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Adolf Loos


Quelle A. Mansch: Meister-Archiv, ca. 1908

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Ausstellungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 10.12.1870 - † 23.08.1933
Geschlecht: m
Geburtsort: Brno
damaliger Name: Brünn, Mähren
Land: Tschechien
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Kalksburg, Wien 23
damaliger Name: Kalksburg, Niederösterreich
Land: Österreich
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt, Schriftsteller
Familiäres Umfeld: Vater: Adolf (1829-1879), Steinmetz u. Bildhauer
Mutter: Marie, geb. Hertl (1833-1921)
Adoption (28.12.1918) durch Ferencz Obermetter, Preßburg
Schwestern: Hermine (+1904), Irma Marie, verehel. Pirschl (+1907)
Neffe: Walter Pirschl/Loos (1894-1957), 1915 v. Loos adoptiert
1.Ehe (1902) mit Lina Obertimpfler (1882-1950), Schauspielerin, getrennt 1904
Lebensgemeinschaft (ca. 1905-1914) mit Elisabeth Bruce, verehel. (gesch.?) Lester (1886-1921), Tänzerin
2.Ehe (1919) mit Elsie Altmann, gesch. Grünfeld (1899-1884 i. Buenos Aires), Tänzerin, gesch. v. Loos (6.8.1926) wiederverh. Berger (1927) gesch. (1929), wiederverh. (um 1950) de Gonzalez Varona
3.Ehe (1928) mit Claire Beck (1904-1941 deportiert), gesch. 1932 od. 1933
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1880-1885 4 Klassen Gymnasium in Iglau, Brünn, Melk
1885-1887Staatsgewerbeschule Reichenberg
1887Ferienpraktikum als Maurer in Brünn bei Fa. Czapka & Neusser
1887-1888Staatsgewerbeschule Brünn
1889-1890Hospitant an der Technischen Hochschule Dresden
1890-1891Militärdienst als Einjährig Freiwilliger
1892-1893Studium an der Technischen Hochschule Dresden
1893-1896Aufenthalt in USA (Philadelphia, Chicago, New York, St.Louis)
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1896-1897Mitarbeiter im Atelier des Architekten Karl Mayreder, Wien
ab 1898selbständiger Architekt
1903Gründung der Zeitschrift „Das Andere – Ein Blatt zur Einführung abendländischer Kultur in Österreich“
1912Gründung der eigenen Bauschule
1920-1924Chefarchitekt des Siedlungsamtes der Stadt Wien
1921Patent „Haus mit einer Mauer“
1922-1927Aufenthalt in Frankreich
1926Vorträge an der Sorbonne, Paris
1928Rückkehr nach Wien
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Mitgliedschaften
1923Societaire des Salon d’Automne, Paris
1926Société cooperative d’Architectes
1930Ehrenmitglied der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs
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Vita
Adolf Franz Karl Maria Loos wurde 1870 in Brünn als erstes Kind des Bildhauers und Steinmetzmeisters Adolf L. geboren, der dort ein eigenes Unternehmen führte. Er hatte noch zwei jüngere Schwestern. Der frühe Tod des Vaters (1879) war für den jungen Adolf, der zu diesem Zeitpunkt die Volksschule in Brünn besuchte, offenbar ein einschneidendes Erlebnis, woraus die bald darauf einsetzenden Schwierigkeiten während seiner gesamten Schulzeit und möglicherweise auch das Zeit seines Lebens gespannte Verhältnis zu seiner Mutter zu erklären wären. Er trat nach der Volksschule in das Gymnasium ein, wo er vier Klassen teils in Brünn, teils in Iglau und in Melk absolvierte. Der Schulpflicht entwachsen, wechselte er, um weiterzulernen, an die Gewerbeschule in Reichenberg über. Nachdem er sich für das Baufach entschieden hatte, legte er im Sommer 1887 bei der Fa. Czapka & Neusser in Brünn das verpflichtende Maurerpraktikum ab. An der Brünner Staatsgewerbeschule beendete er dann sein letztes Schuljahr und besuchte ab Herbst, zunächst als Hospitant, die Technische Hochschule in Dresden. Statt im Jahr darauf mit dem ordentlichen Studium zu beginnen, meldete er sich im August 1890 als Einjährig Freiwilliger zum Militärdienst, von dem er als Reserveoffizier abrüsten konnte. Im Sommersemester 1892 begann er dann das Architekturstudium an der Hochschule in Dresden, brach es jedoch nach einem Jahr ab, um nach Amerika zu reisen.

