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Joseph Mauritius Stummer

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 18.03.1808 - † 12.02.1891
Geschlecht: m
Geburtsort: Korneuburg, NÖ
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
weitere Namen: Stummer von Traunfels
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Techniker und Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Mathäus St., Baumeister (+1837)
Mutter: Maria Anna, geb. Belloni
Geschwister: Alois (*um 1809); Johann (*um 1811)
Ehe (1839) mit Auguste, geb. Prechtl (1816–1908)
Kinder: Joseph (1839–1893) Ingenieur; Rudolf (1848–1928) Eisenbahningenieuer; Carl, Bankbeamter; Auguste (1841–1873), verh. Schulz; Hugo (1843–1891)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Normalschule und humanistisches Gymnasium
1824–1830Polytechnikum Wien (Studium des Baufaches)
1826Abschluss der Maurerlehre
1827–1831Akademie der bildenden Künste Wien (Architektur bei Nobile)
1830Praktikum bei seinem Vater
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1831–1833Assistent am Polytechnikum (Vorläufer der Technischen Universität) Wien
1833–1836Supplent am Polytechnikum
1836–1866Professor für Land- und Wasserbau am Polytechnikum (wird 1842 in „Wasser- u. Straßenbau“ u. „Landbaukunde“ geteilt)
1843technischer Direktor der Kaiser Ferdinand-Nordbahn
1867emeritiert als Professor des Polytechnikums
1874Herausgeber der Zeitschrift „Stummers Ingenieur“
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Auszeichnungen und Ämter
1838Mitglied der Commission zur Restaurierung des Stefansturmes
1841Mitglied der Commission zur zweckmäßigeren Heizung öffentlicher Ämter
bis 1882Präsident des Direktoriums der Kaiser Ferdinand-Nordbahn
1843Mitglied des Hofkammer-Baucomitees zur Unterbringung der Hofämter (in Zusammenarbeit mit Paul Sprenger)
1846–1848Mitglied in der Commission zur Ausführung eines Regierungsgebäudes in der Herrengasse
1859–1881Vorstand des technischen Ausschusses des Vereines der deutschen Eisenbahnverwaltung (1881 Ehrenpräsident)
1872Präsident der Freiherr v.Königswarter Stiftung
ohne Datum:
Vizepräsident des Verwaltungsrates der Karl Ludwig-Bahn
Verwaltungsrat der Kärntner Bahn
Vizepräsident des österr. Kunstvereins
Schätzmeister der NÖ Hypothekenanstalt
Ehrenmitglied diverser wissenschaftlicher Vereine
1850königlich preußischer Roter Adler Orden 3. Klasse
1853Medaille 1.Klasse (Ausstellung Paris)
1855Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft
1862Medaille 1.Klasse (Ausstellung London)
1865päpstlicher St.Gregor Orden
1866Orden der eisernen Krone 3.Klasse, Erhebung in den erblichen Ritterstand „von Traunfels“
1867Regierungsrat
1878Hofrat
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Mitgliedschaften
ab 1854Österr. Ingenieur- und Architektenverein (zeitweise im Verwaltungsrat)
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Vita
Josef Stummer wurde 1808 als ältester Sohn eines Baumeisters in Korneuburg, NÖ, geboren und wuchs in gehobenen Verhältnissen auf. Der Vater war nicht nur Landesinnungsmeister von Niederösterreich, sondern auch in Wien konzessioniert und für die Militärbaubehörde tätig. Joseph Stummer besuchte die Normalschule in Korneuburg und erhielt dann am Wiener Schottengymnasium eine humanistische Ausbildung. 1824 begann er mit dem Studium des Baufaches am Polytechnikum und absolvierte gleichzeitig eine Maurerlehre bei seinem Vater. Im Anschluss daran besuchte er die Akademie der bildenden Künste, um bei Pietro Nobile Architektur zu studieren.

1830 legte er sein Praktikum im Betrieb seines Vaters ab und leitete in dieser Zeit u.a. den Bau der Dampfbäder des k.k. Militärspitals und den Ausbau des Allgemeinen Krankenhauses in Wien. Danach erhielt er einen Lehrauftrag am Wiener Polytechnikum, den er zu Beginn als Assistent, später als Supplent für Prof. Purkyne ausübte. 1836 wurde er zum Professor für Land- und Wasserbau ernannt und führte einen Erweiterungsbau des Instituts durch. In dieser Zeit begann auch seine Tätigkeit für die neu gegründete Kaiser Ferdinand-Nordbahn, deren „Aufnahmsgebäude“ er in den Jahren 1837–1838 errichtete und für die er in der Folge als technischer Leiter bis zu seiner Pensionierung tätig war und an deren Ausbau er wesentlichen Anteil hatte. Anfang der vierziger Jahre wurde er in die Hofbaukommission berufen und war in dieser Funktion – des öfteren in Zusammenarbeit mit Paul Sprenger – mit der Errichtung einer Reihe von ärarischen Bauten befasst, wobei die Bandbreite Monumentalbauten bis Industrieanlagen umfasste. Doch im Rahmen seiner zahlreichen Tätigkeiten blieb das Bahnwesen sein zentrales Anliegen, wobei er sich nicht nur um technische Belange, sondern auch um organisatorische und kommerzielle Aufgaben kümmerte. Insbesondere als ausländische Unternehmen versuchten, im österreichischen Bahnwesen Fuß zu fassen, gelang es ihm, dies zu verhindern. In diesem Sinn verstand er es auch, der österreichischen Bahn mit seinem „Nordbahntableau“, das er auf den Weltausstellungen in Paris (1853) und London (1862) präsentierte, internationale Anerkennung zu verschaffen. Seine Verdienste als maßgeblicher Eisenbahnfachmann wurden vom Kaiser 1866 mit der Verleihung des Ordens der Eisernen Krone und der Erhebung in den Adelsstand gewürdigt.

