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Johann / Benedikt Henrici


Quelle: MŠhrische Galerie, Brźnn

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Persönliche Mitteilungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 15.02.1749 (Taufe) - † 28.08.1799
Geburtsort: Laingruben, Benediktbeuren
Land: Deutschland
damaliger Name: Königreich Bayern
Sterbeort: Wien
Land: Ă–sterreich
damaliger Name: Erzherzogtum Ă–sterreich
weitere Namen: Henricy, Heinrici, Heinerici, Hainrici, Hainrizi, Hainritzi
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Josephus Heinrizi
Mutter: Catharina H.
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1766Akademie der bildenden KĂĽnste Wien, Zeichenschule
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1780Bewerbung um Direktorsposten an der Bossier- und Ornamentschule der Akademie der bildenden KĂĽnste Wien
1790–1796in Diensten bei Fürst Anton Esterhazy
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Vita
In den verschiedenen Lexika, Nachschlagwerken und der Fachliteratur wird zwischen Johann Henrici, dem Architekten, und Benedikt Henrici, dem Bildhauer, unterschieden. Es spricht aber alles dafür, dass es sich dabei nur um eine Person, nämlich Benedikt Henrici, handelt.

Benedict Henrici stammt aus Benediktbeuren in Bayern, wo er am 15.2.1749 auf den Namen Benedictus Hainrizi getauft wurde. Da nach damaliger Gepflogenheit die Taufe sehr bald nach der Geburt vollzogen wurde, dürfte das bisher allgemein kolportierte Geburtsjahr 1746 unrichtig sein (für 1746 existiert in den Pfarrmatriken Benediktbeurens auch kein Eintrag B.H.). Über die Jugendjahre und seine Ausbildung ist nichts bekannt. In Wien tritt er erstmals 1766 auf, wo er im Schülerverzeichnis der Akademie der bildenden Künste als Benedictus Henrici, Bildhauer aus Benediktbayern, eingetragen ist (16.12.1766). Es gibt nur wenige und ungenaue Hinweise auf die Arbeiten von Benedikt Henrici, 1775 war er einer der Mitarbeiter von Ferdinand Hetzendorf v. Hohenberg bei der Ausstattung der Gloriette und dem skulpturalen Schmuck des Schönbrunner Schlossparks (Obeliskenbrunnen und Römische Ruine). Hetzendorf hatte viele junge Künstler, die in Wien tätig waren, dafür herangezogen. Einige dieser am Anfang ihrer Laufbahn stehenden Leute arbeiteten dann bei der Innenausstattung der Michaelerkirche (1780) wieder zusammen, wie Johann Martin Fischer und der „geschickte Ornamentbildhauer Benedikt H.“. Zu dieser Zeit bewarb sich Henrici auch um den Direktorsposten an der Bossier- und Ornamentschule der Akademie der bildenden Künste in Wien, doch erfolglos.

Es sind kaum architektonische Werke von Benedikt Henrici bekannt. Allerdings spricht alles dafür, dass die einem Johann Henrici zugeschriebenen Werke von Benedikt stammen: der Turmhelm der Stiftskirche in Wien (1772, Wien 7, Stiftgasse), die ehemaligen Stall- und Wachgebäude von Schloss Esterhazy im Burgenland (1793) und ein Stuckfries und Wandbrunnen für die Innenausstattung des Palais Auersperg in Wien (ausgeführt um 1802, Wien 8, Auerspergstraße). Die vorhandenen Pläne des Turmhelms der Stiftskirche sind nicht signiert. Auf einem Gemälde in der Mährischen Galerie in Brünn jedoch, das Benedikt Henrici mit den Attributen eines Architekten (Zirkel, Pläne) darstellt, hält er die Entwurfszeichnung eines Kirchturmhelms in der Hand, der eindeutig den der Stiftskirche darstellt. Ein weiteres Indiz wäre, dass Benedikt Henrici, in Esterhazy’schen Diensten stehend, selbst immer, wie es in seiner Taufurkunde steht, mit „Hainrizi“ unterschrieb und die Dokumente, die die Stall- und Wachgebäude in Eisenstadt betreffen, alle mit „Hainrizi“ unterzeichnet sind. Die unterschiedliche Schreibweise des Namens zeigt wieder einmal, dass zur damaligen Zeit auf eine korrekte Namensschreibung wenig Wert gelegt wurde. Auch die damals übliche Kurrentschrift kann Ursache späterer Verwechslungen gewesen sein, lässt sich doch das kurrentgeschriebene B leicht als L oder J interpretieren (siehe bei P. Kortz II, 1905 und M. Paul, 1910: L. Henrici).