Seine erste Anlaufstelle in Amerika war ein Onkel in Philadelphia. Außerdem besuchte er die 1893 in Chicago stattfindende Weltausstellung. Im Jahr darauf ging er nach New York, wo er sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten durchbrachte, bis er eine Stelle als Zeichner bei einem Baumeister fand. Da er der Aufforderung, die väterliche Erbschaft in Brünn anzutreten, nicht nachkam, wurde er unter Kuratel gestellt, was zum endgültigen Bruch mit seiner Mutter führte und später einen langwierigen Prozess auslöste. Im Mai 1896 trat er über London die Rückreise nach Wien an, da er zur militärischen Dienstleistung einberufen worden war.

Nach seinem Waffendienst trat Loos in das Atelier von Karl Mayreder ein, schied jedoch nach einem Jahr aus und begann sich publizistisch zu betätigen. Bekannt wurde er zunächst durch eine ab 1898 in der „Neuen Freien Presse“ erscheinende populäre Artikelserie, in der er kritisch zur Alltagskultur Stellung bezog und sich für eine Gewerbereform einsetzte. Mit einem Aufsatz in dem von der Zeitschrift „Der Architekt“ veranstalteten Wettbewerb „Die alte und die neue Richtung in der Baukunst“, den die Diskussion um Otto Wagners Schrift „Moderne Architektur“ ausgelöst hatte, errang er den 2.Preis. Loos schrieb auch für die Zeitschrift der Secession, „Ver Sacrum“. Nach seiner dort erschienenen Polemik „Die Potemkinsche Stadt“, in der er den verbreiteten Hang zur Imitation geißelte und die Auffassung vertrat, der Architekt habe sich auf das Funktionale zu beschränken und künstlerische Gestaltungsversuche an Gebrauchsgegenständen seien unangemessen, kam es zum Bruch mit den Architekten dieser Vereinigung. 1903 gründete er seine eigene Zeitschrift „Das Andere – Ein Blatt zur Einführung abendländischer Kultur in Österreich“, von der jedoch nur zwei Exemplare erschienen. Loos war sein ganzes Leben lang schriftstellerisch tätig und versuchte durch Vorträge und Publikationen der Öffentlichkeit seine Ideen einer kulturellen Reform in den verschiedenen Lebensbereichen nahezubringen.

In den ersten Jahren in Wien betraf Loos’ Tätigkeit als Architekt, neben der Teilnahme an Wettbewerben, nur die Innenarchitektur. Er war mit der Einrichtung und Umgestaltung von Läden und Wohnungen befasst, die er einem interessierten Publikum bei den „Wohnungswanderungen“ vorstellte. Allgemeinere Aufmerksamkeit errang er erstmals mit der schmucklosen, auf den Zweck ausgerichteten Ausstattung des „Café Museum“ (Wien 1, Operngasse 7, 1899), die durchaus positiv aufgenommen wurde. Loos bekanntestes und innerstädtisch größtes Werk war das 1909-1911 für die Schneiderfirma Goldman & Salatsch errichtete Geschäftshaus am Michaelerplatz. Auf Grund einer Pressenotiz über die völlig glatte Fassade des Hauses („Kornspeicher“) wurde ein Baustopp verfügt. Diese Gestaltung war zunächst jedoch nur als Provisorium gedacht, denn Loos hatte vor, erst die Wirkung der ganz in Marmor gehaltenen Geschäftszone abzuwarten, bevor er die geplanten horizontalen Mäanderstreifen an der Putzfassade aufbrachte. Von Presse und Politik zum Skandal hochgespielt, kam es zu heftigsten Polemiken gegen das Haus, denen das Gros der Architektenschaft und auch das Bauamt ablehnend gegenüberstanden. Letztendlich wurde der Bau mit schmuckloser Fassade genehmigt und Loos fügte noch bronzene Blumenkästen an den Fenstern hinzu. Die Aufregungen hatten bei ihm jedoch eine schwere Magenneurose ausgelöst, von der er sich nur langsam erholte. Loos, der weiterhin mit Geschäftseinrichtungen befasst war, bekam nun auch Aufträge für Einfamilien- und Villenbauten. 1912 wurde er von einigen Studenten Otto Wagners gebeten, sich um dessen Nachfolge an der Akademie zu bewerben, was ihm jedoch aussichtslos erschien. Er entschloss sich aber zur Gründung einer eigenen privaten Bauschule, deren Vorlesungen er in den Räumen der Schwarzwaldschule (Wien 1, Wallnerstraße 2 / Kohlmarkt) abhielt. Sie wurde nach der Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg, an dem auch Loos teilnahm, 1919 in einer Art Privatseminar fortgesetzt.

