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Marcel Kammerer


Quelle: WrSTLA

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 04.11.1878 - † 25.12.1959
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Montreal, Quebec
Land: Kanada
Titel: Baurat h.c.
weitere Namen: Marcell, Marcellus
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt, Innenausstatter u. Maler
Familiäres Umfeld: Vater: Victor K., Geschäftsmann
Mutter: Josefine, geb. Hofer
1. Ehe mit: Ellen Joakim Aganoo (1877-1914)
Tochter Marcella, verh. Cotterill (1907-1981)
2. Ehe mit: Anna Frank (1890-1982)
Bürogemeinschaft: 1911-1918 Arbeitsgemeinschaft mit Otto Schönthal und Emil Hoppe (Büro, Wien 3, Ungargasse 4)
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1897Reifeprüfung, Staatsgewerbeschule Wien
1898-1902Akademie der bildenden Künste Wien (Meisterschule Otto Wagner)
1901Studienreise im Rahmen des Schwendenwein-Stipendiums nach Ägypten, Italien, Schweiz, England und Holland
um 1914Ausbildung zum Maler bei Franz Rumpler (Privatschüler)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1902-1910Erster Mitarbeiter im Atelier von Otto Wagner, gleichzeitig Realisationen von eigenständigen Projekten
ca. 1910-1919selbständiger Architekt (großteils in Bürogemeinschaft mit Emil Hoppe und Otto Schönthal), daneben auch Innenarchitekt und Designer
1919-1938Maler in Klosterneuburg, nur gelegentliche Übernahme von Architekturaufträgen
ab 1938Landesleiter für Bildende Künste des Gaus Wien
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Auszeichnungen und Ämter
1899Hansen-Preis
1900Rosenbaum-Preis
1901Schwendenwein-Reisestipendium
1911Ehrenzeichen der internationalen Ausstellung Rom
1913Silberner Ehrenpreis der Bauausstellung Leipzig
1915Preis der Gemeinde Wien für einen hervorragenden Bau (Wohnhaus, Wien 1, Dorotheergasse 5-7)
1920Baurat
1932Silberne Ehrenmedaillie d.Z.V.d. bildenden Künstler Österreichs
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Mitgliedschaften
ab 1919Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
ab 1907Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
ab 1906Gesellschaft Österreichischer Architekten
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Vita
Marcel Kammerer erhielt eine fundierte fachliche Ausbildung an der Staatsgewerbeschule Wien und an der Akademie der bildenden Künste in der Meisterschule Otto Wagners. Nach Abschluss seines Studiums war er über Jahre hinaus als Chefzeichner in Otto Wagners Büro tätig und hatte maßgeblich Anteil an einigen der prominentesten Bauten Wagners (u.a. Kirche am Steinhof und Wiener Postsparkassa, für die er auch einen Großteil der Möbel entwarf). Daneben führte er aber auch bereits selbständig einige bedeutende Projekte im Ausland aus, wobei sowohl der Hintergrund für diese zum Teil höchst spektakulären Aufträge, als auch seine frühe Ehe mit einer Indonesierin geheimnisvolle Umstände in Kammerers schillerndem Leben bleiben.

Nachdem Kammerer aus dem Büro Wagners ausgeschieden war, schloss er sich mit seinen Studienkollegen Emil Hoppe und Otto Schönthal zu einer Ateliergemeinschaft zusammen. Das sehr erfolgreiche Team realisierte nicht nur zahlreiche Bauten, sondern entwarf darüber hinaus auch Inneneinrichtungen, Möbel, Gläser, Textilien und anderes mehr. Daneben war Kammerer auch publizistisch tätig.

Nach Ende des Ersten Weltkriegs schied Kammerer aus dem gemeinsamen Atelier aus und betätigte sich, nachdem er Privatstunden bei Franz Rumpler genommen hatte, hauptsächlich als Maler. 1923 organisierte er eine Kollektivausstellung bei Eugen Artin in Wien. Kammerer lebte in der Zwischenkriegszeit relativ zurückgezogen in Weidling bei Klosterneuburg, wo er auch einige kleinere Villenumbauten und Gartengestaltungen ausführte. Nach der Machtergreifung der Nazis in Österreich wurde er in seiner Funktion als Landesleiter der bildenden Künste des Gaus Wien zu einer der maßgeblichen Persönlichkeiten im lokalen NS-Kunstbetrieb. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs emigrierte Kammerer nach Kanada, wo er im zweiundachtzigsten Lebensjahr starb.

Kammerer war zweimal verheiratet. Aus der ersten Ehe mit der Indionesierin Ellen Aganoor, die sehr früh verstorben ist, stammt eine Tochter.
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Stellenwert
Kammerer gehörte zum innersten Kreis der Schüler Otto Wagners. In seiner Funktion als langjähriger Chefzeichner in Wagners Büro hatte er nicht unwesentlich dessen Bauten aus dem ersten Jahrzehnt des 20.Jh.s mitgeprägt. Kammerer, den mit seinen Partnern Hoppe und Schönthal die künstlerische Herkunft von Otto Wagner verband, war allerdings die zwiespältigste Persönlichkeit dieses Teams.

