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Angelo Picchioni

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Vita
Stellenwert
Werke
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 15.11.1817 - † 06.02.1891
Geschlecht: m
Geburtsort: Borgo San Siro, Piemont
Land: Italien
damaliger Name: Regno di Sardegna
Sterbeort: Ljubljana
damaliger Name: Laibach, Krain
Land: Slowenien
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Titel: Major
weitere Namen: Michael Angelo Ritter v.P.
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Major
Familiäres Umfeld: Vater: Luigi Picchioni (1784–1869), Professor
Mutter: Johanna, geb. Uszar
Ehe (1854) mit Katharina v.Amberg, verwitwete v. Liebenberg
Kinder: Ludwig (*1846); Maria Anna, verehel. Hardegger; Johanna
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1834Gymnasium in Basel
1834–1838k.k. Genie-Akademie Wien
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1838Hauptmann im Genie-Stab
o.J.Major im Genie-Stab
o.J.Professor der Baukunde an der Genie-Akademie in Klosterbruck bei Znaim, Mähren / Znojmo, CZ
1857Austritt vom Dienst im k.k. Heer
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Auszeichnungen und Ämter
1874Orden d. Eisernen Krone III.Klasse
1871–1883Abgeordneter im mährischen Landtag
o.J.Stifter des mährischen Gewerbemuseums
o.J.Mitglied der k.k. mährisch-schlesischen Ackerbaugesellschaft
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Vita
Angelo Picchioni (auch Michael Angelo), wurde 1817 in Piemont, in Borgo S. Siro geboren. Sein Vater Luigi, Italianist und Mitglied des Geheimbundes der Carbonari, musste in den 1820er Jahren in die Schweiz emigrieren. In Basel wurde er Professor und war mit Jakob Burckhardt befreundet.

Der Sohn Angelo absolvierte 1834 das Gymnasium in Basel und ging anschließend nach Wien, wo er eine Militärkarriere begann. Er war zunächst Absolvent in der k.k. Genie-Akademie, in der er eine technische Ausbildung erhielt, die auch Kenntnisse des militärischen Bauwesens mit einschloss. Ab 1838 war er als Offizier Mitglied im k.k. Genie-Stab. In dieser Funktion wurden ihm wichtige Aufträge erteilt, wie beispielsweise die Errichtung des Offizierspavillons in Klosterbruck bei Znaim, Mähren (vor 1851). In Wien erbaute Picchioni den Reitschul-Komplex im k.k. Militär-Equitations-Institut im 3.Bezirk, Ungargasse 62 (1850, nicht erhalten).

1857 trat Picchioni – mit Beibehalt des Offiziers-Status als k.k. Genie-Major – vom Dienst im k.k. Heer aus. Er widmete sich der Verwaltung seiner Güter im heutigen Tschechien, nämlich in Böhmisch-Rudoletz – das er 1857 von Graf Leo Rasumowski erworben hatte – und Wölking (heute Cesky Rudolec und Dolní Bolíkov), und führte auch modernste Kenntnisse auf dem Gebiet der Bodenkultur ein. In diesem Zusammenhang ist auch seine Mitgliedschaft der k.k. mährisch-schlesischen Ackerbaugesellschaft zu sehen.

Picchioni erzielte durch den mustergültigen Betrieb seiner Landwirtschaft einen zunehmenden Wohlstand und als reicher Großgrundbesitzer konnte er sich in Bömisch-Rudoletz eine Residenz errichten. An der Stelle eines bestehenden Wasserschlosses entstand 1860 sein „Schloss“.

Picchioni war vielseitig engagiert: 1870–1882 arbeitete er an der Reform der Grundsteuerregelung mit; er war zudem Mitglied von mehreren Lokalkommissionen und der Zentralkommission in Wien. Zwischen 1871 und 1883 war er auch in der Politik als Abgeordneter der deutsch-liberalen Partei im mährischen Landtag tätig. Auf Grund seines Interesses für Kultur und Volkswirtschaft wurde er auch einer der Stifter des mährischen Gewerbemuseums. Nach diversen Quellen war Picchioni Professor der Baukunde an der Genie-Akademie in Klosterbruck bei Znaim.