Nach dem Krieg engagierte sich Loos für die Vorhaben der Gemeinde Wien im gemeinnützigen Wohnungsbau. Anfangs war vor allem an Siedlungsbauten gedacht, die Loos als einzig richtige und sozial angemessene Lösung des Arbeiter-Wohnproblems ansah. Er erarbeitete dafür verschieden Haustypen, darunter auch den Entwurf für das „Haus mit einer Mauer“, den er sich patentieren ließ. Zunächst ehrenamtlich als Chefarchitekt tätig, wurde er dann zum Leiter des Siedlungsamts bestellt. Der Massengeschosswohnungsbau, den Loos ablehnte, verdrängte jedoch zunehmend den Bau von Siedlungshäusern. Als sein Projekt eines Terrassenwohnbaues, das er als Kompromiss vorlegte, nicht angenommen wurde, legte er sein Amt zurück und zog sich nach Paris zurück. Durch seine ins Französische übersetzten Publikationen, wie „Ornament und Verbrechen“ genoss er in Frankreich großes Ansehen. Eine Einladung, im Salon d’Automne auszustellen, war bereits vor dem Krieg an ihn ergangen, durch den Kriegsausbruch jedoch vereitelt worden. Schon unmittelbar nach Kriegsende hatte Loos wiederholt Reisen nach Frankreich unternommen, dabei auch immer auf der Suche nach Aufträgen, die er sich von der intellektuellen und künstlerischen Avantgarde erhoffte. 1924-1928 lebte er in Paris, hielt Vorträge an der Sorbonne, konnte von den vielen projektierten Bauten jedoch nur das Haus für Tristan Tzara (Paris 18, Avenue Junot 15, 1925) verwirklichen.

Bewegt wie seine berufliche Laufbahn war auch Loos’ Privatleben. 1902 heiratete er die 19-jährige Schauspielerin Lina Obertimpfler (1882-1940), die Ehe wurde nach drei Jahren getrennt. Noch im gleichen Jahr lernte er die englische Tänzerin Bessi Bruce kennen, mit der er eine Lebensgemeinschaft bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte, der ihre Wege trennte. 1918 begegnete er Elsie Altmann und wollte sie auf der Stelle heiraten, er galt jedoch trotz Scheidung nach kirchlichem Recht noch immer als mit Lina verheiratet. Sogar eine Adoption (durch Ferencz Obermetter, Preßburg) nahm er auf sich, um mit neuer (ungarischer) Staatsbürgerschaft Elsie ehelichen zu können. Das Kriegsende und der Zerfall der Monarchie löste das Problem: Loos war nun tschechoslowakischer Staatsbürger, 1919 heirateten sie. Loos engagierte sich sehr für die Karriere seiner Frau als Tänzerin. Die vielen beruflichen Trennungen ließen die Ehe jedoch 1926 scheitern. Loos, der während seines Frankreichaufenthalts (1924-1928) immer wieder nach Wien und in die Tschechoslowakei reiste, war 1928 in Wien mit einer peinlichen Sittlichkeitsanklage konfrontiert, die eine bedingte Strafe nach sich zog. 1928 lernte er Claire Beck kennen, die seine dritte Frau wurde. Loos war zu diesem Zeitpunkt bereits kränklich und immer wieder auf Kuraufenthalt. Auch seine ererbte Schwerhörigkeit verschlechterte sich zusehends. Trotz allem war er nach wie vor voller Pläne und tätig, auch um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Er reiste wieder nach Frankreich an die Côte d’Azur und suchte dort nach Aufträgen. 1931 kam es zum Bruch mit seiner Frau Claire, ein Jahr später zur Scheidung.