Trotz seines eigenen hervorragenden zeichnerischen Talents hat er mehrmals publizistisch gegen die inflationäre Veröffentlichung von Entwurfszeichnungen Stellung genommen, die dadurch zum Selbstzweck verkommen würden. Er selbst konnte sich hingegen schon früh mit sehr repräsentativen Realisationen profilieren, wie insbesondere der äußerst großzügig dimensionierten Villa Assan in Bukarest, die den Idealvorstellungen der Wagnerschule entsprach.

Das gemeinsam geführte Atelier mit seinen Studienkollegen Emil Hoppe Otto Schönthal gehörte zum erfolgreichsten in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg und reflektiert den Glanz der frühen Wiener Moderne, die sich im Umfeld von Otto Wagner und der Wiener Secession etabliert hatte. Die Architektengemeinschaft verstand es sehr geschickt, das Postulat Wagners – die Schaffung eines modernen Nutzstils – nicht allzu radikal umzusetzen. Indem sie auch den dekorativen Anspruch nicht vernachlässigten, entsprachen sie genau dem Zeitgeschmack einer moderaten Moderne. Die Bandbreite des Ateliers umfasste Nutzbauten, Sportanlagen, Hotels, Schulen und anderes mehr, wobei der Schwerpunkt allerdings auf dem Wohnhausbau lag. Daneben entwarfen sie auch zahlreiche Inneneinrichtungen und diverse kunsthandwerkliche Objekte. Einer der qualitätvollsten Bauten der Ateliergemeinschaft ist das 1912 errichtete Wohn- und Geschäftshaus Wien 5, Wiedner Hauptstraße 128, dessen leicht ondulierende Fassade, die durch rahmende Elemente eine orthogonale Strukturierung erhält, die Leichtigkeit und Eleganz der Entwürfe des Ateliers vermittelt.

Kammerers Bedeutung als Maler, nach seinem Ausscheiden aus der Bürogemeinschaft, blieb hingegen weit hinter seinen frühen Erfolgen als Architekt zurück.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1902-1904Villa Assan, Bukarest, Rumänien / Bucuresti, RO
1924Villa in Weidling, NÖ, Steinwandgasse 1
mit Emil Hoppe und Otto Schönthal:
1909Miethaus, Wien 17, Rosensteingasse 73
1910Miethaus, Wien 4, Frankenberggasse 3
1910Miethaus, Wien 18, Martinstraße 17
1910-1911Geschäftslokal der Fa. Bakalowitz, Wien 1, Spiegelgasse 1 (nicht erhalten)
1910-1911Geschäftslokal der Fa. Köllner, Wien 1, Kärntner Straße (nicht erhalten)
1912Miethaus, Wien 18, Plenergasse 24
1912Miethaus, Wien 5, Wiedner Hauptstraße 126-128
1912-1914Miethausgruppe „Westermannhäuser“, Wien 1, Dorotheergasse 5 -7

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1905-1908Erweiterung Grand Hotel Wiesler, Graz, Stmk., Grieskai 4-8 ( teilweise erhalten)
um 1905Kurhotel Maria Schutz, Semmering, NÖ
mit Emil Hoppe und Otto Schönthal:
1910-1911Stationsgebäude der NÖ Landesbahn (u.a. Winterbach, Gösing)
1911-1913Trabrennplatz, Wien 2, Krieau
1912-1914Zentralbank der Deutschen Sparkassen, Wien 1, Am Hof 3-4

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1905Innenräume des Hotel Wiesler in Graz, Stmk.
1906Leseraum d. Österreich Ausstellung in London, GB
1911Raum d. Gesellschaft Österr. Architekten, Internat. Ausstellung in Rom, I (mit Hoppe u. Schönthal)
1912Kanzel des Domes in Trient, Tirol / Trento, I (mit Hoppe u. Schönthal)