Der Schwerpunkt von Henricis Schaffens lag vermutlich jedoch bei Innenausstattungen. Der Entwurf von Altären sowie die Innenausstattung von Räumen gehörten zum Aufgabenbereich des Architekten, während der Bildhauer mit der figürlichen Plastik befasst war, deren Sockelgestaltung wiederum der Architekt erledigte. Benedikt Henrici war in erster Linie Architekt und bezeichnete sich auch selbst als solcher, nur der starke Bezug zu bildhauerischen Arbeiten mag zu seiner Benennung auch als Bildhauer geführt haben. Es ist keine figürliche Plastik von ihm bekannt, frühere Zuschreibungen (Kruzifix des Göllersdorfer Altars, Dehio) haben sich als falsch erwiesen.

Im Jahr 1772 heiratete Benedikt Henrici Maria Anna Eberl und hatte mit ihr eine zahlreiche Kinderschar, von denen jedoch einige bereits im Kindesalter starben. Zum Zeitpunkt des Todes von Ehefrau Maria Anna im August 1793, befand sich Henrici nicht in Wien. Aufträge scheinen ihn nach Italien gerufen zu haben, denn im November hielt er sich nachweislich in Neapel auf. Er, der „herrschaftliche Architekt“, verstarb im Alter von 50 Jahren am 28.8.1799 in Wien-Stadt, im Schloissingerischen Haus am Neuen Markt an Nervenfieber. Er hinterließ zwei unmündige Kinder, zu deren Vormund sein langjähriger Kollege, der Bildhauer Johann Martin Fischer bestellt wurde. Aus seinem Nachlass geht hervor, dass er u.a. für Fürst Karl von Liechtenstein, Fürst Carl von Auersperg und Graf Prosper von Sinzendorf gearbeitet hatte. Benedikt Henrici wurde am alten, nicht mehr existierenden Matzleinsdorfer Friedhof (heute Waldmüller Park) beerdigt.
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Stellenwert
Henricis erstes bekanntes architektonisches Werk, der erneuerte Turm der Stiftskirche, besitzt einen plastisch modellierten und zugleich optisch stark aufgelösten Helm mit beachtlicher Vertikalentwicklung. Mit den eigenwillig vergoldeten Verzierungen stellt er eine für den Wiener Raum in dieser Zeit außergewöhnlich prunkvolle Lösung dar, die ihre Inspiration aus dem der Wiener Architektur fremden Rokoko bezieht.

Seine Zusammenarbeit mit Ferdinand Hohenberg v.Hetzendorf und die Beteiligung am „ersten großen Kollektivunternehmen des Klassizismus in Wien, dem skulpturalen Schmuck des Schönbrunner Schlossparks“ (M. Pötzl-Malikova, 1988) führten eine Änderung in der stilistischen Auffassung Henricis herbei. Ab nun gehörte er zu den Repräsentanten der neuen Richtung, deren Arbeiten sich in der formalen Gestaltung mit den Ideen des Klassizismus, sich an der klassischen Antike zu orientieren, auseinandersetzten.

