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Karl Gangolf Kayser

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 12.02.1837 - † 02.09.1895
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
damaliger Name: Inzersdorf
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Titel: Oberbaurat
weitere Namen: Karl Borromäus Kaiser
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Karl. K. (ca.1810-1871), Stukkaturermeister
Mutter: Anna geb. Seitzer (ca.1813-1877)
Ehe (1863) mit Maria Bayer (1843-1914), Trauzeuge Friedrich Schmidt
1869 Scheidung
Kinder: Katharina Marianne (*1864), verehel. Pierus; Ernst (1868-1941), als dessen tatsächlicher Vater wurde der Arch. Hugo Ernst (1840-1930), 1884 3.Ehemann von Maria Bayer gerichtl. festgestellt
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1851-1857Akademie der bildenden Künste Wien (Malerei bei Carl Blass, Bildhauerei bei Franz Bauer)
1856Inskripition an der Bildhauerschule der Akademie der bildenden Künste München (bei Max v.Widnmann)
Nach dem Studium Reisen durch Europa, Mittel- und Nordamerika
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
um 1860Mitarbeiter bzw. nicht an der Akademie inskribierter Schüler von Friedrich Schmidt
1861-1864Mitarbeiter von Ludwig Förster und Theophil Hansen (Ausstattung des Palais Todesco, Wien 1)
1864-1867 „Hofarchitekt“ Kaiser Maximilians in Mexiko
1867-1895Selbständige Tätigkeit
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Mitgliedschaften
o.J.Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens ?
o.J.Aquarellistenclub der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
o.J.Künstlerhaus-Kegel-Club
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Vita
Karl Borromäus Kaiser - so sein bürgerlicher Name, den Künstlernamen Carl Gangolf Kayser legte er sich erst später zu - wurde 1837 als Sohn eines Kunsthandwerkers geboren. Über Kaysers Ausbildungsweg liegen nur spärliche Informationen vor. Er erhielt zunächst in Wien, vielleicht auch in München eine Ausbildung als Maler und Bildhauer und scheint dann bei Friedrich Schmidt in der Liste der nicht inskribierten Schüler bzw. Mitarbeiter auf. Kaysers künstlerische Sozialisation im Kreis Friedrich Schmidts scheint für seine spätere Laufbahn von großer Bedeutung gewesen zu sein und lässt sich gut mit seinem späteren Oeuvre in Einklang bringen. Schmidt besaß eine führende Stellung bei Restaurierungsprojekten zunächst von Sakralbauten, ab den 1860er Jahren dann auch in zunehmendem Maß von Burgen und Schlössern. Kaysers Werk setzt sich im Wesentlichen aus Restaurierung, Rekonstruktion und Wiederaufbau hochadeliger Paläste, Burgen und Schlösser in Wien, Niederösterreich, Böhmen und Mähren zusammen.

Während seiner Stellung als Hofarchitekt Maximilians von Mexiko plante Kayser zunächst den Umbau des Nationalpalasts in Mexico City (1866), wo er sich zum ersten Mal in seiner Laufbahn mit historischer Bausubstanz auseinander zu setzen hatte. Dieses Projekt blieb jedoch ebenso Papier wie der Umbau des ehemals vizeköniglichen Schlosses Chapultepec, der neuen Residenz des Kaisers, und Privathäuser für Mitglieder des kaiserlichen Hofes. Nicht datiert, jedoch in die mexikanische Zeit einzuordnen sind Entwürfe für die Casa Cortez, eine Kirche in New Orleans (USA) und die Restaurierung des kaiserlichen Lustschlosses Tehuantepec.

Nach der Hinrichtung Kaiser Maximilians im Jahr 1867 kehrte Kayser nach Wien zurück, wo er auch weiterhin fast ausschließlich für hochadelige Auftraggeber arbeiten sollte. Zunächst befasste er sich mit der Ausgestaltung von Interieurs und stand in - nicht genauer dokumentierten - Diensten der Grafen Nakos, Hoyos und Mallmann. Seine erste bekannte eigenständige Wiener Arbeit ist die Umgestaltung der Interieurs des Palais Daun-Kinsky auf der Freyung. Die bis heute nachvollziehbare künstlerische Leistung Kaysers liegt in den von Rudolf Weyr nach seinen Entwürfen ausgeführten Stuckplafonds.

