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Matthäus Bohdal jun.

Persönliche Daten
Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
Mitgliedschaften
Vita
Stellenwert
Werke
Primärquellen
Sekundärquellen
Anmerkungen
Persönliche Daten
* 24.07.1863 - † 26.10.1937
Geschlecht: m
Geburtsort: Wien
damaliger Name: Hütteldorf bei Wien
Land: Österreich
damaliger Name: Kaisertum Österreich
Sterbeort: Wien
Land: Österreich
Religionsbekenntnis: Röm. - Kath.
Berufsbezeichnung: Stadtbaumeister und Architekt
Familiäres Umfeld: Vater: Matthäus B. sen., Bauleiter, Maurermeister (1828-1890)
Mutter: Marie, geb. Faseth
Ehe (1899) mit Leopoldine, geb. Stelzer (1880-1970)
Kinder: Anton Matthäus (*1900), Ing., Baumeister; Bruno (1902-1996), Ing., Bautechniker; Walter (*1904), Chemiker
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Ausbildung, Studienreisen, internationale Aufenthalte
1878-1983Besuch d. Ersten Österr. Baugewerbeschule Wien 9, Schwarzspanierstr. 3 (lt. G.Weissenbacher)
1896Maurermeisterprüfung
1900Baumeisterprüfung
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Beruflicher Werdegang, Lehrtätigkeit
ab 1886Hauptpolier, dann Bauzeichner und Bauleiter bei Wilhelm Klingenberg
ab 1890Übernahme des väterl. Baumeisterbetriebs
1900Baumeisterkonzession
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Mitgliedschaften
ab 1896Genossenschaft der Bau- und Steinmetzmeister
ab 1904Verein der Baumeister in NÖ
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Vita
Matthäus Bohdal wurde 1863 in Hütteldorf bei Wien (heute Wien 14) als Sohn des Baumeisters Matthäus Bohdal sen. geboren. Der Vater hatte bereits im Jahr 1859 eine Baumeisterfirma gegründet und es lag daher für den Sohn nahe, gleichfalls den Baumeisterberuf zu ergreifen. Nach dem Besuch der „Ersten Österr. Baugewerbeschule“ im 9. Wiener Gemeindebezirk war Bohdal zunächst wahrscheinlich im väterlichem Betrieb tätig, ab 1886 war er bei Architekt Wilhelm Klingenberg als Hauptpolier und in der Folge als Bauzeichner und Bauleiter beschäftigt.

Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1890 übernahm Bohdal faktisch dessen gutgehende Firma. Da er jedoch erst im Jahr 1896 die Maurermeisterprüfung ablegte und daher für die offizielle Leitung der Firma keine Berechtigung hatte, führte seine Mutter zusammen mit Wilhelm Klingenberg das Unternehmen vorerst formal als Witwenbetrieb weiter. Im Jahr 1900 legte Bohdal die Baumeisterprüfung ab und erhielt im gleichen Jahr die Baumeisterkonzession. Mit großem Geschick baute er die Firma zu einem florierenden Betrieb aus, in dem zeitweise bis zu 300 Mitarbeiter beschäftigt waren.

Ein wichtiges Arbeitsgebiet Bohdals war der Schulbau (laut G. Weissenbacher soll er 15 Schulbauten errichtet haben). Bohdal führte diese Bauaufgaben teilweise nach den Entwürfen anderer Architekten bzw. des Stadtbauamts aus, teilweise zeichnete er auch für die Planung verantwortlich.

Auch im Bereich des Wohnhaus- und Villenbaus sowie im Industriebau war Bohdal viel beschäftigt, wobei er wiederum nur zum Teil als entwerfender Architekt auftrat. Wie in allen anderen Fällen, wo Bauunternehmer auch als planende Architekten tätig waren, ist allerdings nicht bei sämtlichen Bauwerken mit Sicherheit der Autor feststellbar, zumal es damals durchaus üblich war, nur den Baumeister die Einreichpläne unterzeichnen zu lassen.

Nach einem arbeitsreichen Leben starb Matthäus Bohdal jun. im 74.Lebensjahr an Gehirnschlag und wurde am Friedhof Ober-St.Veit begraben. Seine Frau Leopoldine führte mit dem erstgeborenen Sohn Anton, der ebenfalls den Baumeisterberuf ergriffen hatte, den Betrieb noch über einen nicht näher bekannten Zeitraum weiter.
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Stellenwert
Mätthäus Bohal jun. machte sich vor allem als Erbauer von Schulgebäuden einen Namen. Als die Vororte im Zuge der großen Stadterweiterung Wiens ab 1892 eingemeindet wurden, ergab sich die Notwendigkeit, neben neuen Wohngebäuden auch eine Reihe von Kommunalbauten zu errichten. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählte zweifellos die Errichtung von Schulbauten, da die neu entstandenen Bezirke insbesondere von kinderreichen Arbeiterfamilien besiedelt wurden.