Noch zu seinem 60.Geburtstag war Loos von Kollegen und Schülern mit einer Festschrift geehrt worden und er, der immer allen Künstlerbünden skeptisch gegenüberstand, wurde zum Ehrenmitglied der Zentralvereinigung der Architekten ernannt. Nur zwei Jahre später war er durch einen Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt und mittellos. Seine Freunde veranstalteten eine Geldsammlung, um ihm einen Aufenthalt im Sanatorium Schwarzmann in Kalksburg zu ermöglichen. 1933, im 63.Lebensjahr, starb Adolf Loos in Kalksburg, die Grabrede sprach sein Freund Karl Kraus. Später wurde er in ein Ehrengrab am Zentralfriedhof umgebettet, über dem der von ihm selbst entworfene Grabstein steht.
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Stellenwert
Die drei Jahre, die Adolf Loos in Amerika verbrachte, waren prägend für seine Weltanschauung und sein späteres architektonisches Schaffen. Er kam dort mit Tendenzen in der Architektur in Berührung, die eine neue gesellschaftliche Realität spiegelten. Auf Grund dieser Erfahrungen argumentierte er später in seinen Publikationen, dass unter „modern“ nicht ein neuer Stil, eine neue Ornamentik zu verstehen sei, die neue Form der Baukunst müsse vielmehr auf den neuen, modernen Gegebenheiten des Lebens beruhen. Seine Ansichten, die er unnachgiebig vertrat, ließen ihn im Architekturgeschehen zu Beginn des 20.Jahrhunderts eine Außenseiterrolle einnehmen.

Die von Loos entworfenen Inneneinrichtungen waren auf die individuellen Bedürfnisse, den Geschmack und die finanziellen Mittel des jeweiligen Auftraggebers abgestimmt. Er war bestrebt, den Bewohnern höchste Wohnqualität zu vermitteln, wofür ihm bestimmte, immer wieder angewendete Elemente besonders geeignet erschienen. So verkleidete er, auch aus praktischen Überlegungen, die Wände meist mit einer Holzvertäfelung (bei repräsentativerem Anspruch mit Marmor), in die auch die Türen und Fenster einbezogen wurden. Er hatte eine Vorliebe für Balkendecken, manchmal als Raster angeordnet, um damit den Aufenthaltsräumen einen intimen, wohnlichen Charakter zu verleihen. In keiner seiner Wohnungen fehlte der Kaminplatz, nach englischem Vorbild und meist als gemütliche Sitznische gestaltet. Zur optischen Erweiterung kleiner, schmaler Räume setzte er gern Spiegel ein, ein Kunstgriff, den er besonders virtuos bei der American Bar (Wien 1, Kärntner Durchgang, 1908) zur Anwendung brachte.

Eine klare Gestaltung zeichnet auch seine Geschäftseinrichtungen aus, meist Herrenschneidersalons, deren Struktur einem Grundschema folgte: Verkauf im Parterre, Maßabteilung im Obergeschoß. Im zumeist schmalen Portalbereich verlegte Loos die Eingangstüre weiter nach innen, um die Auslagenfläche zu vergrößern. Portal- und Auslagenumrahmung wurden in Marmor, Glas, Messing und Holz ausgeführt, ohne Zierrat, die dekorative Wirkung den wertvollen Materialien überlassend (Herrenmoden Knize, Wien 1, Graben 13, 1913; Herrensalon Leschka, Wien 1, Spiegelgasse 13, 1923). Noch effizienter war die Lösung beim Haus Wien 1, Michaelerplatz 3, wo nicht nur der Eingang, sondern auch die Auslagen des Herrenmodesalons Goldman & Salatsch nach innen verlegt wurden, was für den Betrachter eine Erweiterung des öffentlichen Raums darstellt. Das Haus ist eine Skelettkonstruktion, bei der innerhalb der Außenmauern die Lasten nur von Stützpfeilern getragen werden, so war der Innenraum frei unterteilbar. Die Inneneinrichtung war übersichtlich nach dem Schema des Herrensalons konzipiert. In der Mittelachse lag die große Treppe mit trichterförmigem Anlauf, die die Kunden zum Maßsalon weiterleitete. Die luftige Transparenz der Mezzaninräume bewirken raumhohe Fenster mit klein gerasterter Verglasung. Für die weite Öffnung der Michaelerfront bildet ein Metallrahmen das statische Gerüst, die Marmorsäulen sind also nur optisch Träger. Sie dienen ebenso wie der stark farbige Marmor, dessen Äderung Loos dekorativ einsetzte, der repräsentativen Gestaltung der Geschäftszone. Bei repräsentativen Aufgaben griff Loos auf klassische Elemente der Baukunst, vor allem die Säule und ein kräftiges Gesims, zurück: der seichte Ehrenhof seines Entwurfs für das Kriegsministerium (1908) wird durch Doppelsäulen ausgezeichnet, ein Denkmal für Kaiser Franz Josef (1916) sollte von Kolonnaden umgeben werden. Höhepunkt ist das Wettbewerbsprojekt für das Gebäude der Chicago Tribune (1922), von Loos als dorische Säule entworfen.