Von der Mitte der 70er Jahre an bis zu seinem Tod war Kayser fast ausschließlich mit Burgenrestaurierungen und -rekonstruktionen beschäftigt. Ab 1874 leitete er für Graf Wilczek den Wiederaufbau von Burg Kreuzenstein bei Korneuburg, die sein Hauptwerk darstellt. Seit 1878 „rekonstruierte“ er im Auftrag des Fürsten Khevenhüller Burg Hardegg, ab 1884 betreute Kayser für Fürst Johann II. auch den Ausbau der Veste Liechtenstein in Mödling. Seit 1886 restaurierte er für denselben Auftraggeber Schloss Sternberg im heutigen Tschechien. Die Restaurierung des Palais Auersperg in der Josefstadt zeigt, dass Kayser nicht nur über umfassende Kenntnisse mittelalterlichen Architektur verfügte, sondern dass er auch mit barocker Bausubstanz umzugehen wusste.

Gegen Ende seines Lebens befand sich Kayser - trotz der Großaufträge für Wilczek, Khevenhüller und Liechtenstein - in ernstlichen finanziellen Nöten und wandte sich im Sommer 1893 in einem Brief „verzweifelt“ an die Vertraute des Kaisers, Katharina Schratt, damit sie bei Franz Josef ein gutes Wort für ihn einlege.
Kayser verstarb im 58. Lebensjahr in der „Heilanstalt des Dr. Fries“ in Inzersdorf. Die begonnenen Projekte wurden zur Gänze von Humbert Walcher von Molthein übernommen, der noch bis in die späten 1920er Jahre Kaysers architektonische Praxis kontinuierlich fortführte.
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Stellenwert
Carl Gangolf Kaysers Projekte und Realisierungen zwischen 1864 und 1895 weisen ihn als Vertreter des Späthistorismus aus, wobei für die Epoche „klassische“ Bauaufgaben wie Wohn- und Geschäftsbauten in seinem Werk fast zur Gänze fehlen. Bemerkenswert ist die Abwesenheit bürgerlicher Auftraggeber, für die er lediglich zu Beginn seines Schaffens Interieurgestaltungen vornahm. Zeit seines Lebens war Kayser nur für hoch- und höchstrangige Auftraggeber tätig, deren verfallene Stammburgen und Familiensitze er restaurierte oder wieder errichtete.

Burg Kreuzenstein, im Wesentlichen ein Neubau, muss als sein Hauptwerk angesehen werden, einerseits, weil der Bau in seiner - vom Auftraggeber wesentlich mitbestimmten - architektonischen und inhaltlichen Komplexität eines der bemerkenswertesten Zeugnisse aristokratischen Mäzenatentums im späten 19.Jh. darstellt, andererseits, weil Kayser ausgehend von Kreuzenstein (vermittelt wohl durch den Bauherrn) mehrere vergleichbare Projekte realisieren konnte, die ihn zu einem „Spezialisten“ für den historisierenden Wiederaufbau mittelalterlicher Burgen machten.

Kayser verfügte aber nicht nur über umfassende Kenntnisse mittelalterlicher Architektur, die Restaurierung des Palais Auersperg in Wien weist ihn auch als Vertreter des Neobarock aus.

Kaysers Umgang mit dem vorgefundenen historischen Material zeigt den Architekten im Spannungsfeld zwischen Historismus und Denkmalpflege, der historische Schichten im Bauwerk sowohl freilegt als auch interpretiert, rekonstruiert und imaginiert.

