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Hippolyte Destailleur

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Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 27.09.1822 - † 17.11.1893
Geschlecht: m
Geburtsort: Paris
Land: Frankreich
Sterbeort: Paris
Land: Frankreich
weitere Namen: Hippoliyte-Alexandre-Gabriel-Walter D.
Religionsbekenntnis: unbekannt
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: François-Hippolyte D. (1787-1852), Architekt
Schwestern: Hélène-Charlotte-Juliette de Bourge, Malerin und Emma Leroux de Lincy, Malerin
Bruder: Henri-Prosper-Alfred D., Maler
Sohn: Walter-André D., Architekt
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1842École des Beaux Arts Paris (bei Achille Leclère)
ab 1843Praxisjahre im Atelier des Vaters, Paris
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1852Übernahme des Ateliers des Vaters
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Auszeichnungen und Ämter
1846Sousinspecteur des travaux de la Ville de Paris
1878Ritter der Ehrenlegion
1890Med. de l’archit. priv. der Societé centrale
1852Architekt des Justizministeriums, der Imprimerie nat. und des Hôtel des Monnaies als Nachfolger seines Vaters
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Mitgliedschaften
o.J.ABA , Abteilung Architektur (1885 und 1894 Präsident)
o.J.Fond. Taylor
o.J.Caisse de défense mutuelle des architectes
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Vita
Hippolyte Destailleur entstammte einer Künstler- und Architektenfamilie. Sein Vater, François-Hippolyte, hatte seine Ausbildung als Schüler von Charles Percier an der École des Beaux-Arts in Paris erhalten, die Destailleur ebenfalls besuchte. Allerdings war er schon nach dem ersten Studienjahr im Atelier des Vaters tätig, das er mitsamt einem Teil der Kunden nach dessen Tod übernahm.

Ab 1854 konzipierte Destailleur die Erweiterung und Ausstattung des Hotels d’Haussonville in Paris, im Städtebau reüssierte er bereits 1861 mit der Planung des Durchbruchs der rue François Ier (8. Arr.), widmete sich aber zeitlebens hauptsächlich dem noblen Privatbau in ganz Europa. Destailleurs Können im Umgang mit älterer Bausubstanz bewährte sich erstmals in den Jahren 1865-66 mit der Entkernung und inneren Neugestaltung des von Jacques Félix Duban 1835-36 erbauten Hôtel Pourtalès in Paris.

Ab 1872 restaurierte Destailleur Schloss Pless in Schlesien für Fürst Hans Heinrich XI. von Pless (heute Pszczyna, PL), im selben Jahr begannen die Planungen für das Pless’sche Palais in Berlin (Wilhelmstraße 78, zerstört). 1879 verkaufte Destailleur seine über Jahrzehnte aufgebaute Sammlung von Handzeichnungen und Ornamentstichen dem Deutschen Gewerbe-Museum in Berlin. 1890 erwarb das Cabinet des Estampes der Bibliothèque Nationale in Paris Zeichnungen, Graphiken und Bücher aus dem Besitz Destailleurs.

Nach dem Sturz Napoleons III. plante Destailleur umfangreiche Bauten für den exilierten Kaiser in Farnborough/Hants (GB): 1881 die Grabkapelle für Napoleon III. und die kaiserlichen Prinzen, 1881-86 das Schloss für Kaiserin Eugénie und 1883-88 St.Michael’s Abbey.

Planungen von 1883 zu einem großen Schloss außerhalb Berlins für den Prinzen Friedrich Carl von Preußen blieben Papier.

