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Gottlieb Michal

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 06.02.1886 - † 12.07.1970
Geschlecht: m
Geburtsort: Vimperk
damaliger Name: Winterberg i. Böhmerwald, Böhmen
Land: Tschechien
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
Titel: Oberbaurat
weitere Namen: Michael Gottlieb
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Gottlieb Michal, Beamter
Mutter: Barbara M.
Ehe mit Rosalia M.
2 Töchter
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1907Matura an Höheren Staatsgewerbeschule, Pilsen, Böhmen / Plzen, CZ
1907-1908Baupraxis
1908-1910Akademie der bildenden Künste Wien (bei Otto Wagner)
1910-1911ein Jahr Unterbrechung
1911-1913Akademie der bildenden Künste (bei Otto Wagner, 1913 Diplom)
1919-1920a.o.Hörer an der Technischen Universität Wien (Statik bei Rudolf Saliger)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1913beamteter Architekt im Wiener Stadtbauamt (mit Unterbrechung wegen Auslandstätigkeit)
1914-1918im Ersten Weltkrieg Oberleutnant und Baukompanie-Kommandant in Bosnien
ab 1918Fortsetzung der Planungstätigkeit im Wr.Stadtbauamt
ab 1920eigenes Atelier in Wien-Hietzing
ab 1924Bautätigkeit für Wr.Messe AG
1928-1930Ausstellungsarchitekt in Dresden
1936Oberbaurat der Stadt Wien
ab 1945Vorsitzender der Wr.Stadtplanung (u.a. Stadtbildpflege u. Wiederaufbau gem. mit Oberbaurat Konstantin Peller)
1948Befugnis der Architekten-Kammer
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Auszeichnungen und Ämter
1937Grand Prix, Weltausstellung Paris
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Mitgliedschaften
1919Wiener Bauhütte
o.J.aktives Mitglied der Gesellschaft für Denkmalpflege
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Vita
Gottlieb Michal, Sohn eines Beamten, wurde 1886 in Winterberg im Böhmerwald geboren. Er besuchte in Pilsen die Höhere Staatsgewerbeschule, Richtung Baufach, die er mit der Matura abschloss. Daran anschließend begann er praktisch zu arbeiten, entschied sich aber nach einem Jahr, in Wien an der Akademie der bildenden Künste weiter zu studieren und wurde in die Meisterschule Otto Wagners aufgenommen. Strebsam, tüchtig und im technischen Bereich fertig ausgebildet, war er bereits neben dem Studium mit der Errichtung von Bauten befasst. Diese Bautätigkeit war aber offensichtlich so umfangreich, dass er seine Studien für ein Jahr unterbrach. Er nahm sie dann aber wieder auf, um sie mit dem Diplom abzuschließen.

Noch im Jahr seines Studienabschlusses trat Michal in das Wiener Stadtbauamt ein. Ein Jahr später brach der Erste Weltkrieg aus und er wurde zum Militärdienst eingezogen, brachte es bis zum Oberleutnant und war als Kommandant einer Baukompanie in Bosnien eingesetzt, u.a. auch beim Straßenbau. Nach Kriegsende nahm Michal seine Tätigkeit im Wiener Stadtbauamt wieder auf, bildete sich daneben an der Technischen Universität weiter, und betrieb ab 1920 auch ein eigenes Atelier. Für die Gemeinde Wien war er vor allem mit der Planung großer Wohnhausanlagen befasst. Michal war aber auch ein erfolgreicher Gestalter vieler Ausstellungen, sowohl im Inland wie im Ausland, und als solcher für die Wiener Messe AG tätig. Vom deutschen Architekten Wilhelm Kreis wurde er für die Innenraumgestaltung von dessen neuem Hygiene-Museum nach Dresden berufen, wo man ihn dann auch mit der Einrichtung der internationalen Hygiene-Ausstellung betraute. Das Stadtbauamt hatte ihn für diese Arbeiten freigestellt. 1936 wurde er zum Oberbaurat ernannt, im Jahr darauf erhielt er einen „Grand Prix“ für die Exposition der Stadt Wien auf der Pariser Weltausstellung und war auch weiterhin als Chefarchitekt bei verschiedenen Ausstellungen eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er (gemeinsam mit Oberbaurat Konstantin Peller) Vorsitzender der Wiener Stadtplanung, die auch für den Wiederaufbau zuständig war. Michal errichtete ebenfalls wieder einige Wohnhausanlagen sowohl für das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, wie auch für die Gemeinde Wien.