1867 wurde Stummer auf eigenen Wunsch vorzeitig emeritiert, um sich ausschließlich dem Bahnwesen zu widmen. Daneben betätigte er sich auch als Herausgeber und publizierte mehrere Fachartikel, darunter eine graphische Darstellung der Gliederung der österreichischen Lehranstalten. Als Mitglied zahlreicher Kommissionen und gefragter Juror war er generell von Bedeutung für das Baugeschehen seiner Zeit. Als österr. Repräsentant nahm er auch an der Eröffnung des Suezkanals teil. Stummer, der zahlreiche Orden und Auszeichnungen erhalten hatte, ist nach kurzer Krankheit im 73.Lebensjahr verstorben. Aus seiner Ehe mit Auguste Prechtl, der Tochter Johann Prechtls (Gründers des Polytechnikums), gingen fünf Kinder hervor, von denen nur zwei überlebten. Zwei seiner Söhne, Joseph jun. (1839–1893) und Rudolf (1848–1928) wurden gleichfalls Eisenbahningenieure. Sein Enkel Rudolf Stummer (*1866) ein berühmter Zoologe. Nach Stummer ist eine Gasse im 20.Bezirk benannt.
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Stellenwert
Joseph Stummer, dessen Ausbildung noch in die zwanziger Jahre des 19.Jh.s fällt, war einer der letzten, die die Tätigkeit eines Architekten mit der eines Ingenieurs verbanden. Dies ergab sich insbesondere auch durch die Schwerpunktsetzung seines Aufgabenbereichs für technische Nutzbauten.

Erschwerend in der Aufarbeitung von Stummers Werk ist jedoch der Umstand, dass viele seiner Bauten nicht mehr existieren bzw. in Zusammenarbeit mit anderen Architekten entstanden sind. Als Schüler Pietro Nobiles sind seine Entwürfe zumeist von einer klassischen Tradition geprägt. Diese Haltung zeigt auch eines seiner architektonischen Hauptwerke, der Entwurf für den Ausbau des Polytechnikums (1836). Ganz dem Geiste Palladios verpflichtet, wird das Gebäude mittels eines Sockelgeschosses und einem übergiebelten Mittelrisalit strukturiert. Der Einsatz der großen Ordnung vermittelt den monumentalen Anspruch. Eine ähnliche, klassische Haltung zeigen auch Stummers Entwürfe für das nicht realisierte Bankogebäude (1843) oder auch für das Regierungsgebäude in der Herrengasse (1847), wobei letzteres von Paul Sprenger schließlich in einer damals schon progressiveren Formensprache mit romantischen Anklängen realisiert wurde.

Dieses Verharren in der klassischen Tradition ermöglichte Stummer aber anderseits einen unproblematischen Zugang bei der Errichtung von funktionalistischen Nutzbauten. So war das 1837 errichtete Bahnhofsgebäude der Kaiser Ferdinand-Nordbahn von einer erstaunlich nüchternen Formensprache geprägt. Für den Neubau des Bahnhofs von 1865 arbeitete Stummer noch das Bauprogramm aus und hatte die technische Leitung über. Seine Beschäftigung mit dem Bahnwesen führte generell dazu, dass er sich ab den frühen fünfziger Jahren des 19.Jh.s von der architektonischen Tätigkeit weitgehend zurückzog, um sich um so intensiver als Ingenieur zu betätigen. Insbesondere widmete er sich dem Ausbau der diversen Bahnlinien der Kaiser Ferdinand-Nordbahn, wobei er neben technischen Bauten wie Brücken auch Baukräne und technische Ausrüstungen entwarf. Im Zuge dieser Arbeiten trieb er die technische Entwicklung in vielen Bereichen voran. Neben der zunehmenden Verwendung von Eisen in konstruktiver Hinsicht hatte er sich vor allem auch mit modernen Heizungssystemen befasst. Dass Stummers Engagement im Eisenbahnwesen auch organisatorische und kommerzielle Bereiche umfasste, wurde bereits erwähnt. Generell kann man Stummer neben Ghega und Negrelli als einen der Gründungsväter der österreichischen Bahn betrachten.