Bohdal gestaltete die Schulhäuser zumeist in schlichten Neo-Renaissance-Formen, verstand es aber, jedem Gebäude eine individuelle Note zu verleihen. Die dreistöckige, auch im Grundriss aufgelockerte Schule in Wien 13, Steinlechnergasse 5-7 (1908) etwa erhielt einen geschwungenen Giebel und in den Fensterparapeten Reliefs mit Märchenszenen, alternierend mit Porträtmedaillons vor blauem Hintergrund. Das asymmetrisch angelegte Eingangsportal ist flankiert von Freiplastiken, die Kindergruppen darstellen.

Bei dem monumentalen, dreistöckigen Baublock der Schule in Wien 12, Johann Hoffmannplatz 19-20 (1910) wiederum wird die Strenge durch ein Staffeldach mit hohem Mansardgiebel sowie durch ein farbig unterlegtes Fries mit Kinderdarstellungen zurückgenommen. Drei von Säulen flankierte Portale sind mit reicher Bauplastik, wie Frauenmasken, Wappen haltende Knaben und Füllhörner besonders hervorgehoben. Hohe, dicht gereihte Fenster sorgen für eine gute Belichtung der Klassenzimmer.

Ein bemerkenswertes Beispiel für die damals allgemein vollzogene Abkehr vom „Schulkaserentypus“, die vor allem durch die Annäherung an Formen des Heimatstils erreicht wurde, verkörpert die Schule in Wien 14, Hochsatzengasse 22-24 (1913-1914). Der durch Vor- und Rücksprünge sowie verschiedene Dachformationen malerisch aufgelockerte, breit gelagerte dreistöckige Baukörper, bei dem ein Uhrturm sowie ein mächtiger, über zwei Stockwerke geschwungener Giebel an einem der Vorsprünge besonders ins Auge stechen, erweckt insgesamt die Assoziationen an einen Schlossbau. Die Einfriedungsmauer mit polygonalen, vergitterten Öffnungen und ein polygonales Pförtnerhäuschen ergänzen das pittoreske Bild.

Im Wohnbau verstand es Bohdal, sich des damals gängigen Formenrepertoirs souverän zu bedienen, um variationsreiche, aber durchwegs repräsentative Ergebnisse zu erzielen. Die viergeschossige Mietvilla, Wien 12, Schlöglgasse 29 (1901) erhielt beispielsweise durch die Konzeption in Formen der Neorenaisance und einen markant ausgeprägten Rundturm als Ecklösung ein äußerst elegantes Erscheinungsbild. Eine mit ungewöhnlichen geometrischen Details geformte Dachhaube, in die der Rundturm mündet, zeugt von Bohdals selbständiger Gestaltungskraft. Beim dreigeschossigen Miethaus Wien 16, Rankgasse 34 (1913) hinwiederum bediente sich Bohdal mit markanten Gesimsbänderungen des späthistoristischen Fassadenaufbaus, allerdings griff er mit der Verwendung von Blumenkorbdekor in den Fensterparapeten gleichzeitig Formen der Wiener Werkstätten auf.

Die breit gelagerten, vierstöckigen Bedienstetenwohnhäuser der städtischen Straßenbahnen in Wien 16, Montleartstraße 56-60 (1913) weisen hingegen sehr schlichte Fassaden auf, die nur durch abgesetzte Putzfelder, einen kleinen Erker sowie sparsam eingesetzten Dekor in der Art der Wiener Werkstätte akzentuiert werden. Bemerkenswert ist, dass sich in der Grunddisposition dieser Gebäudegruppe, den Grundrisskonzeptionen sowie der Gruppierung um Höfe bereits Kriterien der späteren Gemeindebaukonzepte finden.

Insgesamt erweist sich Matthäus Bohdal als äußerst vielseitiger Architekt, der jedem Gebäude durch punktuell gesetzte Details eine gewisse Singularität zu verleihen vermochte. Insbesondere im Schulbau gelang es ihm, durch eine Auflockerung der Gebäudeblöcke und durch eine bilderreiche, assoziative Bauplastik einen neuen, kindgerechten Schultypus mitzuprägen.

