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Wilhelm Jelinek

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Ausstellungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 09.06.1845 - † 08.02.1919
Geschlecht: m
Geburtsort: Zbozi u Ubislavice
damaliger Name: Zbozi bei Tschaslau/ Böhmen
Land: Tschechien
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
weitere Namen: Jellinek
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt, Kunstgewerbler
Familiäres Umfeld: Ehe mit Henriette, geb. Tisch
Kinder: Hilda, Otto, Margarete, Maria
Grabstelle Zentralfriedhof Wien
Bürogemeinschaft: 1874-1883 Bürogemeinschaft mit Anton Groß
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Realschule
1860-1862Schüler von Fr. Schmoranz d.Ä., Stadtbaumeister in Chrudim, Böhmen / CZ
ab 1862Hospitanz an der Wiener Technischen Hochschule in der Spezialschule Th. Hansen
mehrere Studienreisen nach Deutschland und in die Schweiz, 1872 Italien
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1862-1869 Tätigkeit in Wien, im Büro Hansen Büroarbeiten und selbständige Bauleitungen
1869-1871 im Büro C. Tietz tätig
um 1872Beamter der Union-Baugesellschaft, Wien
1874-1883 selbständiges Büro mit Anton Groß
ab 1883 (Erkrankung Groß) eigenes Büro (alleine)
1902-1903Hausarchitekt des Künstlerhauses Wien (1906-1907 wieder)
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Auszeichnungen und Ämter
1910Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens
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Mitgliedschaften
ab 1873Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (o.J. Mitglied des Architektenclubs, 1900 Obmann-Stellvertreter)
ab 1873Österreichischer Ingenieur- und Architektenverein
ab 1907Zentralvereinigung der Architekten (ab der Gründung)
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Vita
Wilhelm Jelinek wurde 1845 in Zbozi, Nordböhmen, geboren. Zunächst erhielt er eine Ausbildung bei dem Stadtbaumeister F. Schmoranz sen. in Chrudim. 1862 kam er nach Wien, wo er an der Technischen Hochschule bei Th. Hansen hospitierte und auch in dessen Büro tätig wurde. Ab 1869 arbeitete er im Baubüro von C. Tietz und anschließend als Beamter der Union-Baugesellschaft, Wien. Wilhelm Jelinek unternahm Studienreisen nach Deutschland, in die Schweiz und nach Italien.

1874 machte sich Jelinek gemeinsam mit Anton Groß selbständig. Als Groß erkrankte, wurde 1883 die Bürogemeinschaft aufgelöst und Jelinek betrieb die Firma alleine weiter. Die Spezialisierung auf eine bestimmte Bauaufgabe – Wohn-, Miets- und Geschäftshäuser – sollte Jelinek ökonomisch zum Verhängnis werden: Nach Ausbruch des Krieges 1914 erhielt er kaum noch Aufträge, da die infrage kommenden Bauherren, meist bürgerliche Geschäftsleute, nur noch zögerlich investierten. Auch die Verdrängung durch die nachfolgende Architektengeneration, anderen Ideen verpflichtet, mag eine Rolle bei dieser Entwicklung gespielt haben. Der Architekt war somit auf Zuschüsse von mehreren Seiten angewiesen, zumal er Frau und vier Kinder erhalten musste. Schon 1914 beklagte er, seit zwei Jahren keinen nennenswerten Auftrag erhalten zu haben.

Eine wesentliche Rolle spielte Wilhelm Jelinek in der Genossenschaft der bildenden Künstler. Abgesehen vom Umbau des Künstlerhauses und zahlreichen kleineren Veränderungen war er auch über viele Jahre als Funktionär in unterschiedlichen Bereichen dieser Institution tätig. Als Gründungsmitglied der Zentralvereinigung der Architekten war Jelinek auch in dieser Interessensvertretung stark engagiert. Großen Stellenwert im Œuvre Jelineks nahmen weiters die Gestaltungen von Interieurs und kunsthandwerklichen Erzeugnissen ein, was sich auch in seiner Selbstbezeichnung als „Kunsthandwerkler und Architekt“ äußerte.