In seinem Wahlwohnsitz Böhmisch-Rudoletz gründete er eine Stiftung für arme Schulkinder und er genoss große Beliebtheit und breites Ansehen. Als Angelo Picchioni im 74.Lebensjahr starb, befand er sich jedoch aus ungeklärten Gründen in Laibach.
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Stellenwert
Angelo Picchioni war ein Vertreter des Historismus, der vor allem romanische und gotische Stilformen bevorzugte, ein Vokabular, das üblicherweise bei der Errichtung von Bauten im Dienste des Militärs Verwendung fand. In Wien plante er dementsprechend den Reitschul-Komplex im k.k. Militär-Equitations-Institut im 3.Bezirk, Ungargasse 62, in neoromanischem Vokabular (1850). Während dieses Bauwerk nicht mehr erhalten ist, kann man ihm drei weitere, im damaligen Südmähren noch bestehende Bauten zuschreiben: den Neubau des Schlosses Böhmisch-Rudoletz, die Errichtung des Offizierspavillons in Klosterbruck und den Umbau der Montserratkirche im mährischen Sitzgras.

Sein größtes Projekt war das für ihn selbst errichtete Schloss in Böhmisch-Rudoletz. Ein schon im 14.Jh. erwähntes eingeschossiges Wasserschloss wurde 1860 durch Feuer zerstört. Als Picchioni das Schloss und das dazu gehörige Landgut kaufte, erbaute er nach eigenen Plänen und in eigener Regie ein neues Schloss als einen viergeschossigen Vierflügelbau in englischer Gotik, fast eine Nachahmung des Tudor-Stils, mit einem 28 m hohen Turm. Die Architektur erinnert sowohl an Schloss Frauenberg / Hluboká nad Vltavou, CZ als auch an Schloss Miramar bei Triest, I.

Klosterbruck war ein schon im Mittelalter gegründetes Prämonstratenserstift. 1784 erfolgte die Aufhebung des Klosters durch Kaiser Josef II., an dessen Stelle sollte die k.k. Ingenieur-Akademie (ab 1851 Genie-Akademie) untergebracht werden. Picchioni entwarf kurz vor 1851 auf der Westseite des Kirchenplatzes als Offizierspavillon einen dreigeschossigen vierflügeligen Bau mit Innenhof in neoromanischem Stil, offenbar ohne einen Dialog mit dem von Franz Anton Pilgram und Franz Anton Hillebrand(t) in barocken Formen rekonstruiertem Stift zu suchen.

Obwohl Picchioni ausgebildeter Militärarchitekt war, konnte er sogar ein Sakralprojekt, die Wallfahrtskirche „Unserer Lieben Frau von Montserrat“ auf dem Montserrat in Sitzgras realisieren.
Im Jahr 1643 war eine Kapelle auf dem Berg Montserrat errichtet worden, die sich zunehmend zum Wallfahrtsort entwickelte und deshalb zwischen 1712 und 1717 eine Erweiterung zu einem größeren Kirchenbau erfuhr. Nach der Aufhebung im Zuge der Josephinischen Reformen verfiel das Gotteshaus. Unter dem Pfarrer Josef Springer wurde jedoch zwischen 1856 und 1865 eine neue Wallfahrtskirche errichtet. Als Architekt gewann man, wie der Pfarrer berichtet, den „Besitzer der Herrschaft Rudolez und Wölking… der als k.k. Major im Genie-Korps in hohen und weiten Kreisen als ausgezeichneter Architekt bekannt ist”. Picchioni kam sein Faible für die mittelalterlichen Stile entgegen und er errichtete den Neubau, der mit einem Hauptturm und vier Seitentürmen ausgestattet ist, in neoromanischen Formen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1860Schloss Rudoletz, Böhmisch-Rudoletz, Mähren / Cesky Rudolec, CZ

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1850Reitschul-Komplex im k.k. Militär-Equitations-Institut, Wien 3, Ungargasse 62 (zum Teil abgetragen, heute im Hotel Penta integriert)
um 1851Offizierspavillons in der k.k. Genie-Akademie in Klosterbruck bei Znaim, Mähren / Znojmo, CZ
vor 1865Kirche auf dem Montserrat in Sitzgras, Mähren / Cizkrajov, CZ (Umbau)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
P. Kroupa: Premonstrátsky kláster v Louce. Znojmo 1997
L. Mertlová: Cesky rudolec ve 20. století/ Cesky rudolec in the 20th century (Diplomová práce). Ceské Budejovice 2009
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
J. Springer: Die Marien Kirche am Mont Serat bei Sitzgras nächst Zablings in Mähren. Wien 1866

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX.Bez.)

LEXIKA:
H. Heller: Mährens Männer der Gegenwart, Teil 2. Brünn 1888

INTERNETLINKS:
http://portal.suedmaehren.at/wiki/index.php/Böhmisch-Rudoletz; http://query.staatsarchiv.bs.ch/query/detail.aspx?ID=491282
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Anmerkungen
Eingegeben von: Diego Caltana
Eingegeben am: 01.03.2011
Zuletzt geändert: 22.05.2011
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