schlöss (persönliche Erinnerungen über das Leben in der Küntlersiedlung Rosenhügel)
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Anmerkungen
Eingegeben von: Petra Schumann
Eingegeben am: 01.05.2006
Zuletzt geändert: 18.08.2008
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