Wilhelm Jelinek starb 1919, seine nunmehr in Linz lebende Witwe musste sich noch in den 30er Jahren schriftlich an die Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens um Unterstützung wenden, jedoch vergeblich. Diese Entwicklung hatte stattgefunden, obwohl Jelinek lange Zeit nicht nur ein gefragter Architekt gewesen war, sondern auch Anerkennung durch die wiederholte Präsentation seiner Arbeiten bei Ausstellungen erfahren hatte.
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Stellenwert
Wilhelm Jelinek errichtete in den mehr als vierzig Jahren seiner Berufslaufbahn eine große Anzahl von Bauten, vorwiegend Wohn-, Miets- und Geschäftshäuser. Während dieser langen Zeitspanne sind im Schaffen des Architekten jedoch verhältnismäßig wenig stilistische Veränderungen zu bemerken. Die Vorstellungen Jelineks wurden offenbar in seiner Jugend festgelegt, besonders die Studienreise nach Italien sollte für ihn prägend werden: Die von 1874 bis 1883 von Groß und Jelinek errichteten Privat- und Geschäftshäuser folgten vor allem in der Fassadengestaltung italienischen Vorbildern. Die Architekten bedienten sich eines aus Renaissance und Barock Venedigs abgeleiteten Formenvokabulars. Ab der Jahrhundertwende finden sich auch secessionistische Einflüsse in den Werken Jelineks, doch zeigen sich diese stets nur in den dekorativen Details. Abgesehen von Wien finden sich Bauwerke Jelineks vor allem im Süden der österreichisch-ungarischen Monarchie: Graz, Triest, Laibach (Ljubljana), Agram (Zagreb) etc.

Für Jelineks Werk eher ungewöhnliche Bauaufgaben stellten das Bankgebäude der n.ö. Escomptegesellschaft (Wien 1, Kärntner Straße 7) oder das Anstaltsgebäude des Giselavereines (Wien 1, Wipplingerstraße 33) dar. Hingegen ist die für sein Schaffen typische Aufgabe das Wohngebäude, wie z.B. das Haus Gumpendorferstraße 11-13, in welchem sich das Café Sperl befindet, eines der letzten erhaltenen Eckcafés Wiens. Auch das originale Interieur stammte von dem Architektenduo Groß und Jelinek, wurde jedoch stark verändert. Es scheint symptomatisch für die Karriere Wilhelm Jelineks zu sein, dass dieses oft genannt und abgebildet wird, der Name des Architekten jedoch kaum Erwähnung findet.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1878-1881Casa Panfilli, Triest, Küstenland / Trieste, I, Piazza della Stazione
1880Miethaus, Wien 6, Gumpendorferstraße 11-13 / Ecke Léhargasse (Cafe Sperl)
1882Mietpalais, Wien 6, Linke Wienzeile 16
1887Häusergruppe „Zum Ritter“, Wien 4, Margarethenstraße
1887Miethaus, Wien 7, Burggasse 31
1887Wohn- und Geschäftshaus Oskar Pischinger, Wien 7, Burggasse 31
1889Miethaus, Wien 6, Linke Wienzeile 54 / Joanelligasse 2
1889-1890Miethaus, Wien 6, Magdalenenstraße 54
1891-1892Miethaus „Zum Schlosserjungen“ Wien 5, Margarethenstraße 41-43 / Große Neugasse 46
1893-1894Geschäfts- und Wohnhaus, Wien 6, Gumpendorferstraße 15
um 1895Geschäftshaus für den Optiker Karl Müller (Krystallhof), Wien (Realisierung fraglich)
um 1895Zinshaus, Wien 2, Große Pfarrgasse 28 und 30
1896Geschäfts- und Wohnhaus, Wien 5, Schönbrunnerstraße 40
1899Wohn- und Geschäftshaus, Wien 1, Wipplingerstraße 20
1900Wohnhaus Patzelt-Hof, Wien 1, Judenplatz 6
1900-1901Wohn- und Geschäftshaus „Zum alten Babenberger Stadttor“, Wien 1, Wipplingerstraße 21
1902Familienhaus, Wien 19, Silbergasse 1
1911-1912Straßenhof, Wien 2, Taborstraße 24a
1915-1917 Wohn- und Geschäftshaus (ehemal. Anstalts - und Wohngebäude der "Gisela-Verein" -Versicherungsgesellschaft), Wien 1, Helferstorferstraße 17-19 / Hohenstaufengasse 10 / Wipplingerstraße 33 (Fertigstellung, Entwurf von Arnold Karplus)
o.J.Palais Lehrner, Wien 4
o.J.Palais Hieß, Wien 6
o.J.Palais Wagenmann, Wien 6