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1905Kursalon u. Heilbad in Teplitz-Schönau, Böhmen / Teplice, CZ (Wettbewerb, 1.Preis)
1907Sparkassengebäude in Judenburg, Stmk. (Wettbewerb)
1907Kurhaus Meran, Tirol / I
1907Lehrerbildungsanstalt in Oberhollabrunn, NÖ (Wettbewerb)
1908Stadtheater Brüx, Böhmen / Most, CZ (Wettbewerb)
1909Theater in Focsani, RO
um 1910Wohn- u. Geschäftshaus in Meran, Tirol / I (mit Hoppe und Schönthal)
1911Villa in Rom, I
1912Kurpalast Abbazia, Küstenland / Opatija, HR (Wettbewerb, 1.Preis, mit Hoppe und Schönthal)
1912Gebäude d. Unfallversicherung der österr. Eisenbahnen, Wien
1913Villa in Spalato, Dalmatien / Split, HR (mit Hoppe und Schönthal)
1915Kriegergedenkstätte im Prater, Wien 2 (mit Hoppe und Schönthal)
1916Theater für Dreitausend (mit Hoppe und Schönthal)
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
M. Kammerer: Projekt zur Kuranlage Teplitz-Schönau. In: Der Architekt 11.1905, S.45 u. T.101ff
M. Kammerer: Erläuterungsbericht zu dem Projekt für den Neubau d. Lehrerbildungsanstalt in Oberhollabrunn. In: Der Architekt 14.1908, S.87ff
M. Kammerer: Über die Art der Darstellung unserer Entwürfe. In: Der Architekt 14.1908, S.41f
M. Kammerer: Die Architekten der Kunstschau Wien. In: Moderne Bauformen 7.1908, S.361f

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv ABK; Friedhofsverwaltung Klosterneuburg
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Ausstellung für kirchliche Kunst (Kat.). Wien 1912, S.19
F. Borsi / E. Godoli: Wiener Bauten der Jahrhundertwende. Stuttgart 1985
K. Holey: Neubauten d. Wr. Banken. Das Gebäude der Zentralbank d. dt. Sparkassa. In: Bildende Künste, Wr. Monatshefte 1.1916/18, 2. Zählg., S.8ff
A. Lehne: Jugendstil in Wien. Wien 1989
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV., und V. Bezirks. Wien 1980
M. Pozzetto: Die Schule Otto Wagners: 1894–1912. München 1980
U. Prokop: Wien. Aufbruch zur Metropole. Wien u.a 1994
A. Rössler: Drei Wiener Baukünstler. In: Der Architekt 18.1912, S.89ff
Völkischer Beobachter 7.8.1938, S.9 (M. Kammerer, Maler d. Ostmark) / 5.11.1943, S.5 (M. Kammerer, Architekt und Maler, 65 Jahre)
Wiener Neubauten im Style der Sezession, 2.Serie, 1904, T.30, 5.Serie, 1910, T.31f
Wiener Zeitung, 4.11.1953, S.3 (Baurat M. Kammerer, 75 Jahre)
I.B. Whyte: Emil Hoppe, Marcel Kammerer, Otto Schönthal. Berlin 1989

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
4.1898, S.21, T.43 (Sparkassa Laa a.d. Thaya)
5.1898, S.5 (Wohn- u. Geschäftshaus)
6.1900, Sonderh., S.19 (Künstlerheim)
7.1901, T.9 ff (Villa für einen Maler) / T.62 (Wohnhaus in Lovrana)
11.1905, T.11 (Friedhof Salo) / T.40 (Villa in Rom) / S.47, T.101f (Kuranlage Teplitz-Schönau) / T.75 (Hotel Wiesler)
13.1907, T.32f (Kurhaus Meran)
14.1908, Beil. österr. Konkurrenzen, S.28ff (Sparkassa Judenburg)
15.1909, T.25ff (Theater in Focsani) / S.54ff, T.43 (Hotel Wiesler) / S.38ff, T.29 (Villa Assan)
16.1910. S.15f, T.11 (Entwurf Stadttheater Brüx)
17.1911, S.65ff (Stationsgebäude d. NÖ Landesbahnen) / S.92f, T.94 (Miethaus Wien 18)
18.1912, S.89ff, T.90ff (Wr. Trabrennverein)
20.1914/15, T.17f (Landhaus in Spalato) / T.19ff (Miethaus Wien 1, Dorotheeerg. 5- 7) / T.28ff (Miethaus Wien 4, Wiedner Haupstr. 126) / T.31f (Hotelprojekt in Abbazia)
23.1920, S.45ff (Theater der Dreitausend)

Der Bautechniker
36.1916, S.9ff (Deutsche Zentralbank Wien 1, Am Hof)

Moderne Bauformen
7.1908, T.57 (Umbau Hotel Wiesler) / S.101 (Villa Assan) / S.394 (Mosaikraum)
8.1909, S.100f (Haus Assan) / S.459ff (Umbau Hotel Wiesler)

Österr. Wochenschrift f. d. öffentl. Baudienstes
18.1912, S.524f, T.46f (Kurpalast Abbazia)
25.1919, S.242, T.30f (Zentralbank der deutschen Sparkassa Wien 1)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. II;Achl. III/1; Achl. III/2; Dehio 1; Dehio 2; Dehio 3; Dehio/NÖ-Süd
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
ThB 19; ÖL
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Anmerkungen
Todesdatum in der Literatur zumeist fälschlich mit 1969 angegeben
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 01.11.2005
Zuletzt geändert: 11.05.2007
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