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Josef Kastan sen.

Persönliche Daten
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 03.03.1795 - † 21.8.1861
Geschlecht: m
Geburtsort: Podmokly, Decin
damaliger Name: Weiher in Bodenbach, Herrschaft Tetschen, Böhmen
Land: Tschechien
damaliger Name: Habsburger Monarchie
Sterbeort: Baden b.Wien, NÖ
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Religionsbekenntnis: Mosaisch
Berufsbezeichnung: Stadtbaumeister
Familiäres Umfeld: Vater: Lorenz K., Maurermeister
Mutter: Josefa Resch
Ehe mit Josefa Anna, geb. Kurz (1797–1848)
Kinder: Peter (ca.1825–1862) ,Architekt; Carl (1827–1900), Steinmetzmeister; Josef (1832–1895), Baumeister u. Civiling.; Josefine; Therese; Anna; Klementine (+1848)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1822Bauzeichner
ab 1838Stadtbaumeister-Konzession
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Auszeichnungen und Ämter
ab 1838Bürger von Wien
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Mitgliedschaften
ab 1838Bau- und Steinmetzmeister-Genossenschaft
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Vita
Josef Kastan wurde als Sohn des Maurermeisters Lorenz K. in Weiher, einem Ortsteil im böhmischen Bodenbach geboren. Über seine Jugendjahre und seine Ausbildung – nach dem väterlichen Vorbild – ist nichts bekannt, auch nicht, wann er nach Wien kam. Zum Zeitpunkt seiner Eheschließung, 1822, war er aber bereits in Wien sesshaft und arbeitete als Bauzeichner. 1838 erhielt er die Baumeister-Konzession, wurde Bürger von Wien und trat seiner Standesvertretung, der Bau- und Steinmetzmeister-Genossenschaft, bei. Ab nun begann er eine rege Bautätigkeit zu entfalten, anfangs vor allem in der Leopoldstadt (2.Bezirk), wo er auch wohnte. Nur wenig später baute er bereits in allen Wiener Vorstädten und war auch in der Inneren Stadt (1.Bezirk) anzutreffen. Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildete der Wohnbau und neben den verschiedensten Umbauten, Zubauten und Adaptierungen entstanden auch viele Häuser nach eigenen Plänen.

Josef Kastan hatte mit seiner Ehefrau Josefa Anna acht Kinder, davon drei Söhne, Peter, Carl und Josef jun., die alle dem Beruf des Vaters folgten. Sie erhielten dafür eine qualifizierte Ausbildung am Polytechnikum und zum Teil auch an der Akademie der bildenden Künste. Peter wurde Architekt und Stadtbaumeister, Carl Steinmetzmeister und Josef jun. Stadtbaumeister und Zivilingenieur. Josef Kastan war bis zuletzt als Baumeister tätig. Er starb mit 66 Jahren an Auszehrung, möglicherweise infolge einer Krankheit, in Baden bei Wien, wo er sich vermutlich zur Kur aufgehalten hatte. Bestattet wurde er im Familiengrab am St.Marxer Friedhof.
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Stellenwert
Die industrielle Revolution hatte zu einem rapiden Anwachsen der Bevölkerung geführt und den Wohnbau zu einer der wichtigsten Bauaufgaben gemacht. Schlichte Baukörper und auf Zweckmäßigkeit ausgerichtete Lösungen bestimmten das Aussehen der Wohnbauten. Die Fassaden dieser Miethäuser weisen meist eine rustizierte oder gebänderte Sockelzone auf, über der sich die Stockwerke mit gleichmäßig gereihten Fenstern und oft auch geschosstrennenden Kordon- und Sohlbankgesimsen erheben. Dieser einfache Raster mit den gleichförmigen Fensterreihen bot viele Möglichkeiten zur formalen Erweiterung, je nach Anspruch, ob es sich um ein repräsentativeres Wohnhaus oder eine einfache Zinskaserne handelte. Das Rasternetz der Fassade konnte mit unterschiedlich ausgebildeten Rahmungen und Fensterverdachungen belebt werden, nach oben hin nahm die Plastizität aber rasch ab. Auch die häufig durchgeführten Aufstockungen und Erweiterungen älterer Bauten machte die Anordnung der gleichförmigen Horizontal- und Achsenreihen besonders einfach.

