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Philipp Kaiser

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 22.08.1832 - † 2.10.1899
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien 17
damaliger Name: Hernals bei Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
weitere Namen: Filipp, Fillipp
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Ingenieur und Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Schneidermeister
Bruder: Franz (*ca.1834)
Ehe mit Anna K.
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Elementarschule
1843-1844Graveurschule d. Akademie der bildenden Künste Wien (bei Josef Klieber)
1844-1846Ornamentschule der Akademie der bildenden Künste (bei Wilhelm Westmann)
1846-1848Architekturschule der Akademie der bildenden Künste (bei August Sicardsburg u. Eduard van der Nüll)
1849-1850Akademie
1850-1853Polytechnikum (Vorläufer der Techn. Hochschule)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1851Bauzeichner bei Baumeister Eduard Kuschee
1854-1855im Atelier Julius Romano und August Schwendenwein
ab 1855selbständig
ab 1857bei General-Baudirektion
o.J.Chefingenieur u. Architekt d. Wr. Neustädter Hochquellenleitung
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Auszeichnungen und Ämter
1872-1875Verwaltungsrat im Bauverein
1875-1879Wiener Gemeinderat für 5. Bez.
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Mitgliedschaften
ab 1861Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
1863-1869Künstlerverein “Hersperus” Obmann und Kassier (“Präsident”)
1867-1870Präsident des Künstler- und Schriftsteller-Casinos
1867-1882Vorstand d. Wr. allgem. Kunstgenossenschaft
1877-1879N.Ö. Gewerbeverein (im Redaktionskomitee)
o.J.Österr. Ingenieur- und Architektenverein
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Vita
In Wien der 1860iger und 70er Jahren war Philipp Kaiser eine bekannte Persönlichkeit, aber mehr am Gesellschaftsparkett als in der Architekturszene. 1832 als Sohn eines Schneiders in Wien-Hernals geboren, scheint er zeichnerisch begabt gewesen zu sein, denn bereits mit 11 Jahren wurde er an die Akademie der bildenden Künste geschickt, wo er zunächst in der Graveurschule und nach einem Jahr in der Schule für Ornamentzeichnen unterrichtet wurde. Neben der künstlerischen Erziehung wird er auch weiterhin die Elementarschule besucht haben. Mit 14 Jahren trat er dann in die Architekturschule der Akademie ein, an der er bis 1850 studierte, nur unterbrochen von der Zeit der Revolution (1848), in der kein Unterricht stattfand. Nach den Studien an der Akademie setzte er seine Ausbildung am Polytechnikum fort, um sich auch die technischen Kenntnisse des Bauwesens anzueignen. Kaiser scheint ein zwar begabter, aber wenig zielstrebiger Student gewesen zu sein, der vor allem das Studium am Polytechnikum (lt. Zeugnis) “nachlässig” betrieb.

Die Informationen über die berufliche Karriere Philipp Kaisers beruhen ausschließlich auf seinen eigenen Angaben und sind kaum zu überprüfen; manches wirkt geschönt und ist zu bezweifeln. Nach seinen Angaben soll er etwa nach dem Akademiestudium als Bauleiter bei Festungsbauten gearbeitet haben (mit 18 Jahren!). Während der Zeit seiner Studien am Polytechnikum war er als Bauzeichner bei Baumeister Eduard Kuschee (1814-1880) beschäftigt und auch Mitarbeiter beim Bau der Brauerei Liesing. 1 Jahr lang war er im Atelier von Julius Romano und August Schwendenwein, bevor er sich 1855 selbständig machte. Er gibt an, die erste Anwendung “eiserner Träger” bei Wiener Privatbauten durchgeführt zu haben und erwähnt pauschal die Errichtung von Wohnhäusern und Fabriken. Ab 1857 bis 1875 ging er einer Beschäftigung im kommunalen Bereich nach. Es waren Arbeiten im Kanal- und Wasserbaufach, wo er die Bodendrainierung bei den Kanalbauten und das Holzstöckelpflaster auf Brücken einführte. Weiters sei er Verfasser der Generalbaupläne für die westlichen Vororte Wiens gewesen und habe die Regelung des Exerzierplatzes auf der Schmelz durchgeführt. Ab 1875 widmete er sich 5 Jahre lang im Gemeinderat den Agenden seines Wohnbezirkes Margarethen (5. Bezirk), war Redaktionsmitglied des N.Ö. Gewerbevereins und soll Juror bei diversen Projekten gewesen sein. Anfang der 80iger Jahre war Kaiser nach seinen Angaben Chefingenieur und Architekt der Wr. Neustädter Hochquellenleitung.