Bei der Innenausstattung der von Henrici entworfenen Räume wurde nun auf eine flächenhafte Dekoration der Wände Wert gelegt. Der Raum wurde mit dem Formenvokabular des Klassizismus in ein einheitliches und klares System gebracht. Lichte und kühle Töne wurden gewählt, die Wände durch Pilaster, Rahmungen und Gesimse in rechteckige Wandfelder unterteilt und die repräsentative Wirkung durch Vergoldungen unterstrichen. Neue Akzente erzielte Henrici mit figürlichen Darstellungen in Grisaille in den Supraporten (Empiresaal des Palais Esterhazy, Wien 1, Wallnerstraße 4, 1791). Die Altarentwürfe Henricis weisen ebenfalls klar definierte und blockhafte Formen für Altartisch und Tabernakelaufbau auf. Diese formale Zurückhaltung brachte den plastischen Figurenschmuck besonders wirkungsvoll zur Geltung (Pfarrkiche Göllersdorf, NÖ, 1784, ursprüngliche Altaraufstellung verändert).

Auch die wenigen von Henrici geschaffenen Architekturen sind von streng klassizistischer Formgebung. Die beiden langgestreckten Eisenstädter Bauten für Stallungen und Wagenremise sind axial auf die Schlossfassade ausgerichtet. Sie wurden jeweils mit einer Säulenvorhalle in toskanischer Ordnung ausgestattet, die rahmenden Eckrisalite haben Doppelsäulen und Rechtecknischen, in denen Putti mit Vasen positioniert sind. Gemeinsam mit dem Erdgeschoß des Schlosses, das in seiner Gliederung mit den toskanischen Doppelsäulen den Stallgebäuden angeglichen wurde, entstand so ein einheitliches, städtebaulich wirkungsvolles Ensemble. Henricis Anteil an den Umbauten von Schloss Ernstbrunn ist noch nicht erforscht, doch ist der kubische, mit rechteckigen Vasennischen gegliederte Torbau von der gleichen streng klassizistischen Auffassung.

Das architektonische Werk Benedikt Henricis spiegelt den tiefgreifenden Wandel, der sich in der 2.Hälfte des 18.Jh.s vollzogen hatte und seinen Niederschlag auch im Künstlerischen fand. Es zeigt ihn als einen Künstler dieser Übergangszeit, der sowohl mit der Rokokoform des Kirchturms als auch mit den Bauten, die den Ideen des Klassizismus folgten, seine künstlerischen Fähigkeiten eindrucksvoll beweisen konnte.
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Werke

WOHN-/GESCHĂ„FTSBAUTEN:
nach 1790Ă„nderungen an den Fassaden von Schloss Ernstbrunn, NĂ– (unter Prosper v.Sinzendorf)

Ă–FFENTLICHE BAUTEN:
1772oberer Teil des Turmes und Turmhelm der Stiftskirche zum hl.Kreuz ob der Laimgrube, Wien 7, Stiftgasse / Mariahilfer StraĂźe (Dekanatskirche der Landesverteidigungsakademie)
1775Gloriette, Wien 12, Schönbrunner Schlosspark
1777Obeliskenbrunnen und Römische Ruine, Wien 12, Schönbrunner Schlosspark
1793Stall- und Hauptwachgebäude, Schloss Esterhazy, Eisenstadt, Bgld.
ca. 1797Tempel im Park der FĂĽrstin PAAR in HĂĽtteldorf (nicht mehr existent, heute Dehnepark, Wien 14, Dehnegasse 15)
o.J.Mausoleum der Fürsten Liechtenstein, Mährisch-Krumau, Mähren / Moravska Krumlov, CZ
o.J.Monumente und Denkmal-Architekturen im Ernstbrunner Park, NĂ–

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1780Ornamentale Zierart am Hochaltar der Michaelerkirche, Wien 1, Michaelerplatz (Ornamentschmuck des Tabernakels)
1782Restaurierung der Grabdenkmäler d. Familien Trautson u. Mollart i.d. Michaelerkirche, Wien 1,
1791Innenausstattung des ehem. Palais Esterhazy, Wien 1, WallnerstraĂźe 4
1784–1786Hochaltar Kirche hl.Laurenz, Wien 7, Westbahnstraße, Ausführung (nach Entwurf von J.B. Hagenauer)
1784 Hochaltar der Pfarrkirche hl.Martin, Göllersdorf, NÖ (ursprüngliche Aufstellung geändert)
1796–1797Innenausstattung des ehem. Lamberg-Sprinzenstein-Palais, sog. Kaiserhaus, Wien 1, Wallnerstraße 3 (verändert)
um 1802Innengestaltung des Palais Auersperg, Wien 8, AuerspergstraĂźe 1