Die Bauten Josef Kastans entsprechen vor allem dem einfach-nüchternen Miethaustypus der Zeit. Am Beginn seiner Tätigkeit kommt bei einigen wenigen Wohnhäusern noch die in den 1830er Jahren überaus beliebte und vielfach praktizierte Mittelbetonung mit einer verbreiterten Fensterachse (Wien 6, Ägidigasse 20, 1840) oder ganz flachem Risalit (einst Wien 2, Untere Donaustraße 25, 1838 und 1, Kramergasse 9, 1842) vor, bei dem Großteil der Häuser verzichtet er jedoch auf die Durchgestaltung der Baukörper mit Risaliten. Die großen, überwiegend dreistöckigen Miethäuser haben einfach gegliederte Fassaden, zeigen schlicht gerahmte Fenster meist mit gerader Verdachung, sowie ein Sockel- und Abschlussgesims (Wien 8, Alserstraße 19, 1841). Treten Dekor und Schmuckelemente auf, sind sie um das Fenster konzentriert als rahmende Pilaster (Wien 8, Florianigasse 3 sowie Wickenburggasse 2, 1840) oder Konsolen bei der Verdachung oder den Sohlbänken der Fenster (Wien 2, Franzensbrückenstraße 13, 1844). Der Dekor ist kleinteilig und zartflächig und beschränkt sich auf einfache Felder, wie die Sohlbankfelder und die Flächen zwischen Fenster und Verdachung. Die Füllmotive bestehen meist aus vegetabilen Ranken und abstrakter Dekoration, selten kommen skulpturale Motive vor (Wien 1, Kramergasse 9, 1842), ebenso selten wurden statt den flachen Verdachungen Dreieckgiebel zur Bekrönung der Fenster eingesetzt (Wien 1, Bräunerstraße 6, 1845). Die Intervalle zwischen den Fensterachsen wurden nie dekorativ gestaltet.

Unter Josef Kastans Wohnbauten, die alle im Rahmen zeitgenössischer Gebrauchsarchitektur in der damals üblichen Formensprache errichtet wurden, stechen zwei Häuser mit neuen Gestaltungselementen und neuer Formensprache heraus. Das Eckhaus Wien 2, Lichtenauergasse 12 aus dem Jahr 1847 hatte, bei sonst gleichförmiger Reihung der Achsen, an der Ecke eine mit flachem Risalit vortretende, vertikal zusammengeschlossene Doppelachse, womit die Ecke eine besondere Betonung erhielt. Noch weitaus überraschender ist die Lösung für das 1847–1849 erbaute, zwei Eckparzellen einnehmende Haus Wien 3, Dampfschiffstraße 18. Die beiden Häuser wurden architektonisch einheitlich gestaltet, die dem Donaukanal zugewandte Ecke großzügig abgeschrägt und die Abschrägung zu einem turmartigen Eckbau hochgezogen, dem topographisch eine beherrschende Stellung als optisch gesteigerte Schauansicht zukommt. Die Abschrägung, wie auch die Ecken mit verbreiterten Achsen erhielten Fenster, die „als vertikal zusammengeschlossenes einheitliches Schmuckmotiv“ (Vancsa, 1974) eingesetzt sind, der turmartige Aufsatz wurde ebenfalls dekorativ ausgestaltet. Außergewöhnlich ist, dass dafür ursprünglich „byzantinisch-orientalisierende“ Dekorformen vorgesehen waren, wie sie Theophil Hansen bei seinen frühen Bauten (Villa Pereira 1849, Heeresmuseum 1850) verwendet hatte. Bei der Ausführung wurde wohl die architektonische Struktur der 1.Planung unverändert beibehalten, die Detailformen jedoch „zugunsten einer kleinteilig-gliederhaften Auffassung umgewandelt“ (Vancsa, 1974), die sich nun an Bauten von Sicardsburg und van der Nüll (Carl-Theater, 1847, Arsenal Kommandaturgebäude, 1850) orientierte.