Neben Stummers intensivem Engagement für das Eisenbahnwesen tritt seine jahrelange Lehrtätigkeit als Professor am Polytechnikum ein wenig zurück, auch wenn so bedeutende Persönlichkeiten wie van der Nüll, Sicardsburg, Moritz Wappler und August Prokop zu seinen Schülern gehörten.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1830Wohnhaus der k.k. Wasserbaudirektion, Wien, Zwischenbrücken
um 1840Aufstockung des alten Bankogebäudes, Wien 1, Singerstraße (nicht erhalten)
1855Bankgebäude, Wien 1, Herrengasse 14 (Vorarbeit und technische Leitung)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1830Dampfbäder des k.k. Militärspitals in Wien
1833–1834Erweiterungsbau des Allgemeinen Krankenhauses (Trakt zur Garnisongasse, Bauleitung), Wien 9 Alserstraße 4
1838–1844Stephansturm (technische Leitung der Restaurierungsarbeiten, mit Paul Sprenger)
1836–1839Erweiterungsbau der Technischen Hochschule (Westflügel, Mitteltrakt, „Lammtrakt“ und ein Pavillon für Ausstellungszwecke) Wien 4, Karlsplatz 12–13
1837–1838Aufnahmsgebäude der Kaiser Ferdinand-Nordbahn (1859 Programm für den Neubau von 1865, später abgerissen)
1846–1848Regierungsgebäude (NÖ Statthalterei), Wien 1, Herrengasse 11 (technischer Konsulent, Entw. Paul Sprenger)
1846Hauptpostgebäude, Wien 1, Postgasse 8–10 (Vorpläne u. technische Leitung, Entw. Paul Sprenger)
1858Synagoge in der Leopoldstadt (technischer Konsulent, Entw. Förster)

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
1836Brauerei Held (möglicherweise Wien)
1836Ausbau der Pferdebahn in Greinburg, NÖ
1840Tabakfabrik, Schwaz, Tirol
1846Adaptierung der alten k.k. Porzellanfabrik für die Tabakherstellung, Wien, Rossau
um 1840Ausbau der Nordbahnstrecke Leipnik–Oderberg, Österr. Schlesien / Bohumin, PL
1848Ausbau der Norbahnstrecke Olmütz–Prag / Olomouc–Praha, CZ
Bahnbrücken:
1844Oderbrücke bei Oderberg, Österr. Schlesien / Bohumin, PL
1849Donaubrücke in Ungarn
1858Wiederherstellung der Lundenburger Brücke

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1843Bankogebäude, Wien 1, Herrengasse (Erweiterungpläne)
1846–1848Gebäude der NÖ Landesregierung, Wien 1, Herrengasse (Vorentwurf)
um 1850Entwurf einer zentralen Wiener Bahnhofsanlage
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
J. Stummer: Eisenbahn-Karte der wichtigsten Routen Europas. Wien 1859
J. Stummer: Praktische Anleitung zum Tracieren der Eisenbahnen. Weimar 1867
J. Stummer: Graphische Darstellung der Gliederung der österr. Lehranstalten, 1882
J. Stummer: Darstellung der Geschichte der Kaiser Ferdinand Nordbahn. Wien 1885
weitere div. Fachliteratur

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Stummer Archiv (Prof. Rudolf Stummer, Velden); TUWA (Personalakt)
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Sekundärquellen

LITERATUR:
E. Bacher: 150 Jahre Technische Hochschule Wien. Wien 1965, S. 222f
H. Gollob: Joseph Stummer v.Traunfels. In: Blätter für Technikgeschichte 1952, H.14, S.64ff
H. Gollob: Josef Stummer v.Traunfels und die ersten Wiener Bahnhofsanlagen. In: Wiener Geschichtsblätter 1952, S.65
H. Gollob: Der Wiener Architekt J.M. Stummer. In: Wiener Geschichtsblätter 20.1965,S.426ff
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20.Jh.s., 2.Bd., Wien 1906
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jh. Wien 1970
E. Lichtenberger: Wirtschaftsfunktion und Sozialstruktur. Die Wr.Ringstraße, Bd.6. Wiesbaden 1970, S.54ff

HINWEISE AUF WERKE:
Allgemeine Bauzeitung
4.1836, S.205 ff (Polytechikum Wien)

M. Eisler: Das bürgerliche Wien 1770–1860. Wien 1929, T. 69 (Nordbahnbahnhof)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio Wien/2 (II.–IX.u.XX. Bez.)

LEXIKA:
Wurzbach; Czeike

INTERNETLINKS:
www.wikipedia
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Anmerkungen
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 31.10.2011
Zuletzt geändert: 01.12.2011
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