Noch von Destailleurs Vater war der Kontakt zum Wiener Zweig der Familie Rothschild hergestellt worden, für deren Oberhaupt Salomon de Rothschild 1842-55 die Ausstattung des Schlosses Schillersdorf in Mähren ausgeführt wurde. 1876 erging der Auftrag zum Bau des Palais Rothschild in der Wiener Heugasse (heute Prinz Eugen-Straße), Wien 4 (für Albert de Rothschild). Ab 1880 plante Destailleur für Alberts Bruder Ferdinand de Rothschild das Landschloss Waddesdon Manor in England.
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Stellenwert
Destailleurs Schaffen ist in der französischen Architektur des 19.Jh.s verankert, der Großteil seiner Schlösser und Hôtels wurde in Frankreich realisiert. Seine Bedeutung für die Wiener Architektur der zweiten Jahrhunderthälfte wurde bisher weitgehend unterschätzt. Dabei gehörte das Palais für Baron Albert de Rothschild in Wien 4, Prinz Eugen-Straße 20 zur Zeit seiner Errichtung zu den spektakulärsten und aufwändigsten Privatbauten Wiens. Das Palais, nach der Vertreibung der Familie Rothschild 1938 vom Deutschen Reich beschlagnahmt, wurde während des Zweiten Weltkriegs nur leicht beschädigt. In einem Vandalenakt wurde der seit 1945 vernachlässigte Bau im Jahr 1955 abgetragen, wodurch neben der Erinnerung an die Familie Rothschild in Wien auch die an den Architekten Destailleur verblasste.

Als man Mitte der 1870er Jahre mit dem Bau des Palais begann, wurde die Architektur des Barock in Wien noch als „regellos“ verachtet - es dominierte die von Theophil Hansen und seinem Kreis getragene „griechische Renaissance“. Sowohl der Stil - Louis quatorze und Louis quinze - als auch das Baumaterial - die Fassaden waren durchgehend in Haustein ausgeführt - und die schieren Dimensionen des Palastes waren in der Wiener Architektur neu. Die Formensprache stellte in ihrer Rückbesinnung auf das „ancien regime“ einen eindeutigen Import aus Frankreich dar; der Bauherr strebte damit sicherlich eine Abgrenzung von den Palais seiner Standesgenossen an der Ringstraße an. In der Anwendung „barocker“ Formen - vor allem in den verschwenderisch ausgestatteten Interieurs des Palastes - aber wurde das Palais Rothschild insofern vorbildhaft, als wenig später auch das Bauen im Stil des heimischen Barock modern werden sollte. 1879 bezeichnete ein Kunstkritiker das Palais in einem Presse-Feuilleton als vorbildlich für eine barocke Erneuerung der Wiener Architektur.

Obwohl Destailleur zu den meistbeschäftigten und - was seine Auftraggeber und Bauten anbelangt - hochrangigsten Architekten Frankreichs in der zweiten Hälfte des 19.Jh.s zu zählen ist, ist sein Werk heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Die in der Literatur vermerkten Angaben über sein Werk sind widersprüchlich und entbehren bis heute einer genauen Prüfung. Eine monographische Bearbeitung seines Oeuvres steht ebenso aus wie eine genaue Untersuchung speziell seines Wiener Schaffens.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1856Hôtel d’Haussonville, 41, Rue Saint-Dominique, Paris
1856-1861Restaurierung des Schlosses in Mouchy-le-chatel/Oise, F
1859-1860Hôtel Biron, 77, rue de Varenne, Paris
1865-1873Hôtel Pourtalès, 7, Rue Tronchet, Paris (Restaurierung)
1866Wohnhaus für Monsieur Cramail, 176, boulevard Haussmann, Paris
1866-1867Hôtel de Béhague, 123, rue Saint-Dominique, Paris
1867-1874Hôtel de Mouchy, Boulevard de Courcelles, Paris
1868Hôtel de Noailles, 60, Boulevard de La Tour-Maubourg, Paris
1870Schloss Pless, Schlesien / Pszctyna, PL (Umbau und Neugestaltung des Inneren)
1871-1878Palais Fürst Hans Heinrich XI. von Pless, Berlin Mitte, Wilhelmstraße 78 (um 1910 zerstört)
1872Hôtel de Béhague, 21, Avenue Bosquet, Paris
1874Waddesdon Manor, GB (Bauherr Baron Ferdinand de Rothschild)
1875Restaurierung des Schlosses für Alfred Sommier, Vaux-le-vicomte/Seine-et-Marne, F
1876-1884Palais Baron Albert de Rothschild, Wien 4, Prinz Eugen-Straße 20 (1960 abgerissen, heute Kammer für Arbeiter und Angestellte)
1877Hôtel für Monsieur Cramail, 60, boulevard de la Tour-Mauburg, Paris
1880Hôtel Cahen d'anvers, Rue de Bassano, Paris
1881-1886Farnborough Castle, GB (Bauherrin Kaiserin Eugénie)
1887-1893Chateau de la Triboulette für Baron Eugène Roger, Vouzeron/Cher, F
o.J.Schloss des Herzogs von Massa, Franconville/Val-d'Oise, F (nach dem Vorbild von Maison-Laffitte von F. Mansart)
o.J.Restaurierung des Schlosses für Baron de Haber, Courances/Essonne
o.J.Restaurierung des Schlosses in Maintenon/Eure-et-Loir