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1882-1884Bankhaus der Niederösterreichischen Escomptegesellschaft, Wien 1, Kärntner Straße 7
1902Neugestaltung der Gartenanlagen des Künstlerhauses, Wien 1 (Wettbewerb)

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1880Café Sperl, gemeinsam mit Groß, in dem von ihnen errichteten Haus, Wien 6, Gumpendorferstraße 11-13 (stark verändert erhalten )
1911Umbau Künstlerhaus, Wien 1
o.J.Vestibül im Kaffeehaus Froher, Wien 1, Kärntnerstraße 16
Kunstgewerbliche Entwürfe (Leuchter, Blumenständer) für L. Wilhelm, Wien

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1881Stephaniebrücke über den Donaukanal (Wettbewerb 1.Preis, mit den Ingenieuren Schmid und Hallama)
1896Bürgerspitalsfondsgebäude Laibach, Krain / Ljubljana, SLO (Wettbewerb, geteilter 1.Preis)
1897Croat.-slav. Forstverwaltungsgebäude Agram, Kroatien / Zagreb, HR (Wettbewerb, 2.Preis)
1906Neue Handelsakademie am Hamerlingplatz, Wien 8 (Wettbewerb, Ankauf)
um 1911Parzellierungsvorschlag für die Freihausgründe (Wettbewerb)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
KHA des WStLA
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Sekundärquellen

LITERATUR:
W. Aichelburg: Das Wiener Künstlerhaus 1861-2001. Bd.1. Wien 2003
K. Eggert: Der Wohnbau der Ringstraße im Historismus. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße. Bd.7, Wiesbaden 1976
Facaden und Details. Wien 1900
P. Kortz: Wien am Anfang d. 20. Jhds. 2 Bde. Wien 1906
Kunsthistorische Arbeitsgruppe GeVAG: Wiener Fassaden des 19.Jh.s. Wien 1976
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861-1951. Wien 1951, S.60, 218
M. Wehdorn: Die Bautechnik der Wiener Ringstraße. In: Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche. Bd. 11, Wiesbaden 1979
Wiener Neubauten im Style der Sezession. 5 Bde, Wien 1902–1908
Wiener Zeitung (Abendpost) 10.02.1919 (Nachruf)

HINWEISE AUF WERKE:
Allgem. Bauzeitung
49.1884, S.79f (Casa Panfilli, Triest)
50.1885, S.47 (Geschäftshaus der n.-ö. Escompte-Gesellschaft, Wien)
58.1893, S.88 (Wohnhaus des Herrn Gustav Brünner, VI. Bez. Magdalenenstr. 54 in Wien) / S.100 (Geschäfts- und Wohnhaus „Zum Schlosserjungen“ des Herrn Eduard Pfeil in Wien, IV., Margarethenstr. 41 und 43)
60.1895, S.72 (Zinshaus in Wien II., Große Pfarrgasse 28 und 30)

Der Architekt
1.1895, S.14, T.10 (Vestibule Wien 6, Gumpendorferstr. 25) / S.26, T.34 (Das Geschäftshaus für den Optiker Karl Müller in Wien – Krystallhof)
8.1902, T.58 (Entwurf für den Umbau einer Villa in Wien, XIX, Hohe Warte)

Architektonische Monatshefte
7.1901, T.22 (Miethaus in Wien)

Schweizerische Bauzeitung
15.1898, S.198 (Stephanie-Brücken-Concurrenz)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Dehio Wien/1 (I.Bez.); Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.)
L. Eisenberg: Das geistige Wien. Wien 1891
H. Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftstellerlexikon. Wien 1902
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
ThB; ÖBL
Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. 4 Bde. Wien 1979ff
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Ausstellungen
Künstlerhaus, Wien (mehrfach)
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Anmerkungen
fälschlich: Dehio 1, S.743 n.ö. Escomptegesellschaft von J. Gross und Jelinek: Der Partner von Jelinek hieß - laut eigenhändigem Lebenslauf Jelineks - Anton Groß, nicht zu verwechseln mit Johann oder Josef Groß
Dehio 2, S.256 nennt Joseph Groß als Partner Jelineks
Eingegeben von: Barbara Sauer
Eingegeben am: 01.05.2005
Zuletzt geändert: 17.05.2016
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