Für Bauten, die öffentlich repräsentativ wirken sollten, bevorzugte Loos die Ausdruckskraft der traditionsgebundenen architektonischen Formen, beim Wohnbau hingegen war für ihn allein die Raumgestaltung im Inneren und nicht ein eindrucksvolles Äußeres ausschlaggebend. Seine Privatbauten, Villen und Einfamilienhäuser sind von schlichtem, fast kargem Aussehen. Sie haben entweder eine geschlossene kubische Form oder sind aus verschiedenen Kuben und einfachen stereometrischen Körpern zusammengesetzt. Bei einem seiner frühen Bauten, dem Haus Steiner (Wien 13, St.Veitgasse 10, 1910) ließ ihn die baubehördliche Vorschrift eine eigenwillige, aber effektive Lösung finden. Das Haus mit – wie vorgeschrieben – eingeschossiger Straßenfront und tonnenförmigem Mansarddach überrascht an der Gartenseite mit drei Geschossen, da die Tonne am Scheitelpunkt in ein Flachdach übergeht. Die Form der Halbtonne für ein geräumigeres Mansardgeschoß behielt Loos auch für das nur wenig später kostengünstig erbaute Haus Horner (Wien 13, Nothartgasse 7, 1913) bei. Hauptanliegen war Loos beim Entwurf seiner Häuser auch die Wohnqualität. Er suchte auf der gegebenen Grundfläche ein möglichst geräumiges Hausinneres zu schaffen. Mit Terrassen konnte die Verbindung nach außen intensiviert werden, wofür er etwa beim Haus Scheu (Wien 13, Larochegasse3, 1913) den Baukörper auf einer Seite im 1. und 2.Geschoss zurückstufte. Mit der baukünstlerischen Idee des Terrassenbaus setzte sich Loos immer wieder auseinander (Kaufhaus für Alexandrien 1910; Hotel Babylon 1923). Fast alle seine Häuser haben Flachdächer und eine unregelmäßige Fensterverteilung, die nach der inneren Raumaufteilung organisiert ist. Das Innenraumkonzept war auf Raumnutzung ausgerichtet, kein Winkel sollte ungenutzt bleiben, wofür Loos Einbaumöbel entwarf. Im Laufe der Zeit entwickelte er für seine Hausbauten einen „Raumplan“, der Räume auf verschiedenen Niveaus vorsieht, die an kein Stockwerk gebunden sind. Sie haben je nach ihrem Zweck und ihrer Bedeutung nicht nur verschiedene Größe, sondern auch verschiedene Höhen. Durch gegeneinander versetzte Geschosse ließ sich damit mehr an Wohnfläche schaffen. Beim Haus Rufer (Wien 13, Elßlergasse 9, 1922) wurde der Raumplan zum ersten Mal verwirklicht, beim Landhaus Khuner (Kreuzberg 60, NÖ, 1929) und vor allem beim Haus Müller (Prag, Nad Hradnim vodojemem 14, CZ) perfekt umgesetzt.

Nicht unwesentlich für die Entwicklung des Loos’schen Raumplans, der das Denken im Raum voraussetzt, war sein Engagement im Siedlungsbau nach dem Ersten Weltkrieg. Bei den Entwürfen für die kleinen Siedlungshäuser beschäftigte sich Loos eingehend mit der Raumökonomie in Anordnung und Nutzung der Räume, die die Raumdifferenzierung ermöglicht. Seine Häuser in der Werkbundsiedlung (Wien 13, Woinovichgasse 13-19, 1932) zeigen diesen Raumplan mit tiefer gelegter Küche, niedrigen Nebenräumen, hohem Wohnraum mit Galerie und Zwischengeschoß sehr anschaulich. Die Anordnung der Fenster spiegelt die räumlichen Verhältnisse im Inneren wider.