Das spezielle Interesse Kaisers galt jedoch den Künstlervereinen. Vor allem für die Aktivitäten des Künstlervereins “Hesperus”, der seit 1856 bestand und ein geselliger Verein für Künstler aller Sparten war, engagierte er sich intensiv. Kaiser widmete sich mit großem Eifer den Festen und Veranstaltungen des Vereines, war populär und beliebt. 1863 wurde er Obmann und zugleich auch Kassier des Vereines, er selbst bezeichnete sich als “Präsident”. Ab diesem Zeitpunkt verfolgte er zielstrebig die Idee, diesen Verein zu einem großen Künstler-Casino umzuwandeln, dem Wissenschaftler, Musiker, Literaten und Schauspieler angehören sollten. Nach der Fertigstellung des Künstlerhausbaues sollte das Casino dort als Mieter einziehen. Kaiser beanspruchte dafür den Großteil der Räumlichkeiten und hätte der Genossenschaft der bildenden Künstler für ihre Ausstellungen nur mehr einen Seitenflügel zugestanden. Er erreichte sein Ziel nicht und trat 1869 als Vorstand zurück. Kaiser soll es in diesen Jahren zum wohlhabenden Mann gebracht haben, sein Vermögen aber beim Börsenkrach 1873 verloren haben. Die Mittel für den Bau der Villa Kaiser in Purkersdorf (1873-75) dürften jedoch vorhanden gewesen sein.

Über die Jahre von 1880 bis Oktober 1899 fehlen Informationen (abgesehen von einer Teilnahme an einer Diskussion im Ingenieur und Architekten-Verein 1896). Philipp Kaiser lebte zu diesem Zeitpunkt allein und in dürftigen Verhältnissen zur Untermiete bei einer Wäscherin. Er bestritt seinen Lebensunterhalt durch kleine Zeichenaufträge und beging am 2. Oktober 1899 Selbstmord durch Erschießen. Seine Frau (Datum der Eheschließung ist nicht bekannt) lebte zu diesem Zeitpunkt lt. Nachruf in der Neuen Freien Presse “schon einige Jahre in Amerika”.
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Stellenwert
Von Philipp Kaiser sind bisher nur zwei architektonische Zeugnisse bekannt. Bei dem einem handelt es sich um das Projekt für die Konkurrenz des Künstlerhauses (1861), wofür er den 3.Preis erhielt, und von dem nur eine Beschreibung vorhanden ist: “ein Langbau mit Risalits, der Mittelbau enthält Haupttreppe und Festsaal, links schließen sich die Kunstausstellungsräume, rechts die der Künstlergenossenschaft an. Die Fassade mit Kuppelüberdachung über dem Mittelbau imponiert durch ihre Ausdehnung und ist im Renaissancestil gehalten.” Nach dieser Beschreibung hatte er sich für den Ausstellungsbau das Schema Theophil Hansens für das Waffenmuseum im Arsenal und Gottfried Sempers Museumsbau in Dresden zum Vorbild genommen. Kaiser hatte für die Durchsetzung seines Projektes unglaublich beharrlich, letztlich aber ergebnislos gekämpft.

Das zweite Objekt, bei dem er seine Fähigkeiten als entwerfender Architekt umsetzen konnte, ist die eigene Villa Kaiser in Purkersdorf (1873-75). Sie ist eine isoliert in einem weitläufigen Gelände gelegene, burgartige Herrschaftsvilla, mit hohem Eckturm und Zinnenbekrönung beeindruckend ausgestattet, die Fassade weist eine Bruchsteinoberfläche und kräftige Ortsteingliederung auf. Der Bau ist mit seinen Anklängen an die englische Tudorgotik noch im Sinne einer romantischen Tradition komponiert, das Formenrepertoire orientiert sich an frühen Schlossbauten des Ateliers Romano und Schwendenwein, wie Merkenstein in N.Ö. (1843-44) und Wolfsberg in Kärnten (1846-47).

Philipp Kaiser war bestrebt, bei diesen beiden architektonischen Aufgaben zu möglichst eindrucksvollen Lösungen zu kommen, und stattete sie mit Hoheitszeichen aus: das Vereinshaus mit einer Kuppel und die Villa mit einem Turm .
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1873-1875Villa Kaiser, Purkersdorf, Christkindlwald Nr.8, N.Ö.

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1850Bauleiter bei Festungsbauten in Karlstadt und Cettin (nicht gesichert)
1857-1875Mitarbeit an den General-Baulinien- u. Niveau-Plänen für sämtl. westliche Vorstädte (1874 Generalstraßennetzplan für die Gemeinde Ottakring)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1861Konkurrenzentwurf für das Künstlerhaus (3.Preis)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
TUAW; ABK; WRA; Archiv Künstlerhaus; ÖIAV
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Sekundärquellen

LITERATUR:
F. Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861-2001. Bd.1 Wien 2003
Neue Freie Presse, 3.10.1899, S.6: Nachruf
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861-1951. Wien 1951
K. Schneider: Geschichte der Gemeinde Ottakring, 1.Heft. Wien 1892
K. Schöller: Die Architekturausbildung an der Akademie d. bild. Künste unter Peter Nobile (1818-1849), Diss. Wien 2006
Wiener Zeitung v. 11.12.1861, S.4542: Konkurrenzentwürfe Künstlerhaus

NACHSCHLAGEWERKE:
L. Eisenberg: Das geistige Wien. Wien 1893

LEXIKA:
ÖBL
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Anmerkungen
Eingegeben von: Jutta Brandstetter
Eingegeben am: 01.03.2011
Zuletzt geändert: 23.05.2011
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