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
o.J.Umbaupläne für Schloss Lackenbach, Bgl. (nicht gesichert)
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Primärquellen

NACHLĂ„SSE UND ARCHIVE:
WSt.LA (Verlassenschaften, Totenprotokoll)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
F. Czeike: 8, Josefstadt. Wiener BezirkskulturfĂĽhrer. Wien 1980
R. Guby: Der Hochaltar d. Michaelerkirche zu Wien und seine KĂĽnstler. In: Mitteilungen d. Vereins f. Geschichte d. Stadt Wien, Bd.1., Wien 1919/1920
G. Hajos: Romantische Gärten der Aufklärung. Engl. Landschaftskultur im 18.Jh. Wien–Köln 1989
G. Holzschuh: Zur Baugeschichte d. fĂĽrstl. Esterhazyschen Schlosses in Eisenstadt. In: Ausst.Kat.: Die FĂĽrsten Esterhazy, Eisenstadt 1995
H. Jancik: Das „Kaiserhaus“. Wien 1975
U. Knall-Brskovsky: Ernstbrunn. In: Ă–sterr. Zeitschrift f. Kunst u. Denkmalpflege, XLVI.1992
P. Kortz: Wien am Anfang des 20.Jh.s. Ein FĂĽhrer in technischer und kĂĽnstlerischer Hinsicht. Bd.2. Wien 1905
H. Lorenz: Geschichte d. bild. Kunst i. Ă–sterreich, Barock. Bd.IV. MĂĽnchen u.a. 1999, S.548
ÖKT XXIV: Die Denkmäler d. polit. Bez. Eisenstadt u. der freien Städte Eisenstadt u. Rust. Wien 1932
Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II. Kat. d. NÖ Landesausst. Stift Melk März–Nov. 1980
M. Paul: Technischer FĂĽhrer durch Wien. Wien 1910
Pfarrkirche hl.Martin in Göllersdorf, NÖ, Christl. Kunststätten Österr., Nr.426. Salzburg 2004
M. Poch-Kalous: Johann Martin Fischer. Wien 1949
M. Pötzl-Malikova: Zur Geschichte d. Hochaltares d. Michaelerkirche. In: Katalog St.Michael. Wien 1949
C. v.Szepeshezy / J.C. v.Thiele: Die Merkwürdigkeiten d. Königreiches Ungarn. Bd.1. Kaschau 1825
G.W. Rizzi: Zur Baugeschichte d. Pal. Esterhazy i. Wien-Wallnerstraße. In: Örag-Imm. (Hg.): Palais Esterhazy – Revitalisierung. Wien 1997
M. Schwarz: Architektur d. Klassizismus u. d. Romantik i. NÖ. Wissenschaftl. Schriftenreihe NÖ 62/6. St.Pölten–Wien 1982
M. Zweig: Das Kaiserhaus i. d. WallnerstraĂźe. In: Mittlg. d. Staatsdenkmalamtes 1919. Wien

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/1 (I.Bez); Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.–XIX.u.XXI.–XXIII.Bez.); Dehio NÖ/Nord

LEXIKA:
Czeike; ThB
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Persönliche Mitteilungen
von Mag. St. Körner, Sammlungen d. Fürsten Esterhazy und Dr. G. Holzschuh, Leiter des Esterhazyschen Archivs in Forchtenstein i. Oktober 2010.
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Anmerkungen
Dehio NÖ/Nord nennt als Schöpfer des großen Kruzifixes in der Pfarrkirche Hl. Martin, Göllersdorf, N.Ö. Benedikt Henrici, es stammt jedoch von Johann Martin Fischer.
Eingegeben von: Jutta Brandstetter
Eingegeben am: 01.03.2011
Zuletzt geändert: 21.01.2014
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