Nur ein kleiner Kreis brachte Adolf Loos zu Lebzeiten Verständnis und Anerkennung für sein baukünstlerisches Wirken entgegen. Die neuen Aufgaben und Wege des Bauens, die er vermitteln wollte, stießen auf Unverständnis. Es blieb späteren Generationen vorbehalten, das einzigartige Werk von Adolf Loos zu würdigen.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1904-1906Umbau Villa Karma, Clarens b. Montreux, CH
1910-1911Wohn- u.Geschäftshaus Goldman & Salatsch, „Looshaus“, Wien 1, Michaelerplatz 3
1910Haus Steiner, Wien 13, St.Veitgasse 10
1910-1911Umbau Haus Goldmann, Wien 19, Hardtgasse 27-29
1911-1912Haus Stössl, Wien 13, Matrasgasse 20
1912-1913Haus Scheu, Wien 13, Larochegasse 3
1912-1913Haus Horner, Wien 13, Nothartgasse 7
1915-1916Umbau Haus Duschnitz, Wien 18, Weimarerstraße 87 (verändert)
1916-1917Umbau und Erweiterung Haus Mandl, Wien 19, Blaasstraße 8 (1982 weitgehend verändert)
1918Villa des Direktors d. Rohrbacher Zuckerfabrik, Rohrbach bei Brünn / Hrusovany u Brno, CZ
1918-1919Umbau und Erweiterung Haus Strasser, Wien 13, Kupelwiesergasse 28
1921Wien 22, Siedlung Hirschstetten, Quadenstraße (mit Georg Karau, Franz Schuster, Franz Schacherl)
1921Siedlung „Friedensstadt“, Wien 13, Hermesstraße 1-77, 85-99 (stark verändert)
1921-1924Siedlung „Wien-West“, Wien 17, Röntgengasse 18-150, 17-99 (mit Hugo Mayer, stark verändert)
1922Umbau Haus Reitler, Wien 13, Elßlergasse 9
1922Haus Rufer, Wien 13, Schließmanngasse 11
1923-1924Landhaus Spanner, Gumpoldskirchen Nr.270 (durch Umbau völlig verändert, heute Weingut „Rotes Mäuerl“)
1925Haus Tristan Tzara, Paris 18, Avenue Junot 15, F
1928Haus Moller, Wien 18, Starkfriedgasse 19
1929-1930Landhaus Khuner, Kreuzberg 60, NÖ
1930Haus Müller, Prag, Nad Hradnim vodojemem 14, CZ
1930-1932Einfamilien-Doppelhaus für Werkbundsiedlung, Wien 13, Woinovichgasse 13-19
1931Haus Schnabl, Wien 22, Flachsweg, Mühlhäufel 27
1931Arbeitersiedlung Babi Nahod, CZ

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1907Schmuckfederngeschäft Sigmund Steiner, Wien 1, Kärntner Straße (nicht mehr erhalten)
1907-1908Kärntner Bar / American Bar, Wien 1, Kärntner Straße 10 / Kärntner Durchgang
1909-1913Herrenmodengeschäft Knize, Wien 1, Graben 13
1912Portal Buchhandlung Manz, Wien 1, Kohlmarkt 16
1913Café Capua, Wien 1, Johannesgasse 3 (nicht mehr erhalten)
1914Portal Anglo-österr. Bank, Wien 7, Mariahilfer Straße 70 (teilweise verändert)
1919Geschäftsportal Juwelierladen Spitz, Wien 1, Kärntner Straße 39 (besteht nicht mehr)
1922Geschäftsportal einer Bank, Wien 8, Tulpengasse 2 / Friedrich Schmidt-Platz (Zuschreibung)
1923Geschäftsportal Herrenmodengeschäft Leschka, Wien 1, Spiegelgasse 13
1927Herrensalon Knize, Paris, Avenue Champs-Elysees, F (verändert)
1929-1930Geschäftsportal Fa. Albert Matzner, Wien 1, Rotenturmstraße (mit Heinrich Kulka, nicht erhalten)

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1897Einrichtung Schneidersalon Ebenstein, Wien 1, Kohlmarkt 5 (verändert 2001)
1899Einrichtung des Café Museum, Wien 1, Operngasse 7 / Friedrichstraße 6
1909-1913Einrichtung Herrenmodesalon Knize, Wien 1, Graben 13
1931Glasservice für Fa. Lobmeyr, Wien
zahlreiche Wohnungseinrichtungen wie etwa für die Familien Haberfeldt, Beck, Turnovsky, Kraus, Brummel, Friedmann u.a. (nur zum Teil erhalten). Zimmer der ehemaligen Wohnung Adolf Loos’ (Wien 1, Bösendorferstraße 3) im Wien Museum.