Gottlieb Michal verstarb 84-jährig in Wien und wurde am Friedhof Ober-St.Veit beigesetzt.
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Stellenwert
Die Bauten, die Gottlieb Michal noch während seiner Studienzeit errichtete, weisen eine konventionelle Fassadengestaltung mit einem Dekor aus klassizierenden Schmuckmotiven auf, in denen das secessionistische Formempfinden teilweise noch nachklingt (Wien 3, Klimschgasse 6, 1909). Völlig anders dagegen der Bau, den er nach Abschluss des Studiums entworfen hatte (Wien 2, Praterstraße 48, 1913). Das Haus sollte als Wohn- und Geschäftshaus mit Werkstätte eine Mehrfachfunktion erfüllen. Über dem zweigeschossigen Geschäftssockel mit weiter Auslagenöffnung, flankiert von schmäleren Eingängen, erhebt sich eine strenge, gekachelte Fassade mit in regelmäßigen Abständen gesetzten Fenstern. Durchlaufende Gitterbalkone trennen sie von Sockel- und Attikageschoß. In den Geschossen sind die zarten Balkone versetzt angeordnet und geben der Fassade eine „filigrane Körperlichkeit“ (Achleitner). In der Auseinandersetzung mit den von Otto Wagner propagierten Gestaltungsprinzipien, aber auch in Orientierung an Geschäftsbauten Max Fabianis gelang es Michal bei diesem Gebäude, eine eigenständige Formensprache zu entwickeln.

Ganz andere gestalterische Formen und Motive weisen die frühen von Michal geschaffenen Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien auf („Schumeier-Hof“, Wien 16, Pfenninggeldgasse 6-12, und „Forstner-Hof“, Wien 15, Alliogasse 27-33, beide 1924). Die hohe, große Gartenhöfe umschließende Randverbauung wird von mannigfachen und detailreichen Bauelemente aufgelockert. Die runden, eckigen oder polygonalen Erker, verglasten Loggien, breiten Gesimsstreifen, verschiedene Dachaufbauten und eine niveaubedingte Höhenstaffelung geben ihnen ein bewegtes und abwechslungsreiches Bild von romantisierendem Charakter. Die Gestaltung der Gartenhöfe mit Terrassen und Treppen, mit der der Höhenunterschied phantasievoll überwunden wurde, vervollständigt diesen Eindruck. Die vielfältigen Gemeinschaftseinrichtungen und die Abgeschlossenheit nach außen (die Zugänge zu den Stiegenhäusern liegen im Hofbereich) machten diese Wohnhausanlagen zur selbständigen Einheit innerhalb der städtischen Umgebung.

Eine wesentlich nüchternere Formensprache und Formgebung weisen dann die in den 30er Jahren errichteten Bauten auf. Michals eigenes Haus (Wien 13, Gobergasse 7, 1933) ist ein glatter kubischer Bau mit individuell vorspringenden Teilen, die die Anlage von Balkonen und einer Terrasse ermöglichten. Die völlig glatten Fassaden der Wohnhausanlage „Austerlitz-Hof“ (Wien 16, Maroltingergasse 78-82, 1933) lassen sie nach außen fast abweisend wirken, nur zum begrünten Hof hin öffnet sich der Bau mit Balkongruppen. Diese Tendenz zur sachlichen, zweckmäßigen Form beherrscht dann auch die Bauten, die Michal in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete. Die glatten Mauerflächen mit additiv gesetzten Fenstern werden teilweise durch erkerartige Mauerkuben rhythmisiert und lediglich durch punktuell angebrachte Sgrafitto- oder Mosaikbilder geschmückt.