Mit seinen großen formalen Qualitäten, seiner Sensibilität für ausgewogene Proportionalität und den durchwegs soliden Bauausführungen reiht er sich in die Riege jener Baumeister, die im Bauboom der Jahrhundertwende auch ohne akademische Ausbildung beachtliche baukünstlerische Leistungen erbringen konnten.
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Werke

WOHN-/GESCHÄFTSBAUTEN:
1892Haus Pisseger, Wien 14, Mauerbachstraße 4
1892Villa Angermayer, Wien 14, Bujattigasse (Nr. unbek.)
1893Villa, Purkersdorf bei Wien, Schöffelgasse 6, NÖ
1896Wohnhaus, Wien 14, Auhofstraße 243
1896Haus Pfann, Wien 14, Hadersdorf, Hauptstraße / Badgasse
1897Haus Nigst, Wien 14, Hadersdorf (Nr. unbek.)
1900-1901Wohnhaus, Wien 14, Hauptstraße 45
1901Mietvilla, Wien 12, Schlöglgasse 29
1903-1904Wohnhaus, Wien 14, Hüttelbergstraße 9 (1928 Aufstockung von Anton Valentin)
1907Villa, Wien 14, Stinglgasse 11
1908Wohnhaus, Wien 14, Lorenz Weißgasse 3 (Entw. Rudolf Erdös)
1911Miethaus, Wien 14, Linzer Straße 415
1911Miethaus, Wien 14, Linzer Straße 470
1913Miethaus, Wien 16, Rankgasse 34
1913Bedienstetenwohnhäuser d. städt. Straßenbahnen, Wien 16, Montleartstraße 56-60
1913Jagdhaus Siegersdorf, Stmk.
1919-1920Renovierung Schloss Neulengbach, NÖ
1929-1930Beamtenwohnhaus, Wien 14, Gruschapl. (Nr. unbek.)

ÖFFENTLICHE BAUTEN:
1893Casino Hadersdorf bei Wien, NÖ (genauere Adresse nicht bekannt)
1897-1898Volksschule der Stadt Wien, Wien 14, Hauptstraße 70 (nur Ausf.?)
1904-1905Schule der Stadt Wien, Wien 12, Rothenburgstraße 1 (nur Ausf.?)
1904-1905Erweiterungsbau Schule Ober-St.Veit, Wien 13, Hietzinger Hauptstraße 168 (nur Ausf.?)
1905-1906Kindertagesheim der Stadt Wien, Wien 12, Haebergasse 1
1906Pfarrkirche Preßbaum (Arch. M. Hegele)
1906-1907Schule der Stadt Wien, Wien 11, Pachmayergasse 6
1908Schule, Wien 13, Steinlechnergasse 5-7 (nur Ausf.?)
1908Festpavillon anlässl. Grundsteinlegung des Kaiser-Jubiläumsspitals Lainz (nicht erhalten)
1910Schule der Stadt Wien, Wien 12, Johann Hoffmannplatz 19-20
1910-1911Bundes- und Bundesrealgymnasium, Wien 15, Diefenbachgasse 15-19
1911-1912Schule der Stadt Wien, Wien 14, Märzstraße 178-180
1913-1914Hauptschule der Stadt Wien, Wien 14, Hochsatzengasse 22-24
1936Hackinger Steg (mit Stahlbetongehwegplatten), Wien 13

INDUSTRIE-/GEWERBEBAUTEN:
1896Wirtschaftsgebäude der Wildprethandlung Leeb, Weidlingau, NÖ, Hauptstraße 81 (1973 abgerissen)
1921-1929Erweiterungsbauten für die Baumwollmanufaktur Vereinigte Färberei AG Seidl, Wien 14, Hackingerstraße 46-50 / Deutschordensstraße 1-3
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Primärquellen

NACHLÄSSE UND ARCHIVE:
Matrikenarchive der Pfarren Hütteldorf Wien 14 und Ober-St.Veit Wien 13; WStLA (Totenbeschaubefund, Todesfallaufnahme, Verlassenschaftsabhandlung, Ehepakt); MA 43 (Gräberdatenbank, Grabprotokoll Friedhof Ober St.Veit); Grabinschrift
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Sekundärquellen

LITERATUR:
G. Weissenbacher: In Hietzing gebaut. 2 Bde. Wien 1999-2000

NACHSCHLAGEWERKE:
Achl. III/2
Dehio Wien/3 (X.-XIX.u.XXI.-XXIII.Bez.)

LEXIKA:
Weihsmann 05
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Anmerkungen
Eingegeben von: Inge Scheidl
Eingegeben am: 29.01.2008
Zuletzt geändert: 15.09.2008
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