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1899Skizzen zur Preiskonkurrenz der Kaiser Jubiläumskirche, Wien 2
1898Stadtplanungen
1900Entwurf f. Zionistische Siedlung Wien 14, Hütteldorf-Hacking
1907Konkurrenzprojekt für Kriegministerium, Wien 1 (Wettbewerb „Homo“)
1907Skizzen zur Karlsplatz-Regulierung, Wien 4
1908Konkurrenzentwurf Technisches Museum, Wien 14 (mit Victor Loos)
1909Projekt Hotel in der Friedrichstraße, Wien 1
1910Projekt Kaufhaus für Alexandrien
1913Projekt Hotel auf dem Semmering, NÖ
um 1913Projekt der Schwarzwaldschen Schulanstalten, Semmering, NÖ
1916-1917Projekt Verbauung der Gartenbaugründe, Wien 1, Parkring
um 1919Projekt Villa Konstandt, Olmütz / Olomucz, CZ (mit Paul Engelmann)
1920-1922Projekte für Siedlungen und Reihenhäuser
1921Projekt Grabmal für Max Dvorak
1922Projekt eines Landhauses in Gastein
1922Projekt Verbauung der Modenagründe, Wien 3
1922Konkurrenzentwurf für „The Chicago Tribune“ (Wettbewerb)
1923Projekt einer Villa am Meer
1923Projekt „Grand-Hotel Babylon“
1923Projekt Haus am Lido, Italien
1924Projekt Ausstellungspalais, Tientsin, China
1928Projekt Haus für Josephine Baker, Paris
1931Projekt Hotel-Hochhaus, Juan-les-Pins, F
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
A. Loos: Die alte und die neue Richtung i. d. Baukunst (2.Preis eines von Zeitschrift „Der Architekt“ ausgeschriebenen Wettbewerbs). In: Der Architekt 4.1898, S.31
A. Loos: Die Potemkinsche Stadt. In: Ver sacrum, Juli 1898
A. Loos: Das Andere – Ein Blatt zur Einführung abendländischer Kultur in Österreich. 2 Hefte, Wien 1903 (Zeitschrift)
A. Loos: Ornament und Verbrechen. Wien 1908
A. Loos / A. Schönberg / K. Kraus / O. Kokoschka / M. Ermers / L. Münch / G. Scheu: Richtlinien für ein Kunstamt. Wien 1917
A. Loos: Ins Leere gesprochen. Paris 1921
A. Loos: Trotzdem. 1931
A. Loos: Sämtliche Schriften. Bd.1 (Ins Leere gesprochen, Trotzdem). Franz Glück (Hg.). Wien-München 1962
A. Loos: Mein Haus am Michaelerplatz. In: Parnass Sonderheft 2. Wien 1985 (Reprint), S.4
A. Loos: Über Architektur. Ausgewählte Schriften (A. Opel, Hg. Reprint). Wien 1995

VORTRÄGE:
A. Loos:„Mein Haus am Michaelerplatz“. Vortrag am 11.12.1911, Wien, Sophiensaal
A. Loos:„Die moderne Siedlung“. Vortrag in Stuttgart 1926
A. Loos:„Der soziale Mensch“. Vortrag in Graz 1927

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Nachlass: Graph. Sammlung Albertina; HS der WStLB; WStLA (Verlassenschaftsabhandlungen); Matrikenarchiv Dompfarre St.Stephan, Wien 1; IKG; Pfarre Kalksburg (Sterbematrik) Wien 23; Dokumentationsarchiv d. Österr. Wiederstandes; Terezinska pamenti kniha 1., Prag 2005;
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Sekundärquellen