Diese beiden Bauten Josef Kastans (für denselben Bauherrn errichtet) stellen sehr frühe und zukunftsweisende formale Lösungen dar, die später zu den wichtigsten Motiven in Wiens städtebaulicher Konzeption werden sollten. Die einheitliche architektonische Gestaltung mit betonter Ecke intendiert bereits die für Wien typische Blockverbauung, und auch die dominierende Eckansicht wird später zu einem Charakteristikum der Stadt. Es ist allerdings fraglich, ob es sich hier um Entwürfe Josef Kastans handelt, und es bleibt Spekulation, ob hier bereits sein an der Akademie – wo seit 1845 Sicardsburg und van der Nüll lehrten – studierender Sohn Peter oder ein anderer Architekt eine Rolle spielten.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1838Miethaus, Wien 2, Fischergasse 1 / Ferdinandstraße 8
1838–1839Miethaus, Wien 2, Aspernbrückengasse 3 / Ferdinandstraße 12 (Fassade vereinfacht)
1838–1939Miethaus, Wien 2, Untere Donaustraße 25 (Fassade geglättet)
1839Miethaus, Wien 5, Margaretenstraße 108 (abgetragen)
1839–1840Miethaus, Wien 8, Florianigasse 3 / Wickenburggasse 6
1840Miethaus, Wien 2, Schmelzgasse 9 / Große Mohrengasse 24 (1862 aufgestockt)
1840Miethaus, Wien 2, Untere Donaustraße 13 (abgetragen)
1840Miethaus, Wien 2, Untere Donaustraße 23 (Umgestaltung; 1838 von Adolf Korompay erbaut; Fassade geglättet)
1840Miethaus, Wien 3, Seidlgasse 21 / Marxergasse 24 (abgetragen)
1840Miethaus, Wien 4, Argentinierstraße 22 (Umgestaltung; 1791 erbaut v. Franz v.Myginn; abgetragen)
1840Miethaus, Wien 8, Wickenburggasse 2 / Tulpengasse 4
1840Miethaus, Wien 6, Ägidigasse 20
1840–1841Miethaus, Wien 2, Lilienbrunngasse 11 / Hammer-Purgstall-Gasse 9 (Fassade total geglättet)
1841–1844Miethaus, Wien 8, Alserstraße 19 (Umbau zum Miethaus; erbaut 1824)
1842Miethaus, Wien 3, Hintere Zollamtsstraße 3
1842Miethaus, Wien 1, Kramergasse 9
1843Miethaus, Wien 3, Löwengasse 19 / Krieglergasse 3a (1950 etwas verändert)
1844Miethaus, Wien 4, Danhausergasse 4
1844Miethaus „Dämpfinger-Hof“, Wien 1, Seitenstettengasse 4 (Zubauten; 1823–1826 erbaut von Josef Kornhäusel mit Jakob Hainz)
1844–1848Miethaus, Wien 2, Franzensbrückenstraße 13 (Umbauten; erbaut Anfang 19.Jh.)
1845Miethaus, Wien 2, Franzensbrückenstraße 11 (Umbauten mit Philipp Brandl; erbaut 1822 v. Karl Högel; 1861 Aufstockung u. Adaptionen; Fassade vereinfacht)
1845Miethaus, Wien 7, Hermanngasse 36 (Umbauten und Fassadenerneuerung; erbaut 1825; abgetragen)
1845„Stiftungshaus des Joh. Georg Steiger“, Wien 1, Bräunerstraße 6 (1876–1877 um Nr.4 erweitert)
1845Miethaus, Wien 2, Haidgasse 1 / Im Werd 2
1845Miethaus, Wien 1, Rauhensteingasse 4 (Adaptierung; erbaut 1710 von Anton Ospel)
1847Miethaus, Wien 2, Praterstraße 56 (Quertrakt im Hof; erbaut Anfang 19.Jh. von Peter Gerl)
1847Miethaus, Wien 2, Lichtenauergasse 12 (abgerissen)
1847–1849Wohn- u.Geschäftshaus, Wien 3, Dampfschiffstraße 18 / Radetzkystraße 24–26 / Ob. Weißgerberstraße 17
1848–1849Wohnhaus, Wien 2, Franzensbrückenstraße 7 (Aufstockung; erbaut 1. Viertel 19.Jh.; Fassade später überarbeitet)
1850Miethaus, Wien 3, Hainburgerstraße 88
1851Miethaus, Wien 2, Franzenbrückenstraße 28 (Hoftrakt und Adaptierungen; erbaut 1830 v. Adam Hildwein); 1952 nach Bombenschaden erneuert)
1853Miethaus, Wien 4, Rainergasse 3 (Zubau eines Seitentraktes; erbaut 1821)
1853Miethaus, Wien 6, Barnabitengasse 10 (Aufstockung; erbaut 1803)
1854Wohnhaus, Wien 3, Gärtnergasse 15 (1.Stock aufgesetzt)
1861Miethaus, Wien 3, Krieglergasse 11 (Fassade abgeschlagen)
1861Miethaus, Wien 3, Krieglergasse 13 (Fassade abgeschlagen)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1850Erdberger Pfarrkirche Hl.Peter und Paul, Wien 3, Erdbergstraße / Apostelgasse (Anbau von 3 ebenerdigen Bauten südl. der Sakristei)
1858Hotel „Deutscher Hof“, Wien 2, Gr. Stadtgutgasse 31 (Hoftrakt; erbaut 1821; Fassade von Anfang 20.Jh., heute Hotel Vienna)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
WSt.LA (Totenprotokoll); Pfarren St.Johann Nepomuk u. St.Leopold, Wien 2, St.Peter, Wien 1, Maria Treu, Wien 8; Archiv Baumeisterinnung; Wr.Ringstraßenarchiv
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Sekundärquellen

LITERATUR:
A. Caravias: Wiener Baukunst 1848–1859. Diss. TH Wien 1944
F. Czeike: 8, Josefstadt. Wiener Bezirkskulturführer. Wien 1980
ÖKT 41: G. Hajos: Die Kirchen des 3.Bezirks. Wien 1974
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V.Bezirks. Wien 1980
E. Vancsa: Haus Dampfschiffstraße 18. Zur histor. Wohnarchitektur d. Wr.Ringstraßenzeit. In: Österr. Zeitschrift f. Kunst u. Denkmalpflege, Bd.XXII, 1968, S.65ff
E. Vancsa: Haus in Dampfschiffstraße. In: Österr. Zeitschrift f. Kunst u. Denkmalpflege, Bd.XXVIII, 1974, S.49
R. Wagner-Rieger: Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus. Wien 1957
O. Wittenhofer: Die Fassaden der Wiener Wohnhäuser in der ersten Hälfte des 19.Jh.s. Wien 1948
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Anmerkungen
Baumeisterinnung gibt falsches Geburtsjahr 1793 an, ebenso R. Wagner-Rieger (1957) mit 1793/94. Caravias (1944) gibt falsches Todesjahr 1876.
Eingegeben von: Jutta Brandstetter
Eingegeben am: 31.10.2011
Zuletzt geändert: 01.12.2011
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