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1873Tribünen der Pferderennbahn, Auteuil/Hauts-de-Seine, F
1878-1881Basilika Ste-Clothilde, Chapelle des Catéchismes, Paris

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1883Planung für ein großes Schloss außerhalb Berlins für Prinz Friedrich Carl von Preußen
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
H. Destailleur: Notices sur quelques artistes francais, architectes, dessinateurs, graveurs du XVIe au XVIIIe siecle. Paris 1863
H. Destailleur: Inventaire de la collection des dessins sur Paris formee par M.H.Destailleur et acquise par la Bibliotheque Nationale. Paris 1891
H. Destailleur: Bibliotheque nationale. Departement des estampes Inventaire de la Collection de dessins sur les departements de la France. Paris 1897

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Sammlung Destailleur (Handzeichnungen und Ornamentstiche) in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen Berlin
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Anonym: Architektonische Spaziergänge II, in: Neue Freie Presse, Lokalanzeige, 6.12.1879
E. Berckenhagen (Hrsg.): Die französischen Zeichnungen der Kunstbibliothek Berlin. Berlin 1970
W. Cilleßen: „Die unsichtbare Sammlung“. Die Sammlung und das Werk des Pariser Architekten Hippolyte Destailleur (1822-1893) in der Kunstbibliothek. Zur Entstehung der Ornamentstichsammlung und der Sammlung der Handzeichnungen. In: Bernd Evers (Hrsg.): Kunst in der Bibliothek. Zur Geschichte der Kunstbibliothek und ihrer Sammlungen. (Ausst.Kat.) Berlin 1994, S.43ff
W. Cilleßen: Das Palais Pless und das Palais Borsig. Zwei Bauten der Gründerzeit in der Berliner Wilhelmstraße. In: Jahrbuch der Berliner Museen 36.1994, S.217ff
V. v. Fritsche: Bilder aus dem österreichischen Hof- und Gesellschaftsleben. Wien 1914
E. Haider: Verlorenes Wien. Adelspaläste vergangener Tage. Wien/Köln/Graz 1984
G. Hajos: Das Wiener Belvedereviertel - Ein Versuchsfeld verschiedener Baustile. In: Mitteilungen der Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung 27.1974, S.1ff
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s, 2.Bd. Wien 1906
Le parisien chez lui au XIXe siècle. (Ausst.Kat.) Paris 1976, S.62
H. Mielke u.a.: Fünf Architekten aus fünf Jahrhunderten. (Ausst.Kat.) Berlin 1976
A. Nierhaus: Spolie - Zitat - Kopie. Konstruktionen von „Geschichte“ in der Architektur des Neobarock [Palais Rothschild, Wien]. In: Akten des Barock-Sommerkurses 2002 der Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, Einsiedeln, CH (in Druckvorbereitung)
P. Prevost-Marcilhacy: Les Rothschild. Bâtisseurs et mécènes. Paris 1995
Die Rothschilds. (Ausst.Kat.) Frankfurt/Main 1994, S.254ff
E. Springer: Geschichte und Kulturleben der Wiener Ringstraße. Wiesbaden 1979
L. Tischler: Wiener Neubauten. Serie A. Privatbauten, Bd.3. Wien 1891. S.2f, T.17ff (Palais Rothschild, Wien)

HINWEISE AUF WERKE:
WBIZ
9.1891, T.87 (Palais des Fürsten Pless, Berlin)

LEXIKA:
AKL
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Anmerkungen
Eingegeben von: Andreas Nierhaus
Eingegeben am: 01.05.2005
Zuletzt geändert: 03.05.2007
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