Gottlieb Michals Bauten spiegeln den Wandel, den die stilistische Entwicklung in der 1.Hälfte des 20.Jahrhunderts im Bauen nahm, beispielhaft wider.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1909Miethaus, Wien 3, Klimschgasse 6
1911Miethaus, Wien 6, Gumpendorfer Straße 109
1913-1914Miethaus, Wien 2, Praterstraße 48
1923-1924WHA d. Gem.Wien „Franz Schumeier-Hof“, Wien 16, Pfenninggeldgasse 6-12 / Koppstraße 100-108 / Possingergasse 63-65 (mit Karl Schmalhofer, Nr.8-12 durch Aufzuganbauten verändert)
1924WHA d. Gem.Wien „Forstner-Hof“ (Teil 1), Wien 15, Alliogasse 27-33 / Camillo Sitte-Gasse 12-18 / Hagengasse 11 / Walkürengasse
1926-1927WHA d. Gem.Wien „Forstner-Hof“ (Teil 2), Wien 15, Alliogasse 24-2 / Giselhergasse 6 / Hagengasse 7-96
1931-1933Einfamilienhäuser, Wien 13, Gobergasse 7 und 9 (Nr. 9 leicht verändert)
1932-1933WHA d. Gem.Wien „Austerlitz-Hof“, Wien 16, Hasnerstraße 147-153 / Lorenz Mandl-Gasse 51-53 / Maroltingerstraße 78-80
1950WHA d. Gem.Wien, Wien 20, Burghardtgasse 4, 6 und 8
1957-1959Wohnhaus, Wien 9, Liechtensteinstraße 131-133
1957-1959Wohnhaus, Wien 19, Hutweidengasse 23-27
1957-1959Wohnhaus, Wien 19, Saileräckergasse 44-46 / Flotowgasse 1 (mit DI Otmar Sladek)

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1923Gartenbau-Siedlungs-Ausstellung, Wien
1925-1926Wiener Hygiene-Ausstellung, Wien 7, ehem. Messepalast
1926Österreich-Haus auf der Gesolei-Hygiene-Ausstellung, Düsseldorf
um 1928„Wien und die Wiener“, Ausstellung in Wien
1928Internationale Ausstellung „Die Ernährung“, Berlin
1928-31Interieur des Deutschen Hygiene-Museums und der internat. Hygiene-Ausstellung, Dresden
1937Ehrenraum d. Stadt Wien bei Weltausstellung Paris
1940Wien-Beitrag „Ostmark-Ausstellung“, Frankfurt/Main
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
WrStLA Archiv; Archiv der ABK; TUWA; Archiv der KAIK
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Amt, Macht, Stadt. Wien 1999
A. Graf: Die vergessene Wagnerschule. Wien 1969
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien 1980
Kommunaler Wohnbau in Wien. Aufbruch 1923-1934, Ausstrahlung (Ausst.Kat.) Wien 1978
Das neue Wien. Städtewerk. (Hg. Gemeinde Wien) Wien 1926-1928
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
M. Pozzetto: Die Schule Otto Wagner: 1894-1912. München 1980
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002 (1985)
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde Wien 1996-1998

HINWEISE AUF WERKE:
Zeitschrift d. Baumeister Österreichs
13.1926, Nr.15 (Wohnanlage d. Gem. Wien 16, Pfenninggeldgasse)

Österr. Bau- und Werkkunst
1.1924-1925, S.182 (Wien 16, Pfenninggeldgasse Nr. 6-6a, heute durch Aufzugsvorbauten verändert)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/1
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.)
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
Biographisches Lexikon der böhmischen Länder. 4 Bde Wien 1979ff
Weihsmann 05
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Anmerkungen
Eingegeben von: Jutta Brandstetter
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 08.04.2008
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