Kayser ist so - nicht zuletzt im Zusammenhang seiner Auftraggeber - weniger als eigenständiges künstlerisches Individuum fassbar, als vielmehr in einen breiteren kulturellen und auch architekturhistorischen Kontext einzufügen, in dem das Berufen auf Historizität, auf Traditionslinien eine wesentliche Rolle spielte. Die von Kayser realisierten Projekte spiegeln eindrücklich die soziale, politische und ideologische Position des Hochadels am Ende des 19.Jh.s.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1864-1867Kaiserliches Lustschloss Tehuantepec, Mexico (Restaurierung)
1874-1895Burg Kreuzenstein bei Korneuburg, NÖ (Wiederaufbau im Auftrag von Johann Nepomuk Graf Wilczek)
1878-1895Burg Hardegg, NÖ (Wiederaufbau im Auftrag des Fürsten Khevenhüller)
1884-1895Burg Liechtenstein bei Mödling, NÖ (Wiederaufbau im Auftrag von Fürst Johann II. von Liechtenstein)
1885-1887Palais Auersperg, Wien 8, Auerspergstraße 1 (Umbau)
1886Schloss Sternberg, Mähren / Moravsky Sternberk, CZ (Restaurierung und Umbau im Auftrag Fürst Johann II. von Liechtenstein)
1886Schloss Moosham im Lungau, Szb. (Restaurierung im Auftrag von Johann Nepomuk Graf Wilczek)
o.J.Restaurierung des Schlosses Seebarn bei Korneuburg, NÖ (im Auftrag von Johann Nepomuk Graf Wilczek)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1879-1884Grabkapelle der Familie Montenuovo in Bóly / Németbóly, Komitat Baranya, H

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1861-1863Ausstattung des Palais Todesco, Wien 1, Kärntnerstraße 51 (Interieurs im Stil der „deutschen“ Renaissance)
1872-1873Palais Württemberg, Wien 1, Kärntner Ring 16 (Adaptierung, gemeinsam mit Ludwig Tischler, heute Hotel Imperial)
1874fPalais Daun-Kinsky, Wien 1, Freyung 4 (Adaptierung)
1874Wohnung Rudolf Auspitz, Wien 1, Löwelstraße 22 (Zuschreibung fraglich, zerstört)
um 1900Adaptierung eines Wiener Palais der Familie Liechtenstein (vermutlich Gartenpalais in der Rossau, Wien 9, Fürstengasse 1)
o.J.Ausstattung eines Saales in Schloss Margarethen am Moos (NÖ)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1866Umbau des Nationalpalasts in Mexico City
1866Umgestaltung des Vizeköniglichen Palasts in Chapultepec, Mexiko
o.J.Zwei Kirchenprojekte für New Orleans, USA
o.J.Projekt für den Ausbau von Schloss Miramare bei Triest, Italien
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Pläne für Projekte in Mexiko in den Archiven des astronomischen Observatoriums Mexico City; ein umfangreiches Konvolut von Zeichnungen 2003 in Wiener Privatbesitz; Pläne zum Wiederaufbau von Burg Kreuzenstein vermutlich im dortigen Archiv (1979 noch nachweisbar); Zeichnungen zu Projekten in Mexiko in den 1990er Jahren im Wiener Kunsthandel
Matrikenarchive der Pfarren St.Augustin Wien 1; Landstraße Wien 3: Wieden Wien 4; Gumpendorf Wien 6; Inzersdorf Wien 10 und Kaltenleutgeben NÖ; WStLA (Todesfallsaufnahme, Verlassenschaftsabhandlung, Testament; Archiv der ABK; Archiv der Akad.d.bild.Künste München; Archiv Adler
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Sekundärquellen

LITERATUR:
K. Eggert: Der Wohnbau der Ringstraße im Historismus. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße, Bd.7. Wiesbaden 1976
K. Eggert: Hans Graf Wilczek und sein Werk. In: alte und moderne kunst 156, 23.1978, S.24ff
M. Drewes: Projekte Carl Gangolf Kaysers für Kaiser Maximilian von Mexico. In: Arx 3-4, 1980, S.3ff
G. Frodl (Hrsg.): Gesch. d. bild. Kunst in Österreich, 19.Jh., Bd.5. München u.a. 2002
A. Nierhaus: Rekonstruiertes Mittelalter. Der Wiederaufbau von Burg Kreuzenstein 1874-1906, Phil. Dipl.Arb. (Ms.). Wien 2002 (mit Werkverzeichnis und weiterführender Literatur)
E. Vancsa: Zu Carl Gangolf Kayser. Ein Wiener Architekt des Späthistorismus. In: Arx 3-4, 1980, S.11ff

HINWEISE AUF WERKE:
WBIZ
12.1895, T.4 (Fassade Palais Auersperg)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio 1 - I. Bezirk; Dehio 2 - II.-IX. u. XX. Bezirk; Dehio NÖ/Nord

LEXIKA:
ThB
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Anmerkungen
Eingegeben von: Andreas Nierhaus/Helmut Scharsching (biograph. Ergänzungen)
Eingegeben am: 01.05.2005
Zuletzt geändert: 18.08.2008
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