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Heinrich Tessenow


Quelle: Der Architekt 1916

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Ausstellungen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 07.04.1876 - † 01.11.1950
Geschlecht: m
Geburtsort: Rostock
Land: Deutsches Reich
Sterbeort: Berlin
Land: Deutschland
Titel: Dr.phil. hc.; Dr.ing. h.c.
Religionsbekenntnis: unbekannt
Berufsbezeichnung: Architekt und Fachpublizist
Familiäres Umfeld: Ehe (1903) mit Elly Mathilde Schülke
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1892-1893Lehrerbildungsanstalt Rostock
1894-1896Zimmermannslehre im Betrieb des Vaters
1896Bauschule in Neustadt-Mecklenburg
1897Baugewerkschule in Leipzig
1898-1900Eisenbahnassistent in Danzig
1900-1901Technische Hochschule München (u.a. bei Friedrich v. Thiersch)
1901Praxis bei Martin Dülfer in München
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
1902Lehrer an den Baugewerkschulen in Sternberg
1903Lehrer an der Baugewerkenschule in Lüchow
1904-1905Lehrtätigkeit an der Kunstschule in Saaleck bei Schultze-Naumburg
1905-1909Lehrer an der Baugewerkschule in Trier
1909-1910Assistent an der Technischen Hochschule Dresden bei Martin Dülfer
1910-1913freiberuflicher Architekt in Hellerau bei Dresden
1913-1919Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Wien
1920-1926Leiter der Architekturabteilung der Dresdner Kunstakademie
1926-1941Professor an der Technischen Hochschule Charlottenburg in Berlin
1926-1934Meisteratelier an der vereinigten Staatsschule für angewandte Kunst, Berlin
1936Meisteratelier an den vereinigten Staatsschulen, Berlin
1946neuerliche Berufung als Professor an die TH Berlin
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Auszeichnungen und Ämter
1920Mitglied der Peußischen Akademie der bildenden Künste
o.J.Ehrendoktor der Universität Rostock
1929Ehrendoktor der TH Stuttgart
1950Mitglied der Akademie der Bildenden Künste, Berlin
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Mitgliedschaften
1910Bund Deutscher Architekten (ab 1950 Ehrenmitglied)
o.J.Deutscher Werkbund (1949 – erster Vorsitzender)
1914Gesellschaft österreichischer Architekten
1919Handwerkergemeinde in Hellerau-Dresden (Gründungsmitglied)
1919-1938Wiener Secession
1921Novembergruppe
1924Sociedad Central de Architectas Buenos Aires (korrespondierendes Mitglied)
1926Architektenvereinigung „Der Ring“ (Gründungsmitglied)
1937Royal Institute of British Architects (Ehrenmitglied)
o.J.Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (korrespondierendes Mitglied)
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Vita
Heinrich Tessenow war der Sohn eines Bautischlers in Rostock. Nach dem Abschluss seiner Lehre im väterlichen Betrieb erhielt er eine qualifizierte Ausbildung an mehreren deutschen Fachschulen und zuletzt an der Münchner Technischen Hochschule. Nach einem kurzen Praktikum bei Martin Dülfer wurde er Lehrer an verschiedenen deutschen Baufachschulen. 1909 folgte er Martin Dülfer als Assistent nach Dresden und beteiligte sich dort an der Errichtung der Gartenstadt Hellerau, die bis heute als bahnbrechendes Projekt gilt. Vier Jahre später erhielt er eine Berufung an die Wiener Kunstgewerbeschule, wo er bis zum Ende des Ersten Weltkriegs unterrichtete. Aufgrund der ungünstigen Zeitumstände konnte er in Wien allerdings nur sehr wenig realisieren.

Nach dem Zusammenbruch der Monarchie kehrte Tessenow wieder nach Dresden zurück und wurde mit der Leitung der Architekturabteilung der dortigen Kunstakademie betraut. Mitte der 20er Jahre erhielt er eine Berufung an die Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg, daneben leitete er noch ein Meisteratelier an der Staatsschule für angewandte Kunst. In diesen Jahren errichtete er zahlreiche Siedlungen, Schulen und andere Einrichtungen der öffentlichen Hand. Daneben war Tessenow auch immer wieder publizistisch tätig. Nach der Machtergreifung der Nazis geriet er aufgrund seiner linksliberalen Positionierung in Schwierigkeiten und es wurde ihm vorübergehend die Leitung des Meisterateliers entzogen. Seinen Lehrstuhl an der Technischen Hochschule behielt er allerdings bis zu seiner Emeritierung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Heinrich Tessenow trotz seines fortgeschrittenen Alters aufgrund seiner politischen Integrität neuerlich als Professor eingesetzt. Mit zahlreichen Plänen beteiligte er sich noch am Wiederaufbau der deutschen Städte. Tessenow ist nach langer Krankheit im 74. Lebensjahr in Berlin gestorben.

Nach Tessenow ist auch ein Architekturpreis, die so genannte „Tessenow-Medaille“ benannt, die seit 1963 vergeben wird.
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Stellenwert
Heinrich Tessenow gilt als einer der bedeutendsten Vordenker auf dem Gebiet des sozialen Wohnbaus in der ersten Hälfte des 20. Jh.s.

Tessenow, der sich schon sehr früh mit dem Typus des Arbeiterwohnhauses beschäftigte, ging ursprünglich von der englischen Arts and Crafts-Bewegung aus und experimentierte mit der Übernahme vorindustrieller Wohnformen. Im sukzessiven Einsatz klassizierender Elemente, wie strikter Symmetrie, fand er jedoch bald zu einem nüchternen Rationalismus, den er 1909 erstmals in der Gartenstadt Hellerau bei Dresden umsetzte. Dieser formale Wandel reflektiert seine Suche nach der architektonischen Urform, die er in größtmöglicher Reduktion und Zweckmäßigkeit zu finden vermeinte. Demgemäß löste er sich auch von seiner ursprünglich handswerkbezogenen Haltung und sah in der Typisierung und industriellen Fertigung eine Möglichkeit zur Lösung des Wohnungsproblems. Die gleiche Zielsetzung verfolgte Tessenow auch bei seinen zahlreichen Inneneinrichtungen und Möbelentwürfen.

Die von ihm entwickelten Theorien publizierte Tessenow in zahlreichen Schriften und Fachartikeln, in denen er immer wieder die Zweckmäßigkeit propagierte und die Vereinfachung und Typisierung der Bauten forderte. Dementsprechend groß war auch sein Einfluss auf die europäische Architektur der Zwischenkriegszeit, auf Institutionen wie den Deutschen Werkbund ebenso wie auf Persönlichkeiten wie Le Corbusier. Tessenows Theorien waren aufgrund seiner langen Lehrtätigkeit in Deutschland, aber auch in Wien, für die folgende Architektengeneration maßgeblich. Zu den bekanntesten seiner SchülerInnen gehören – neben Albert Speer, der Tessenows Klassizismus missverstand und missbrauchte – insbesondere die Wiener ArchitektInnen Franz Schuster und Grete Schütte-Lihotzky, die in ihrem Werk sein Postulat der Schlichtheit und Zweckmäßigkeit fortführten.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
um 1905WHA für städtische Straßenbahner, Trier, D
1909-1910Gartenstadt Hellerau bei Dresden, D
1913-1915Gartenstadt „Falkenberg“, Berlin, D, Akazienhof / Gartenstadtweg (mit Bruno Taut)
1917Siedlung „Settlement“ Wien 16, Effingergasse 23 / Lienfeldergasse 20 (Mitarbeit)
1916-1918Landhaus Böhler in St.Moritz, CH (abgerissen)
1919Herrensitz, Csomaháza, H
1920Kriegersiedlung Rähnitz, D
1920Siedlung Pößneck, D
1921Angestelltenwohnhäuser der Brauerei, Rannersdorf, NÖ, Stankagasse 8-19
1928-1929Wohnsiedlung „Am Fischtal“, Berlin-Zehlendorf, D
1945-1947Wiederaufbauplanung für Mecklenburg und Lübeck, D
o.J.Gartenvorstadt „Hopfengarten“, Magdeburg, D
diverse Siedlungsanlagen

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1910-1912Bildungsanstalt für rhythmische Gymnastik in Dresden-Hellerau, D (Dalcroze Institut)
1925-1926Ausstellungsbauten für die Dresdner Jahresschau, D
1929-1930Schwimmbad, Berlin-Mitte, D, Gartenstraße 5
1925-1927Sächsische Landesschule in Klotzsche, Dresden, D
1927-1930Schule in Kassel, D
1931Ehrenmal für die Gefallenen des Weltkrieges, Berlin, D (Neu Wache)
1927-1930Stadtbad Berlin-Mitte, D
o.J.reformierte Kirche, Carlshafen a.d. Weser, D
diverse Ausstellungsbauten

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1914Ausstellungsraum d. Wiener Kunstgewerbeschule, Werkbundausstellung Köln, D
1926Internationale Kunstausstellung Dresden, D
Beteiligung an zahlreichen Ausstellungen
zahlreiche Möbelentwürfe

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1920Generalplan für eine Gartensiedlung für Wien
1917Gartenanlage im Krottenbachtal, Wien
1927Haus Freudenberg in Heidelberg, D
1936Ausgestaltung Trommelplatz Königsberg, D / RUS
1936KdF-Seebad auf Rügen, D
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Primärquellen

PUBLIKATIONEN:
H. Tessenow: Zimmermannsarbeiten. München 1907
H. Tessenow: Der Wohnhausbau, München 1909
H. Tessenow: Hausbau und dergleichen. Berlin 1916
H. Tessenow: Serie „Sparsame Bauweise“. Berlin 1918
H. Tessenow: Handwerk und Kleinstadt. Berlin 1919
H. Tessenow: Aus: Handwerk und Kleinstadt. In: Der Architekt 22.1919, S.83f
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Sekundärquellen

LITERATUR:
Anonym: Arbeiten von Heinrich Tessenow und seinen Schülern. In: Wasmuth’s Monatshefte 9.1925, S.365ff
G. Heuß: Heinrich Tessenow, Dank u. Glückwünsche seiner einstigen Schüler. In: Bauwelt 32.1941, H.15, S.256
Dipl.Ing. Kunze: Der Wettbewerb um den Trommelplatz in Königsberg. In: Bauwelt 27.1936, H.18, Beil. S.4ff
M. de Michelis: Heinrich Tessenow 1876-1950. Stuttgart 1991
A. Platz: Die Baukunst der neuesten Zeit. Berlin 1927
O. Riedrich: Die Möbelkunst Tessenows. In: Die Kunst 44.1931, S.97ff
K. Scheffler: Heinrich Tessenow: In: Der Architekt 21.1916/18, S.1ff
J. Spalt / H. Sommer: Heinrich Tessenow 1876–1950 (Aust.Kat.). HS f.angew. Kunst, Wien 1976
H. A. Vetter: Zu Tessenows Abschied von Wien. In: Der Architekt 22.1919, S.277f
G. Wangerin / G. Weiss: Heinrich Tessenow, ein Baumeister 1876 -1950. Essen 1976

HINWEISE AUF WERKE:
Auswahl:
Der Architekt
20.1914/15, T.88 (Schulgebäude in Hellerau)

Deutsche Kunst und Dekoration
59.1926, S.110 (Kunstausstellung Dresden)
68.1932, S.258ff (Ehrenmal für die Gefallenen d. Weltkrieges)

Innendekoration
37.1926, S.46f (diverse Interieurs)

Die Kunst
30.1914, S.477 (Ausstellungsraum d. Wr. Kunstgewerbeschule, Werkbundausstellung, Köln 1914)
46.1922, S.139 (diverse Kleinhausmöbel)
54.1926, S.145 (diverse Einrichtungen)
60.1929, S.60 (Einfamilienhaus Berlin)

Moderne Bauformen
26.1927, S. 335 (sächische Schule Klotzsche bei Dresden)

NACHSCHLAGEWERKE:
Dehio NÖ/Süd M-Z
F. Jansa: Deutsche bildende Künstler in Wort und Bild. Leipzig 1912

LEXIKA:
DBE 9; ThB 32
Reclams Künstlerlexikon (Hrsg. R. Darmstädter / U. Hase). Stuttgart 2002 Hatje-Lexikon d. Architektur d. 20.Jh.s (Hrsg. M. Lampugnani). Ostfildern-Ruit 1998

INTERNETLINKS:
www.archinform.net; www.vitruvio.ch
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Ausstellungen
1976Henrich Tessenow. Zum 100. Geburtstag. HS f. angew. Kunst, Wien
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Anmerkungen
Eingegeben von: Ursula Prokop
Eingegeben am: 01.11.2005
Zuletzt geändert: 16.02.2007
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