LITERATUR:
F. Achleitner: Die Wiener Architektur um 1900. In: „der aufbau“ 19.1964, S.144-151
F. Borsi / E. Godoli: Wiener Bauten der Jahrhundertwende. Stuttgart 1985
H. Czech / W. Mistelbauer: Das Looshaus. 3.Aufl. Wien 1984 (1978)
A. Gmeiner / G. Pirhofer: Der österreichische Werkbund. Salzburg/Wien 1985
Graph. Sammlung Albertina. Adolf Loos. (Ausst.Kat.) Wien 1989
L. Hevesi: Moderne Kaffeehäuser. In: Kunst und Kunsthandwerk, 2.1899, S.196
Hist. Museum d. Stadt Wien (Hrsg.): Das ungebaute Wien 1800 bis 2000. (Ausst.Kat.) Wien 1999
O. Kapfinger / A. Krischanitz: Die Wiener Werkbundsiedlung. Wien 1985
P. Kortz: Wien am Anfang des 20.Jh.s. 2 Bde Wien 1906
H. Krebitz: Adolf Loos – unbekannte Bauten. In: Der Bau 21.1966, H. 1/2, S.24f
H. Kulka: Adolf Loos. In: Österr. Kunst 2.1931, S.16-17
H. Kulka: Adolf Loos. Wien 1979
A. Lehne: Jugendstil in Wien. Wien 1989
W. Mrazek: Das Haus Müller. In: Alte und moderne Kunst. 5.1960, H.11/12, S.2-5
Á. Moravánsky: Die Architektur der Donaumonarchie. Berlin 1988
Á. Moravánsky: Die Erneuerung der Baukunst. Wege zur Moderne in Mitteleuropa 1900-1940. Wien/Salzburg 1988
L. Münz: Adolf Loos. Milano 1956
L. Münz / G. Künstler: Der Architekt Adolf Loos. Wien 1964
E. Ottilillinger: Adolf Loos. Wohnkonzepte und Möbelentwürfe. Salzburg/Wien 1994
M. Paul: Technischer Führer durch Wien. Wien 1910
P. Plaisier: De leerlingen van Adolf Loos. Delft 1987
U. Prokop: Wien. Aufbruch zur Metropole. Wien u.a 1994
B. Rukschcio / R. Schachel: Adolf Loos. Salzburg, Wien 1982
W. Schmied (Hrsg.): Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, 20.Jh. Bd.6 München u.a. 2002
H. Schöny: Wiener Künstler-Ahnen. Wien 1970
O. Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. Wien/München 1966
R. Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19.Jahrhundert. Wien 1970
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002 (1985)
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde Wien 1996-1998
D. Worbs (Hrsg:) Adolf Loos 1870-1933. Raumplan - Wohnungsplan. Berlin 1984.
H.J. Zechlin: Siedlungen von Adolf Loos und Leopold Fischer. In Wasmuths Monatshefte für Baukunst 13.1923, S.70-78

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
19.1913, T.145 (Kaufhaus in Alexandrien)
22.1919, S.163 (Wohnzimmer d. Architekten) / S.166 (Villa Scheu, Wien 13, Larochegasse 3) / S.167 (Villa Steiner, Wien 13, St.Veit-Gasse 10) / S.168 (Geschäftsportal Spitz, Wien 1)

Österr. Kunst
2.1932, S.25 (Häuser der Werkbundsiedlung)

Zeitschrift d. Österr. Ingenieur- und Architektenverein
75.1923, S.16f (Entwurf „The Chicago Tribune“)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2
Arch. Wien
Dehio Wien/1 (I.Bez.); Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.); Dehio NÖ/Süd A-L
A. Eckstein (Hrsg.): Künstler-Album. Wien 1890
H. Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Wien 1902
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977
H. Partisch: Österreicher aus sudetendeutschem Stamme. Wien 1961

LEXIKA:
AKL; Biographisches Lexikon der böhmischen Länder. 4 Bde Wien 1979ff; Czeike; Neue deutsche Biographie. Berlin 1953; ÖBL; ÖL; ThB; Vollmer; Weihsmann 05

INTERNETLINKS:
www.archinform.de; www.aeiou.at
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Ausstellungen
1984Wanderausstellung Prag
1933Gedächtnisausstellung d. Österr. Werkbundes, Wien
1987Städtische Galerie Karlsruhe
1989-1900Graph. Sammlung Albertina - Museum Stadt Wien - Looshaus, Wien
1999Das ungebaute Wien, Historisches Museum Wien
2006Galleria Nazionale D’Arte Moderna, Rom
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Anmerkungen
Irreführende Angabe bei H. Weissenbacher: „In Hietzing gebaut“: A. Loos hat seine private Bauschule weder an der TH Wien gegründet, noch dort geleitet.
Eingegeben von: Jutta Brandstetter
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 07.10.2021
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Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung