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Heinrich Karl Ried

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Auszeichnungen und Ämter
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 08.07.1881 - † 13.05.1957
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
damaliger Name: Hietzing bei Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Österreich-Ungarn
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Josef R. (*1847) Baupolier
Mutter: Theresia, geb. Wimmer (1845-1921)
Geschwister: Josefine (*1872); Theresia (*1877); Georg (*1883)
Ehe (1911) mit Maria Schwab (1880-1936)
Kinder: Ing. Ubald Rudolf (1911-1976); Irene (1914-1943) verh. Jelinek
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
o.J.Staatsgewerbeschule Wien (Werkmeisterschule)
um 1902Praxis bei Franz Kupka
1902-1904Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien (bei Viktor Luntz, Alfred Castelliz und Friedrich Ohmann)
1904-1905Mitarbeiter bei Friedrich Ohmann
1906Studienreisen nach Italien, Griechenland und Spanien
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1909selbständiger Architekt
1914-1918Kriegsdienst (1917 Ingenieurleutnant)
1926Befugnis zum Zivilarchitekt
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Auszeichnungen und Ämter
1904Gundel-Preis der Akademie der bildenden Künste
1905Staatsreisestipendium (Rom-Preis)
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Mitgliedschaften
1907-1912Wiener Bauhütte
ab 1909Gesellschaft der österreichichen Architekten
o.J.Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens
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Vita
Heinrich Ried wurde 1881 als das jüngste von vier Kindern eines Maurerpoliers in Wien geboren. Durch den Beruf des Vaters war seine zukünftige Laufbahn sozusagen bereits vorgezeichnet. Nachdem er die Staatsgewerbeschule absolviert hatte, begann Ried sein Studium an der Akademie der bildenden Künste in der Meisterschule von Viktor Luntz, die nach dessen frühen Tod von Alfred Castelliz vorübergehend übernommen wurde. Den Abschluss seines Studiums absolvierte Ried schließlich bei Friedrich Ohmann, dessen Mitarbeiter er auch kurzfristig war. Bereits während des Studiums erhielt er verschiedene Schulpreise, so das prestigeträchtige Staatsreisestipendium, das nur den Jahrgangsbesten vorbehalten war.

Nach einer längeren Studienreise in verschiedene Mittelmeerländer arbeitete Ried offenbar vorerst in einigen Büros, begann sich aber bereits an diversen Wettbewerben zu beteiligen, bis er sich um 1909 selbständig machte. Ausschlaggebend könnte sein spektakulärer Erfolg bei der Konkurrenz für das Künstlerhaus in Brünn gewesen sein, wo er den 1.Preis erhielt und in der Folge auch mit der Ausführung betraut wurde. In den nächsten Jahren erhielt er – Dank seiner intensiven Beteiligung an diversen Wettbewerben – weitere große Aufträge, wie u.a. für ein Sparkassengebäude in Budweis. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs leistete er als Ingenieurleutnant Kriegsdienst.

In der Zwischenkriegszeit nahm er neuerlich in Wien seine Arbeit als Architekt auf und war – neben einigen anderen Aufträgen – vor allem mit der Errichtung diverser Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien befasst. Über seine Tätigkeit während des Zweiten Weltkriegs ist nichts bekannt. Nach Kriegsende erhielt er – obwohl bereits in fortgeschrittenem Alter – infolge der Baukonjunktur der Wiederaufbaujahre noch verschiedene Aufträge und arbeitete bis kurz vor seinem Tod. Heinrich Ried, aus dessen Ehe zwei Kinder stammen, ist im 76.Lebensjahr in Wien gestorben.
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Stellenwert
Die äußerst langwährende Tätigkeit Heinrich Rieds umfasst die Zeitspanne von den letzten Jahren der Monarchie bis zu den frühen Wiederaufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Geprägt von seinem Lehrer Friedrich Ohmann, eines Exponenten eines secessionistisch angehauchten Neobarock, vertrat auch Ried stets eine äußerst dekorative Ausrichtung, die jedoch nicht frei davon war, zeitweilig ins Manieristische abzugleiten.

Schon das Frühwerk, einschließlich der zahlreiche Konkurrenzentwürfe, aber vor allem die beiden aufwändigen Realisationen, wie das Künstlerhaus in Brünn (1909) und die nur knapp später errichtete Sparkassa in Budweis (1911), bescherten Ried einen großen Erfolg und rückten ihn, nicht zuletzt auch infolge zahlreicher Publikationen, ins Rampenlicht der damaligen Architekturszene. Die Eigenwilligkeiten des Architekten, wie der höchst freie Umgang mit den Formen der Renaissance und ein überbordender Dekorativismus, wurden insbesondere bei der Budweiser Sparkassa manifest, die bis heute eine Sehenswürdigkeit der Stadt darstellt.

Die Früchte dieser frühen Erfolge sind Ried jedoch infolge des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs und der danach folgenden Wirtschaftskrise nicht so recht zugefallen. Erst ab Mitte der zwanziger Jahre erhielt er im Rahmen des Wohnbauprogramms des „Roten Wien“ mehrere Aufträge zur Errichtung von Wohnhausanlagen. Der 1925 errichtete Wohnhausbau in Wien 10, Bürgergasse 22 zeigt einen ähnlich freien Umgang mit Renaissanceformen wie die Budweiser Sparkassa, allerdings wesentlich reduzierter im Dekor. Bei der rund drei Jahre später errichteten Wohnhausanlage (Wien 14, Gründorfgasse 4, 1928) lässt der Architekt seinen Einfallsreichtum spielen, indem er die Loggien in elaborierter Weise versetzt anordnet. Auch der um 1930/31 errichtete städtische Wohnhausbau „Gerl-Hof“ (Wien 20, Vorgartenstraße 34) folgt mit seinen spitzwinkeligen Erkern und dem Einsatz eines aufwändigen figuralen plastischen Schmucks dieser eigenwilligen Ausrichtung.

Diese demonstrative Negation aller sachlichen Zeitstile und Strömungen – nach heutiger Auffassung eine Art Vorwegnahme der Postmoderne – brachte Ried bei der Wiederherstellung und Aufstockung des Wiener Justizpalastes, die er um 1930 durchführte, in Schwierigkeiten. Nach dem Brand des Gebäudes (1875-1881 von Alexander Wielemans errichtet) im Juli 1927, der von erzürnten Volksmassen gelegt wurde, hatte Ried im Rahmen eines Wettbewerbs den Zuschlag für Renovierung und Aufstockung erhalten. Die politisch ohnedies umstrittene Wiederherstellung eskalierte völlig, als nach der Abtragung der Baugerüste die Aufstockung sichtbar wurde, die sich in einem unzeitgemäßen Neorenaissancevokabular in kräftigen Farben präsentierte. Nahezu alle Fachleute und Architekten, inklusive Josef Frank und Josef Hoffmann, verurteilten die „Justizpalastschande“. Eine Ehrenbeleidigungsklage Rieds blieb allerdings ohne Folgen für die Kritiker.

Ungeachtet dessen setzte Ried seinen Hang zu einem verspielten Dekorativismus und manieristischen Eigenwilligkeiten sogar bis in die Wiederaufbauzeit der 1950er Jahre fort. Einer seiner letzten Bauten, eine Wohnhausanlage in Wien 4, Karolinengasse 24 (1951), stellt mit seiner ornamentierten Fassade in Anbetracht der Nüchternheit des Zeitstils nahezu eine Provokation dar. Nicht ohne eine gewisse Ironie charakterisierte Alfred Castelliz (1920) Rieds Eigenwilligkeiten auch als „Konflikt zu den banalen Zweckmäßigkeitsideen moderner Auftraggeber“.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1925WHA d.Gem. Wien, Wien 10, Bürgergasse 22
1928WHA d.Gem. Wien, Wien 14, Gründorfgasse 4
1931WHA d.Gem. Wien „Gerl-Hof“, Wien 20, Stromstraße 39-45 / Vorgartenstraße 34-40
1951WHA d.Gem. Wien, Wien 4, Karolinengasse 24
1956-1957WHA d.Gem. Wien, Wien 9, Liechtensteinstraße 131-133
diverse Landhäuser

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1909Künstlerhaus (Deutsches Haus), Brünn, Mähren / Brno, CZ , Malinovskeho namesti 2 (1946 von Bohuslav Fuchs umgebaut)
1911Sparkassengebäude (Böhmische Kreditanstalt / Komercni banka), Budweis, Böhmen / Ceske Budejovice, CZ, Krajnska ul.15
1920Lokale der Niederösterreichischen Bauernbank, Wien und Filialen (Adressen unbek., nicht erhalten)
1929-1930Wiederherstellung und Aufstockung des Justizpalastes in Wien, Wien 1, Schmerlingplatz 10-11
1948Wiederherstellung d. Bundesamts für Eich- u. Vermessungswesen Wien 1, Friedrich-Schmidt-Platz 3
1950Wiederaufbau der Geologischen Bundesanstalt (ehemals Palais Rasumofsky) Wien 3, Rasumofskygasse 23-25

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
diverse Fabriksbauten

INNENRAUMGESTALTUNG/DESIGN:
1909Inneneinrichtung Künstlerhaus (Deutsches Haus), Brünn, Mähren / Brno, CZ , Malinovskeho namesti 2 (nicht erhalten)
1911Innenreichtung Sparkassengebäude (Böhmische Kreditanstalt / Komercni banka), Budweis, Böhmen / Ceske Budejovice, CZ, Krajnska ul.15

NICHT REALISIERTE PROJEKTE:
1906Rathaus in Esseg (Slawonien) /Osijek , HR (mit Rudolf Sowa, Wettbewerb, ein 1.Preis)
1906Handelsakademie Wien 8 (mit Rudolf Sowa, Wettbewerb)
1907Tiroler Gewerbemuseum, Innsbruck, T (Wettbewerb, 3.Preis)
1908Handels- u. Gewerbekammer Troppau, österr. Schlesien / Opava, CZ (Wettbewerb)
1908Schulhaus Bregenz, Vlbg. (mit R. Masurka, Wettbewerb ein Ankauf)
1908Umbau des alten Kriegsministeriums Am Hof, Wien (Wettbewerb)
1909Kirche in Bodenbach / Podmokly, CZ (Wettbewerb)
1909Evang. Kirche in Wiener Neustadt, NÖ (Wettbewerb, 3.Preis)
1909Gemäldegalerie Reichenberg, Böhmen / Liberec, CZ (Wettbewerb)
1910Handels- u. Gewerbekammer Brünn, Mähren / Brno, CZ (Wettbewerb)
1910Theater in Aussig, Böhmen / Usti nad Labem, CZ (Wettbewerb)
1911evang. Kaiser Franz Joseph-Jubiläumskirche, Wien 2, Am Tabor (Wettbewerb, 3.Preis)
1915Denkmal für die Gefallenen des Krieges auf dem Leopoldsberg (Wettbewerb, ein Preis)
1924Wohnhausanlage Sandleiten, Wien 16 (Wettbewerb, mit J. Beer u. R. Sowa)
1928Schule Linz-Ost, OÖ ( mit Max Fellerer, Wettbewerb 3.Preis)
1933Richard Wagner-Denkmal, Wien (Wettbewerb)
o.J.Landhaus Trahowska in Trahütten, Stmk. (Projekt)
o.J.Landhaus Erben in Budweis, Böhmen / Ceske Budjovice, CZ (Projekt)
o.J.Landhaus Cohn in Budweis, Böhmen / Ceske Budejovice, CZ (Projekt)
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Archiv der ABK; Archiv der KAIK
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Sekundärquellen

LITERATUR:
A. Castelliz: Heinrich Ried. In: Moderne Bauformen 1921, S.1ff
F. Czeike: Wiener Bezirkskulturführer (9. Bezirk). Wien 1979
ÖKT 44: G. Hajos: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirks. Wien 1980
H. und R. Hautmann: Die Gemeindebauten des Roten Wien 1919-1934. Wien 1980
C. Jäger: Österreichische Architektur des 19. u. 20. Jahrhunderts. Wien 2005
A. Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstraße. In: R. Wagner-Rieger (Hrsg.): Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche Bd.4. Wiesbaden 1972
Kommunaler Wohnbau in Wien. Aufbruch 1923-1934, Ausstrahlung (Ausst.Kat.). Wien 1978
R. Schmidt: Das Wiener Künstlerhaus 1861-1951. Wien 1951
J. Sedlak: Brünn in der Epoche der Sezession. Brno 1995, S.89f
H. Weihsmann: Das Rote Wien. Wien 2002
P. Zatloukal: A Guide to the Architecture of Brno 1815-1915. Brno 2000

HINWEISE AUF WERKE:
Der Architekt
12.1906, S.39f, T.103f (Handelsakademie Wien 8)
15.1909, S.64, T.55 (Konkurrenzentw., Umbau des alten Kriegsministeriums) / T.64 (Konkurrenzentw. Schulhaus Bregenz) / T.65 (Projekt einer prostestant. Kirche) / T.80 (Konkurrenzentw. Museum Innsbruck)
16.1910, T.1f (Konkurrenzentw. Gemäldegalerie Reichenberg) / T.12 (Konkurrenzentw. Handels- u. Gewerbekammer Brünn) / S.39, T.37 (Kirche in Bodenbach)

Deutsche Bauzeitung
42.1908, S.562ff (Konkurrenzentw. Museum Innsbruck)

Monatsschrift der Wiener Bauhütte
1.1907, S.198 (Tirolerisches Gewerbemuseum, Innsbruck)
6.1912, S.17 (Konkurrenzentw. Budweiser Sparkassa) / S.121 (Konkurrenzentw. evang. Kaiser Franz Joseph-Jubiläumskirche Am Tabor)

Wiener Bauindustriezeitung
27.1910, S.337ff (Konkurrenzentw. Handelskammer Troppau)
28.1911, S.40ff, T.11 (Konkurrenzentw. Künstlerhaus Brünn) / S.292, T.67 (Entwurf Landhaus) / S.353ff, T.84f (Konkurrenzentw. Theater in Aussig) / S.393, T.92 (diverse Landhausentwürfe)
30.1913, S.274f, T.61 (Konkurrenzentw. evangel. Kirche Am Tabor)
37.1920, S.33ff, T.17f ( Sparkassa in Budweis) / S.37ff, T.19f (Künstlerhaus Brünn)

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/1; Achl. III/2
Dehio Wien/2 (II.-IX.u.XX.Bez.); Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)
R.Teichl: Österreicher der Gegenwart. Wien 1951
S. Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19.Jh. Nendeln 1977

LEXIKA:
Vollmer, Weihsmann 2005

INTERNETLINKS:
www.wien.spoe.at; www.c-budejovice.cz
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Anmerkungen
Bei Weihsmann (2005) insbesondere bezüglich der Bankbauten Rieds falsche Zeit- und Ortsangaben.
Eingegeben von: Petra Schumann/Ursula Prokop
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 08.10.2008
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